Veröffentlicht am 15.07.2003

Drohende Abschiebung in die DR Kongo

Presseerklärung vom 15.07.2003 und Dokumente zur aktuellen Lage im Kongo


Flüchtlingsrat Berlin fordert Senat auf, Abschiebungen auszusetzen

Die Berliner Ausländerbehörde beabsichtigt, nach erfolgter Zustimmung durch die Senatsverwaltung für Inneres, am Mittwoch, den 16. Juli 2003, die Abschiebung eines Flüchtlings in die DR Kongo durchzuführen. Raphael B. wurde Ende Mai 2003 auf der Ausländerbehörde verhaftet und in Abschiebungsgewahrsam genommen, nachdem er einer Aufforderung zur Vorsprache nachgekommen war. Sein Asylverfahren war zuvor negativ abgeschlossen worden. Raphael B. hatte vor 11 Jahren in der Bundesrepublik Zuflucht gesucht.

Der Flüchtlingsrat Berlin hatte sich im Juni 2003 mit einer Bitte um Erlass eines zeitweiligen Abschiebungsstopps an Innensenator Dr. Ehrhart Körting gewandt. Dieser sagte in einem Schreiben an den Flüchtlingsrat zu, jeden Einzelfall mit der gebotenen Sorgfalt zu prüfen und dabei den noch zu erwartenden neuen Lagebericht des Auswärtigen Amtes zu Rate zu ziehen. Den Hintergrund für das Anliegen des Flüchtlingsrates bildeten Berichte über anhaltende Menschenrechtsverletzungen in der DR Kongo. Für diese sind nicht nur die sich bekämpfenden Rebellengruppen sondern auch die Sicherheitskräfte der Regierung in Kinshasa verantwortlich. Zu dieser Feststellung kommt u.a. der aktuelle Menschenrechtsbericht des US-Außenministeriums. Nicht zuletzt wurde der Einsatz der EU-Friedenstruppen, an denen sich auch die Bundeswehr beteiligen wird, mit der katastrophalen humanitären und menschenrechtlichen Lage im Kongo begründet. Ungeachtet erster Friedensbemühungen wurde in Presseberichten und von Seiten oppositioneller Kräfte bezweifelt, ob eine innenpolitische Stabilisierung in absehbarer Zeit näher rückt. Ein dem Flüchtlingsrat vorliegender aktueller Reisebericht zur Lage in der Hauptstadt Kinshasa läßt begründete Zweifel an der persönlichen Sicherheit von abgeschobenen Flüchtlingen aufkommen.

Aus Sicht des Flüchtlingsrates sind Abschiebungen in ein Land unverantwortlich, deren Regierung nicht in der Lage ist, die innenpolitische Stabilisierung bzw. das Ende von anhaltenden bürgerkriegsähnlichen Auseinandersetzungen in eigener Verantwortung zu erreichen. Am Beispiel der DR Kongo wird leider wieder deutlich, dass die Entsendung von Friedenstruppen durch die (europäischen) Aufnahmeländer von Flüchtlingen mit der Abschiebung in deren Herkunftsländer bzw. in die Zielstaaten bewaffneter Operationen einhergeht. Im Interesse der Stabilisierung der innenpolitischen Verhältnisse sollten aber bis auf weiteres Abschiebungen in die DR Kongo ausgesetzt werden.

Der Flüchtlingsrat Berlin fordert daher den Berliner Senat auf, die Entscheidung zur Abschiebung von Raphael B. zurückzunehmen. Dabei sollte auch sein bereits langjähriger Aufenthalt berücksichtigt werden. Gemeinsam mit Wohlfahrtsverbünden, Kirchen, Migranten- und Flüchtlingsorganisationen setzt sich der Flüchtlingsrat seit geraumer Zeit für eine großzügige bundesweite Bleiberechtsregelung für Flüchtlinge mit langjährigem Aufenthalt ein und hat in diesem Zusammenhang auf Berliner Ebene gefordert, von Abschiebungen möglicher betroffener Personen abzusehen.

Für den Flüchtlingsrat Berlin stellt sich im Fall des Raphael B. die Frage der Verhältnismäßigkeit ausländerrechtlicher Mittel zur Durchsetzung der Ausreisepflicht im Vergleich zu den möglichen Beeinträchtigungen an Leib und Leben bei einer Rückkehr in die DR Kongo.

Er appelliert erneut an den Berliner Innensenator, einen Abschiebungstopp für Flüchtlinge aus der DR Kongo zu erlassen. Dieser Schritt sollte auf der Ebene der Bundesregierung entsprechend unterstützt werden.

Flüchtlingsrat Berlin, 15. Juli 2003





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