Veröffentlicht am 14.08.2013

Keine Aufnahme für Schutz suchende Familienangehörige von Syrern in Berlin?

Presseinformation vom 13. August 2013


Ergänzende Infos:
02.09.2013: CDU-Innenminister unterstützen jetzt doch Aufnahme von Kriegsflüchtlingen durch Familienangehörige 
15.06.2013: Überblick zu den verschiedenen Regelungen zur Aufnahme syrischer Kriegsflüchtlinge

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Flüchtlingsrat fordert landeseigenes Aufnahmeprogramm

Ende Juni 2013 hat der Deutsche Bundestag beschlossen, dass die Bundesländer zusätzlich zum Aufnahmekontingent des Bundes(1)  eigene Programme zur Einreise und Aufnahme von Familienangehörigen hier lebender Syrer schaffen können. Der Berliner Senat lehnt dies – anders als z.B. Brandenburg, Hamburg und Bremen – jedoch ab. Berlin hält die Aufnahme Schutz suchender syrischer Familienangehöriger derzeit für „verfrüht“, wie aus einer Anfrage der Bundestagsabgeordneten Ulla Jelpke hervorgeht.(2)

„Der bewaffnete Konflikt in Syrien dauert bereits über zwei Jahre an. Über hunderttausend Menschen sind nach UN-Angaben ums Leben gekommen, Millionen Menschen sind in die Nachbarländer geflüchtet und leben dort unter katastrophalen Bedingungen. Wer ein Aufnahmeprogramm für Schutz suchende Familienangehörige aus Syrien als „verfrüht“ bezeichnet, leidet entweder an Realitätsverlust oder brutaler Kaltherzigkeit“, sagt Martina Mauer vom Flüchtlingsrat Berlin.

Während des Bosnienkrieges war in Berlin die Visumserteilung zur Aufnahme Familienangehöriger unbürokratisch möglich, Tausende konnten so gerettet werden. Familienangehörigen hier lebender Syrer verweigert die Berliner Ausländerbehörde jedoch konsequent Einreisevisa – selbst dann, wenn die Angehörigen für den Unterhalt garantieren können.

Jeden Tag erreichen das Büro des Flüchtlingsrates zahlreiche Hilferufe in Berlin lebender Syrer, die verzweifelt versuchen, ihre Angehörigen aus Syrien oder prekären Situationen in Erstzufluchtsländern wie der Türkei, Libanon, Jordanien und Ägypten nach Deutschland zu holen. Nur sehr wenige haben eine reale Chance über das auf 5.000 Flüchtlinge kontingentierte Programm der Bundesregierung Aufnahme in Deutschland zu finden. Den meisten bleibt daher nur der lebensgefährliche Weg einer irregulären Einreise z.B. über das Mittelmeer.(3)

Fraktionsübergreifend hatte der Deutsche Bundestag am 28. Juni 2013 beschlossen, dass „die Bundesregierung den Bundesländern, die dies aufgrund der hohen Anzahl von dort lebenden syrischen Staatsangehörigen wünschen, das erforderliche Einvernehmen nach § 23 Abs. 1 AufenthG“ erteilt, „damit diese Länder in Ergänzung zur Aufnahmeanordnung des Bundes gegebenenfalls eigene Aufnahmeanordnungen für Familienangehörige von Syrern erlassen können.“ (BT-Drs. 17/14136, Punkt 5)

Der Flüchtlingsrat hat bereits Anfang Juli Innensenator Frank Henkel in einem Brief aufgefordert, von dieser Möglichkeit großzügig Gebrauch zu machen und rasch ein landeseigenes Aufnahmeprogramm für Familienangehörige hier lebender Syrer auf den Weg zu bringen. Dabei müssen humanitäre Kriterien im Vordergrund stehen und nicht die Lebensunterhaltssicherung durch die in Deutschland lebenden Angehörigen.

Pressekontakt: Flüchtlingsrat Berlin, Tel. 030/24344-5762

(1) Das Aufnahmeprogramm des Bundes ist auf 5.000 syrische Flüchtlinge (vornehmlich aus dem Libanon) beschränkt. 250 davon werden Berlin zugeteilt.
(2) Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage von Ulla Jelpke (MdB) vom 07.08.2013
(3) Am 8. August machte in München ein aus Syrien geflüchteter Mann auf seine ausweglose Situation aufmerksam. Er stieg auf einen Baukran und drohte herunter zu springen, sollte er seine Frau und Kinder nicht zu sich holen dürfen, heißt es in einer Pressemitteilung des Bayerischen Flüchtlingsrats.





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