Veröffentlicht am 20.11.2007

Abschiebung eines 16jährigen nach Belgrad

Abschiebung eines 16jährigen nach Belgrad
Grober Verstoß gegen die UN-Kinderrechtskonvention


Am 09. November 2007 wurde der 16jährige Senad T. morgens, kurz bevor er zur Schule gehen wollte, von Polizeibeamten festgenommen und am Abend allein nach Belgrad abgeschoben. Senad ist Kosovo-Albaner und kam mit seiner Familie 1991 als Kleinkind im Alter von 8 Monaten aus dem Kosovo nach Berlin. Er ist hier aufgewachsen und mehr Berliner als Kosovo-Albaner.

Am 20. November 1989 wurde die UN-Kinderrechtskonvention unterzeichnet. Die Vertragstaaten verpflichteten sich mit der Unterzeichnung, dem Wohl des Kindes unbedingten Vorrang einzuräumen. Der Bundesregierung hatte bei der Ratifizierung des Vertragswerks 1992 den bis heute gültigen Vorbehalt eingelegt, der ausländerrechtlichen Regelungen den Vorrang einräumt. Dazu gehört die ausländerrechtliche Handlungsfähigkeit von Minderjährigen ab einem Alter von 16 Jahren. Sie könnten demnach in Abschiebehaft genommen und auch abgeschoben werden. Aus Sicht des Flüchtlingsrates ist der Vorbehalt rechtswidrig und verstößt gegen das Diskriminierungsverbot. Dessen ungeachtet und unter Ignorierung mehrerer Beschlüsse des Bundestages, hat die Bundesregierung den genannten Vorbehalt bisher nicht aufgegeben.

Mit der Abschiebung von Senad hat die Berliner Ausländerbehörde in grober Weise gegen das Kindeswohl verstoßen. Senad wurde durch die Abschiebung von seiner kranken Mutter und seinem älteren Bruder getrennt. Die Ausländerbehörde machte den weiteren Aufenthalt von Senad von der freiwilligen Ausreise der Mutter abhängig. Diese ist aber aufgrund eines kürzlich beendeten Krankenhausaufenthaltes derzeit nicht reisefähig. Die Abschiebung verstieß somit auch gegen den im Grundgesetz besonders verankerten Schutz der Familie.

Die Behörde hätte im Fall der Abschiebung zumindest die Aufnahmebedingungen im Zielstaat prüfen müssen. Das ist offenbar nicht geschehen, sonst wäre nicht die Abschiebung nach Serbien (Belgrad) erfolgt, in ein Land, zu dem Senad keinerlei Bezugspunkte besitzt.

Unabhängig von der nur eingeschränkten Anwendung der UN-Kinderrechtskonvention haben die Berliner Ausländerbehörde und die Senatsverwaltung für Inneres und Sport den Vorrang des Kinderwohls zu beachten. Dafür gibt es entsprechende politische Rahmenbedingungen, da in der Koalitionsvereinbarung von SPD und Linkspartei sich ausdrücklich für die Aufgabe des Vorbehalts gegenüber der UN-Kinderrechtskonvention ausgesprochen wird.

Der Flüchtlingsrat Berlin fordert daher den Berliner Innensenator zu einer umfassenden Aufklärung des Vorfalls auf. Es sollte künftig sichergestellt werden, dass das Kindeswohl in allen Behörden als oberste Handlungsmaxime behandelt wird.

Senad sollte ein Rückkehrrecht eingeräumt werden, damit er z.B. seinen Schulabschluss machen kann.

Flüchtlingsrat Berlin, 20.11.2007





Nach oben scrollen