Veröffentlicht am 14.06.2012

BVerfG verhandelt über das Asylbewerberleistungsgesetz

Gemeinsame Pressemitteilung von PRO ASYL, Landesflüchtlingsräte und Campact

Vorankündigung an die Vertreter/innen der Medien:

Das Bundesverfassungsgericht verhandelt am 20. Juni 2012 über die Vorlagen des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen zur Frage, ob die sogenannten „Grundleistungen nach § 3 Asylbewerberleistungsgesetz“ verfassungsgemäß sind.


Schätzungsweise 80.000 Menschen müssen in Deutschland mit „Grundleistungen“ in Höhe von lediglich 60 % der Hartz-IV-Regelsätze auskommen – sie erhalten Leistungen nach Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG). Diese werden häufig in Form entmündigender Lebensmittelpakete oder von Gutscheinen ausgegeben.

Mit dem Asylbewerberleistungsgesetz wurde 1993 ein Sondergesetz geschaffen, das deutlich abgesenkte Leistungen festsetzte und vorrangig Sachleistungen und die Einweisung in Sammellager vorsah. Das Asylbewerberleistungsgesetz war Teil des sog. Asylkompromisses und wurde als Instrument der Abschreckung eingeführt.

Der Anwendungsbereich des Asylbewerberleistungsgesetzes wurde im Laufe der Jahre immer mehr ausgeweitet. Dieses Gesetz findet heute auf Menschen sehr unterschiedlicher Lebenslagen Anwendung. Leistungsberechtigte nach dem Asylbewerberleistungsgesetz sind Asylsuchende, dauerhaft bleibeberechtigte Flüchtlinge im Besitz einer humanitären Aufenthaltserlaubnis, geduldete und vollziehbar ausreisepflichtige Ausländer sowie die Kinder dieser Menschen.

Dass das AsylbLG verfassungswidrig sein könnte, hat die Bundesregierung bereits am 10. November 2010 in der Antwort auf eine Große Anfrage eingestanden. Allerdings blieb die zuständige Ministerin von der Leyen bis heute untätig. Seit 1993 wurde die Höhe der Grundleistungen nach Asylbewerberleistungsgesetz kein einziges Mal an die Preisentwicklung angepasst. Die Leittragenden sind die Betroffenen.

Nun wird das Bundesverfassungsgericht entscheiden, ob das AsylbLG mit dem Grundgesetz vereinbar ist. Die mündliche Verhandlung findet statt am 20. Juni 2012 ab 10 Uhr [Amtssitz „Waldstadt“, Rintheimer Querallee 11, 76131 Karlsruhe].

PRO ASYL, die Flüchtlingsräte und Campact werden vor dem Gebäude des Bundesverfassungsgerichts mit einer kreativen Aktion bebildern, was es für Flüchtlinge bedeutet, vom AsylbLG betroffen zu sein.

Kontakt:
PRO ASYL, Pressestelle, Tel.: 069 / 23 06 95, presse@proasyl.de, Postfach 160624 60069 Frankfurt a.M., www.proasyl.de
Flüchtlingsrat Berlin e.V., Georg Classen, Tel.: 030 / 24344 57 62
Campact, Dr. Günter Metzges, metzges@campact.de, Tel.: 0172 / 2426478

Hintergrundinformationen:
Georg Classen, Flüchtlingsrat Berlin: „Das AsylbLG und das Grundrecht auf ein menschenwürdiges Existenzminimum“, Februar 2011

Aufsatz von Marei Pelzer (PRO ASYL) und Matthias Lehnert (GGUA): „Diskriminierendes Sondergesetz: Warum das Asylbewerberleistungsgesetz verfassungswidrig ist“, aus: Kritische Justiz 2010, S. 452-459

Weitere Informationen des Flüchtlingsrats Berlin zum Asylbewerberleistungsgesetz hier





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