Veröffentlicht am 10.05.2002

Flüchtlingsrat Berlin fordert Abschiebestopp für tschetschenische Flüchtlinge

In Berlin sind gegenwärtig ca. 25 tschetschenische Familien akut von der Abschiebung nach Russland bedroht. Nach dem dem Flüchtlingsrat vorliegenden Informationen befinden sich 6 Flüchtlinge in Abschiebungshaft, unter ihnen einige im Hungerstreik


Der Flüchtlingsrat Berlin hatte in Schreiben an den an den Innensenator, Herrn Dr. Ehrhart Körting, und an die Fraktionen im Berliner Abgeordnetenhaus einen Abschiebestopp für die Flüchtlinge aus Tschetschenien und die sofortige Freilassung aller sich in Abschiebungshaft befindlichen Flüchtlinge gefordert.
Aus Sicht des Flüchtlingsrates ist nicht gewährleistet, dass aus Berlin abgeschobene Flüchtlinge unbehelligt nach Russland zurückkehren und nicht Opfer von gravierenden Menschenrechtsverletzungen (z. B. Folter) werden können.

Er stützt sich dabei auf Berichte von amnesty international. Amnesty hatte u. a. in einem Schreiben vom 30.04. 2002 an den Ausschuss für Menschenrechte im Deutschen Bundestag die Menschenrechtssituation in Tschetschenien als verheerend bezeichnet. Bekanntlich sah sich die Zentrale von amnesty international in London bereits Mitte Februar diesen Jahres veranlaßt, eine erste urgent action für 20 von Abschiebung bedrohte Flüchtlinge zu starten, deren Asylverfahren mehrheitlich in Niedersachsen durchgeführt wurden.

Der Flüchtlingsrat Berlin kommt zu der Schlussfolgerung, dass die Verfolgung der aus Tschetschenien geflüchteten Menschen innerhalb der Russischen Föderation als Gruppenverfolgung im landesweiten Maßstab zu bewerten ist. An dieser Stelle sei auf die in Russland zunehmende Gewalt gegenüber Ausländern (vor allem kaukasischer Herkunft) hingewiesen, die allein in schon Moskau mehrere Todesopfer gefordert hat.

Ungeachtet der Interventionen von amnesty international und des Flüchtlingsrates Berlin wurde am 25.04. 2002 ein tschetschenischer Flüchtling nach Moskau abgeschoben, obwohl sich in seinem Fall auch der UNHCR, der Menschenrechtsbeauftragte des Auswärtigen Amtes, Gerd Poppe und die Ausländerbeauftragte des Bundes, Frau Marieluise Beck, eingesetzt hatten.
Eine für den 07. Mai 2002 vorgesehene Abschiebung eines weitereren Flüchtling (Rustam A.) wurde vor dem Hintergrund einer von amnesty international am 03. 05. 2002 gestarteten urgent action vorläufig ausgesetzt. Protestfaxe gegen die drohende Abschiebung gingen in Folge dessen bei der Senatsverwaltung für Inneres (u.a. aus Kanada und den USA) ein.

Am 13. Mai 2002 (Montag) wird sich der Innenausschuss des Abgeordnetenhauses erneut mit der Lage der tschetschenischen Flüchtlingen befassen. Er wurde zuvor ausdrücklich von amnesty international über die Situation in Tschetschenien und die mögliche Gefährdung für tschetschenische Flüchtlinge innerhalb der Russischen Föderation informiert.

Der Flüchtlingsrat Berlin ruft zur Unterstützung der urgent action von amnesty international auf. Er fordert zugleich den Innenausschuss des Abgeordnetenhauses auf, sich angesichts der vorliegenden Erkenntnisse für den Erlass eines Abschiebestopps durch den Innensenator einzusetzen.
Das Land Berlin sollte außerdem auf der Innenministerkonferenz Anfang Juni 2002 entsprechend initiativ werden.

Jens-Uwe Thomas
Flüchtlingsrat Berlin

 

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