Kundgebung um fünf vor zwölf: Abschiebungen in die Eiseskälte stoppen!

Pressemitteilung vom 27.12.2012

Fünf vor zwölf: Abschiebungen in die Eiseskälte stoppen!
Kundgebung am 28. Dezember 2012 um 11.55 Uhr vor der Senatsverwaltung für Inneres und Sport, Klosterstraße 47, Berlin


Kurz vor Weihnachten hat die Berliner Ausländerbehörde Flüchtlinge aus Serbien abgeschoben. Unter ihnen waren Familien mit kleinen Kindern, Jugendliche, die in Berlin aufgewachsen sind und Erwachsene mit schweren Erkrankungen.(1) Schleswig-Holstein, Thüringen, Rheinland-Pfalz und Bremen haben ihre Ausländerbehörden angewiesen, besonders schutzbedürftige Flüchtlinge während des gesamten Winters nicht abzuschieben.(2) Die Berliner Innenverwaltung hingegen setzt Abschiebungen nur über die Feiertage aus, ab Anfang Januar sollen wieder Menschen zwangsweise in den Balkan „rückgeführt“ werden.

Auch die Eltern des 19-jährigen Luka könnten dann abgeschoben werden. Luka ist in Berlin geboren und hier zur Schule gegangen. Als er acht Jahre alt war, musste er mit seinen Eltern nach Serbien ausreisen. Seit zwei Jahren ist er wieder hier, denn als Angehöriger der Roma-Minderheit hatte er in Serbien keinen Zugang zu Schulbildung, seine Familie lebte unter existenziell schwierigen Bedingungen. Mittlerweile ist die Familie völlig entwurzelt: Weil sie in Berlin keine Aufenthaltserlaubnis bekamen, sind Lukas Eltern nach Schweden weiter geflohen. Kürzlich wurden sie von Schweden nach Berlin zurückgeschoben, jetzt droht ihnen die Abschiebung nach Serbien. Für Luka ist noch ein Antrag bei der Härtefallkommission anhängig, nur deshalb darf er vorläufig bleiben.

Die meisten in Deutschland lebenden Flüchtlinge aus den Staaten des ehemaligen Jugoslawiens sind wie Lukas Familie Angehörige der Roma-Minderheit, die vor existenzieller Armut, Diskriminierung, und Verelendung geflohen sind. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge hat ihre Asylanträge im Schnellverfahren und mit Textbausteinen fast durchweg abgelehnt – nun sind viele akut von Abschiebung bedroht.

Weil in den Wintermonaten die Situation von Minderheitenangehörigen in den westlichen Balkanstaaten besonders schwierig ist, haben bisher vier Bundesländer einen Winter-Abschiebestopp für diese Gruppe erlassen. Dadurch sollen „humanitäre Härten“ vermieden werden.

Der Flüchtlingsrat Berlin fordert die Innenverwaltung auf, sich dem Vorbild aus Schleswig-Holstein, Rheinland-Pfalz, Bremen und Thüringen anzuschließen und Roma-Angehörige während des Winters nicht abzuschieben. Gemeinsam mit Parteien der Opposition im Abgeordnetenhaus ruft er deshalb am 28. Dezember 2012 zur Kundgebung „Fünf vor zwölf: Abschiebungen in die Eisekälte stoppen“ vor der Berliner Innenverwaltung auf.

Darüber hinaus setzt sich der Flüchtlingsrat ein für eine dauerhafte humanitäre Bleiberechtsregelung für alle Roma-Angehörige aus dem Balkan. Deutschland hat eine historische Verantwortung gegenüber den Sinti und Roma, die während der Nazizeit systematisch verfolgt und ermordet wurden.(3)

Pressekontakt:
Walid Chahrour, Flüchtlingsrat Berlin, Tel: 030-6664 07 20
RAin Berenice Böhlo, Flüchtlingsrat Berlin, Tel: 030-6298 77 20

Gerne vermitteln wir auch den Kontakt zu von Abschiebung Betroffenen.

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(1) Vgl. Pressemitteilung Flüchtlingsrat Berlin vom 12.12.2012
(2) Vgl. Winterabschiebestopp Thüringen vom 12.12.12, Schleswig-Holstein vom 14.12.12, Rheinland-Pfalz vom 18.12.12 sowie Bremen vom 19.12.12
(3) Informationen zum historischen Hintergrund: Denkmal für die im Nationalsozialismus ermordeten Sinti und Roma Europas





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