Veröffentlicht am 29.09.2009

Bleiberecht statt Duldung!

Neuer Bundestag muss dringend Nachbesserungen beim Bleiberecht für geduldete Flüchtlinge beschließen


Bereits zum 31.12.2009 läuft die im August 2007 verabschiedete gesetzliche Altfallregelung für langjährig geduldete und asylsuchende Flüchtlinge aus. Bis Ende August 2009 haben bundesweit 38.397 Personen eine Aufenthaltserlaubnis nach der Altfallregelung erhalten. 30.929 von ihnen erhielten das Bleiberecht nur „auf Probe“, weil sie noch keine für den Lebensunterhalt ausreichende Arbeitsstelle nachweisen konnten. (BT-Drucksache 16/14009)

In Berlin haben bis zum 30.06.09 1.430 Flüchtlinge eine Aufenthaltserlaubnis nach der Altfallregelung erhalten. Nur 27 von ihnen haben es bisher geschafft, den Lebensunterhalt aus Erwerbstätigkeit zu sichern.

Der großen Mehrheit der bleibeberechtigten Flüchtlinge droht zum 1.1.2010 der Verlust der Aufenthaltserlaubnis und der Rückfall in den Status der „Duldung“, weil absehbar ist, dass sie es nicht schaffen werden, bis zu diesem Tag ihren Lebensunterhalt durch Arbeit zu sichern.

Vor diesem Hintergrund fand gestern Abend in der Heilig-Kreuz-Kirche eine Podiumsdiskussion mit Vertreter/innen von Wohlfahrtsverbänden, Flüchtlingsinitiativen und Politik statt, an der auch Innensenator Ehrhart Körting teilnahm.

Von Seiten des Flüchtlingsrates wurde die Umsetzung der Altfallregelung auf Berliner Ebene kritisiert. Diese betraf u.a. die von der Berliner Ausländerbehörde vorgenommene Verkürzung der Antragsfrist auf den 31.07.08, die es im Gegensatz zur Auffassung des Bundesinnenministeriums und der Mehrzahl der anderen Bundesländer ausschließt, dass sich Flüchtlinge noch bis zum 31.12.09 Anträge nach der Altfallregelung stellen können.

Der Flüchtlingsrat unterstützt zudem die Forderung von Kirchen, Diakonie und Caritas nach einer verbesserten gesetzlichen Regelung, die auch alten, kranken und erwerbsunfähigen Menschen einen Zugang zum Bleiberecht ermöglicht. Eine bloße Verlängerung der Frist zur Arbeitssuche reicht daher nicht aus. (s. auch: www.aktion-bleiberecht.de )

Der Flüchtlingsrat Berlin fordert außerdem:

  • Die Aufhebung der Stichtagsregelung und ein Bleiberecht nach einer Mindestaufenthaltsdauer.
  • Das Absehen vom Nachweis der Lebensunterhaltssicherung, wenn die Betroffenen sich vergeblich um Arbeit bemüht haben. Auch die Arbeitsagentur und die Jobcenter sind in der Pflicht, die Betroffenen in Ausbildung, Arbeit und Qualifizierungsmaßnahmen zur vermitteln. Über negative Konsequenzen beim Bleiberecht nachzudenken wäre allenfalls dann legitim, wenn es wegen Verstößen gegen die Mitwirkungspflichten bei der Arbeitsuche bereits zu nachhaltigen Kürzungen des Arbeitslosengeldes II gekommen ist. „Schuld“ an der Arbeitslosigkeit ist jedoch im Regelfall nicht das Verhalten der Betroffenen, sondern deren Ausschluss von einer beruflichen Qualifizierung durch langjährige Arbeitsverbote, fehlende Arbeits- und Fortbildungsangebote seitens der Jobcenter sowie die aktuelle wirtschaftliche Lage.
  • Verzicht auf restriktive Ausschlussgründe. So muss das verfassungsrechtlich problematische Prinzip der ausländerrechtlichen „Sippenhaft“ abgeschafft werden, das im Fall des Ausschlusses eines Familienmitgliedes vom Bleiberecht z.B. wegen Straftaten die Abschiebung der gesamten Familie vorsieht.

Innensenator Körting sprach sich gestern erneut dafür aus, dass auch der Nachweis von Arbeitssuchbemühungen für die Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis reichen sollte. Er äußerte Verständnis für die Kritik an der Stichtagsregelung, da man nicht „alle zwei Jahre“ über eine neue Regelung nachdenken könne.

Der neu gewählte Bundestag muss aus Sicht des Flüchtlingsrates – entsprechend den vor der Wahl gemachten Zusagen von Innenpolitikern auch aus CDU und FDP – noch vor dem 1.1.2009 eine entsprechende Gesetzesänderung auf den Weg bringen, um zu verhindern, dass Zehntausende Flüchtlinge wieder in die „Kettenduldung“ zurückfallen. Zudem sollte sich auch die Konferenz der Innenminister Anfang Dezember 2009 im Bremen für verbessertes Bleiberecht aussprechen. Hierbei hofft der Flüchtlingsrat auf entsprechende Initiativen des Landes Berlin und des Innensenators

Berlin, 29. September 2009





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