Veröffentlicht am 24.05.2007

Wiedereinreise nach Abschiebung – Flüchtlingsrat begrüßt Entscheidung des Innensenators

Humanitäre Lösung für arabischsprachige Kurden aus der Türkei und dem Libanon dringend erforderlich


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Der Flüchtlingsrat begrüßt die am 21.05.07 bekannt gewordene Entscheidung von Innensenator Körting zur Wiedereinreise von Nasima El-Zein.

Die 22 jährige Nasima wurde nach 14jährigem Aufenthalt am 01.03.07 von ihrer Mutter und ihren Geschwistern getrennt und in die Türkei abgeschoben. Gegen ihre Abschiebung hatte der Flüchtlingsrat Berlin protestiert und die Rückkehr gefordert.

Mit seiner Entscheidung hat Körting ein aus Sicht des Flüchtlingsrates rechtswidriges Vorgehen der Ausländerbehörde korrigiert.

Nach einem Vergleich vor dem Verwaltungsgericht Berlin in der gleichgelagerten Angelegenheit ihres ebenfalls volljährigen Bruders hat die Ausländerbehörde die Ausweisung auch für Nasima aufgehoben. Das Gericht vertrat die Auffassung, dass die Ausweisung rechtswidrig war, weil von Kindern keine Denunziation ihrer Eltern bei der Ausländerbehörde wegen „Identitätstäuschung“ erwartet werden kann. Abgesehen davon sei offen, ob die Kinder von der durch die Ausländerbehörde ermittelten zweiten (türkischen) Identität überhaupt gewusst haben.

Eine angebliche „Identitätstäuschung“ führt bisher zum Ausschluss vom Bleiberecht für langjährige geduldete Flüchtlinge. Dessen Umsetzung ist äußerst unbefriedigend. Nach einer Statistik des Bundesinnenministeriums wurden in Berlin bis zum 31.03.07 bei 3.108 gestellten Anträgen lediglich 142 Aufenthaltserlaubnisse erteilt.

Nasima erfüllte aufgrund ihres langjährigen Aufenthaltes die Voraussetzungen der Bleiberechtsregelung. Daher hat sie – zumal die Ausweisung und der Vorwurf der Identitätstäuschung von der Ausländerbehörde zurückgenommen werden musste – auch unabhängig von der drohenden Zwangsheirat in der Türkei Anspruch auf ein Bleiberecht.

Der Fall von Nasima zeigt, dass über die „Ausschlussgründe“ beim Bleiberecht, die zu der hohen Ablehnungsquote von 75 % beitragen, neu nachgedacht werden muss.

Die arabischsprachigen Kurden, die ursprünglich aus den Grenzgebieten der Türkei zu Syrien stammen, lebten vielfach zeitweise oder auch auf Dauer im Libanon, bis sie vor dem Bürgerkrieg zunächst in die Türkei und weiter nach Deutschland flohen. Im Asylverfahren gab der Vater Nasimas daher seine libanesische Identität an.

Die türkischen Behörden führen jedoch über Jahrzehnte die Familienregister weiter und stellen auf Anfrage der Ausländerbehörden bereitwillig türkische Pässe für eine Abschiebung aus. Offenbar gönnen die türkischen Behörden den kurdischen Minderheiten keinen Aufenthalt als Flüchtlinge in Deutschland.

Die in diesem Zusammenhang von der Ausländerbehörde unterstellte „Identitätstäuschung“ ist daher häufig an sich bereits mehr als fragwürdig. Sie darf schon gar nicht Kindern zu Last gelegt werden, die in Berlin geboren oder aufgewachsen sind. Kinder können nicht für ihre Eltern haften. Aber auch für ihre Eltern und Familien sind nach jahrelangem Aufenthalt in Deutschland humanitäre Lösungen statt Desintegration und Aufenthaltsbeendung erforderlich.

Für die Gruppe der arabischsprachigen Kurden aus der Türkei und dem Libanon ist jetzt dringend eine humanitäre Lösung erforderlich – sei es über die Bleiberechtsregelung, sei es über die Härtefallkommission.

Flüchtlingsrat Berlin
24. Mai 2007





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