Veröffentlicht am 18.04.2007

Katastrophale Bilanz beim Bleiberecht – nach 5 Monaten erst 172 Aufenthaltserlaubnisse

Pressemitteilung vom 18.04.2007
Ausländerbehörde verkürzt Frist fürs Bleiberecht – Anträge nur bis 18.05.07 möglich


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praktische Infos für Antragsteller nach der Bleiberechtsregelung finden Sie hier
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Fünf Monate nach dem Innenministerbeschluss vom 17.11.2006 zum Bleiberecht für langjährig geduldete Flüchtlinge liegt bei der Berliner Ausländerbehörde die Mehrzahl der gestellten Anträge auf Halde. Der Flüchtlingsrat erhielt am 11.04.07 Kenntnis von einer Statistik, wonach in Berlin bisher 2336 Flüchtlinge das Bleiberecht beantragt haben. Erst 172 Anträge auf Aufenthaltserlaubnis wurden bisher genehmigt, bereits 306 Anträge abgelehnt.*)

Dabei hatten alle Beteiligten ganz andere Größenordnungen erwartet. Die Berliner Zeitung vom 21.11.06 zitierte den Innensenator wie folgt:

„Innerhalb von zwei Wochen können Flüchtlinge, die eine Arbeit nachweisen, damit rechnen, ein Daueraufenthaltsrecht zu erhalten. Das hat Innensenator Ehrhart Körting (SPD) gestern angekündigt.Von den offiziell rund 8 800 Flüchtlingen in Berlin profitieren laut Körting bis zu 2 500 Flüchtlinge, etwa ein Viertel, vom Bleiberecht, auf das sich die Innenminister geeinigt hatten.“

Die Ausländerbehörde scheint ihre Aufgabe jedoch vor allem darin zu sehen, eine schnelle und großzügige Umsetzung der Bleiberechtsregelung zu verhindern.

Mit einer klammheimlichen Weisungsänderung hat die Ausländerbehörde jetzt die Antragsfrist für das Bleiberecht nachträglich verkürzt. Nur noch bis zum 18.05.07 kann jetzt das Bleiberecht beantragt werden. Nur wer bis zu diesem Tag einen Antrag auf Aufenthaltserlaubnis gestellt hat, kann noch bis zum 01.10.07 das Arbeitsangebot nachreichen.

Die Ausländerbehörde hatte ursprünglich mit Weisung vom 19.12.06 zur Umsetzung des IMK-Beschlusses festgelegt, dass für die Aufenthaltserlaubnis ein Antrag noch bis zum 01.10.07 gestellt werden kann, wenn dem Antrag ein Arbeitsangebot beigefügt ist.

Der Innensenator hält die Verkürzung der Frist für unproblematisch, weil im Hinblick auf das erwartete Inkrafttreten des – vom Bundestag erst noch zu beschließenden – gesetzlichen Bleiberechts in Berlin ein Abschiebestopp gilt. Wer das Bleiberecht erst nach dem 18.05.07 beantragt, wird deshalb zwar nicht abgeschoben, muss aber vorerst weiter von Sozialleistungen leben, da er nur eine Duldung erhält, mit der die Arbeitsaufnahme bis auf weiteres faktisch ausgeschlossen ist.

Die Erteilung einer Aufenthalts- und Arbeitserlaubnis ist voraussichtlich erst wieder möglich, wenn das gesetzliche Bleiberecht in Kraft tritt. Ob das allerdings im Juli, im Oktober, oder noch später der Fall sein wird, ist offen.

Die Verkürzung der Frist kostet Geld und verhindert die Integration der Flüchtlinge. Wir fordern den Innensenator auf, die nachträgliche Verkürzung der Antragsfrist zurückzunehmen, und dafür zu sorgen, dass die Bleiberechtsregelung in Berlin auch im Übrigen großzügig umgesetzt wird.**)

Der Flüchtlingsrat Berlin informiert auch im Internet mit ständig aktualisierten Hinweisen und Merkblättern über das Bleiberecht.

Flüchtlingsrat Berlin
18.04.2007


*) Nach einer im Mai 2007 bekannt gewordenen Statistik des Bundesinnenministeriums wurden in Berlin bis zum 31.03.07 bei 3.108 gestellten Anträgen sogar nur 142 Aufenthaltserlaubnisse erteilt.

**) weitere Beispiele dafür, warum die Umsetzung des Bleiberechts durch die Berliner Ausländerbehörde bisher nicht funktioniert:

* Zu den konkreten Voraussetzungen für das Bleiberecht haben Ausländerbehörde oder Innenverwaltung weder Merkblätter veröffentlicht, noch – wie andere Ausländerbehörden – die Betroffenen gezielt angeschrieben und auf diese Weise über ihre Rechte informiert.

* Flüchtlinge erhalten die Aufforderung, die für das Bleiberecht nötigen Unterlagen nachzureichen. Die Schreiben werden auch verschickt, wenn längst alles vorliegt. Alleinstehende werden aufgefordert, Nachweise über den Schulbesuch ihrer nicht vorhandenen Kinder vorzulegen. Welche Unterlagen im konkreten Fall ggf. tatsächlich noch fehlen, lässt sich den Schreiben der Ausländerbehörde nicht entnehmen.

* Anträge auf Aufenthaltserlaubnis, denen ein verbindliches Arbeitsangebot beigefügt ist, bleiben über Monate ungeprüft liegen. Viele Arbeitgeber können so lange nicht warten und ziehen ihr Angebot zurück.

* Flüchtlinge, die das Bleiberecht beantragen und ein Arbeitsangebot vorlegen, erhalten von der Behörde einen Stapel vom Arbeitgeber auszufüllender Formulare für die Arbeitsmarktprüfung. Unter Hinweis auf den Vorrang Deutscher wird dann nach mehreren Wochen die Arbeitserlaubnis abgelehnt. Der Antrag auf das Bleiberecht bleibt unbeantwortet. Dabei gilt für Flüchtlinge, die unter das Bleiberecht fallen, die Arbeitsmarktprüfung gar nicht.

* Asylbewerber, die die Voraussetzungen nach der Bleiberechtsregelung erfüllen, erhalten Ablehnungsbescheide wegen „fehlender Ausreisepflicht“. Die Weisung der Ausländerbehörde zum Bleiberecht sieht jedoch vor, dass Asylbewerber eine schriftliche Zusicherung erhalten, dass eine Aufenthaltserlaubnis erteilt wird, wenn sie im Gegenzug ihre Asylklage zurücknehmen.





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