Gesetzgebung Asyl- und Migrationsrecht 2013

Ausländerrechtliche Gesetzgebung 2013

1. Gesetz zur Verbesserung der Rechte von international Schutzberechtigten und ausländischen Arbeitnehmern – in Kraft ab 2.12.2013, Ausnahmen s.u.
2. Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie 2011/95/EU – Flüchtlingsschutz – in Kraft teils ab 6.9.2013, teils ab 1.12.2013
3. Gesetz zur Änderung des Aufenthaltsgesetzes – stichtagsunabhängiges Bleiberecht § 25b AufenthG neu – vorerst abgelehnt
4. Beschäftigungsverordnung neu – in Kraft seit 1.7.2013
5. verfassungskonforme Neuregelung Familienleistungen – offen
6. verfassungskonforme Neuregelung Asylbewerberleistungsgesetz – offen
7. Änderung FreizügG/EU – in Kraft seit 29.1.2013
8. Gesetz zur Anpassung von Rechtsvorschriften infolge des Beitritts Kroatiens zur EU – in Kraft seit 1.7.2013
9. Gesetz zum Schutz der Opfer von Menschenhandel – offen

Hinweis: Weitere Dokumentationen der Gesetzgebung zum Ausländer-, Asyl und Flüchtlingssozialrecht finden Sie hier:
Gesetzgebung 2020/21
Gesetzgebung Herbst 2017 bis Ende 2019 

Gesetzgebung bis Herbst 2017
Gesetzgebung 2014 bis August 2015
Gesetzgebung 2013

 

1. Gesetz zur Verbesserung der Rechte von international Schutzberechtigten und ausländischen Arbeitnehmern

Umsetzung der
1. Richtlinie 2011/51/EU v. 11.5.2011 zur Anwendung der Daueraufhältigen-Richtlinie 2003/109/EG auch auf Flüchtlinge, und der
2. Richtlinie 2011/98/EU v. 13.12.2011 über Aufenthalt und soziale Rechte für Arbeitnehmer aus Drittstaaten

Die Daueraufhältigen-RL regelt Rechtsstellung und Freizügigkeit langfristig aufenthaltsberechtigter Drittstaatsangehöriger innerhalb der EU-Staaten.
Den nach fünf Jahren möglichen Status Daueraufenthalt-EU (§§ 9a – c AufenthG, vgl. auch § 38a AufenthG) können künftig auch Flüchtlinge mit Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 1 oder 2 beanspruchen, für die Frist zählt auch die Dauer des Asylverfahrens.

Die Arbeitnehmer-RL regelt Aufenthaltsrecht und Gleichbehandlung von Nicht-EU-Arbeitnehmern. U.a. sollen sie anders als bisher Alters-, Invaliditäts- und Hinterbliebenenrentenansprüche in gleicher Höhe und unter den gleichen Bedingungen wie Deutsche in ihre Heimat bzw. einen Drittstaat mitnehmen können.

Außerdem
uA geplant:
* Neuregelung Lebensunterhaltssicherung § 2 Abs. 3 AufenthG
* für alle Ausländer mit familiärer Aufenthaltserlaubnis unbeschränkter Zugang zu Erwerbstätigkeit jeder Art (§ 27 Abs. 5 AufenthG neu)
* ohne schriftliche Deutschkenntnisse B1 nur noch befristete Aufenthaltsverlängerung für Ehepartner Deutscher (§ 28 AufenthG)

Entwurf BMI, Stand 9.1.2013
Entwurf Bundesregierung, BR-Drs 97/13 v. 8.2.2013, neu zB § 32 AufenthG
Stellungnahme Bundesrat, BR-Drs 97/13 (B) v. 22.3.2013 (mit BR-Ausschuss-Drs.)
Öff. Anhörung im Bundestagsinnenausschuss am 22. April 2013, Stellungnahmen der Sachverständigen,
dazu: PE PRO ASYL 22.4.2013: Wichtige Themen bleiben außen vor

Entwurf Bundesregierung BT Drs 17/13022 v. 10.04.2013, dazu Änderungen durch den Innenausschuss BT-Drs 17/13536 v. 15.05.2013

Stellungnahmen

PRO ASYL 18.1.2013
Verband Binationaler 19.1.2013
UNHCR Januar 2013
DRK Januar 2013
Caritas 21.1.2013
dpw 22.1.2013
Diakonie 29.1.2013


Anmerkungen Flüchtlingsrat Berlin zum Bleiberecht

Im Gesetzentwurf fehlt das Bleiberecht, vgl. dazu Gesetzentwurf des Bundesrates vom 22.03.2013 zu § 25b AufenthG. Seit August 2007 (§ 104a AufenthG) wurden die Stichtage für das Bleiberecht nicht mehr aktualisiert. Forderungen: Stichtage streichen, Wartefristen deutlich verkürzen, bezüglich der Verhinderung einer Abschiebung kann allenfalls das gegenwärtige Verhalten zählen, alte und kranke Menschen sind einzubeziehen.

Anmerkungen Flüchtlingsrat Berlin zur Lebensunterhaltssicherung

Bei § 2 III AufenthG (Definition Lebensunterhaltssicherung) müssten zu den unschädlichen Leistungen auch zählen: Wohngeld, Unterhaltsvorschuss, Mehr- und Sonderbedarfe nach SGB II/XII/AsylbLG wg. Schwangerschaft, Alleinerziehung, Krankheit und/oder Behinderung, sowie die nicht dem Lebensunterhalt zuzurechnenden Leistungen nach dem 6. bis 9. Kapitel SGB XII.

Zweck des
Wohngeldes ist es, Wohnraum breiten Bevölkerungschichten zugänglich zu machen (§ 1 WoGG) und sozialen Ghettos entgegenzuwirken. Damit unvereinbar sind die negativen ausländerrechtlichen Folgen. Vgl. Wohngeldbericht 2010 der Bundesregierung:

S 26 Wohngeld wird geleistet, damit einkommensschwächere Haushalte oberhalb der Grundsicherung die Wohnkosten für angemessenen und familiengerechten Wohnraum tragen können. Das Wohngeld ist daher ein unverzichtbarer und integraler Bestandteil einer grundsätzlich marktwirtschaftlich ausgerichteten Wohnungs- und Mietenpolitik. Das Wohngeld soll die Mietzahlungsfähigkeit der wohngeldberechtigten Haushalte gewährleisten. Dadurch sind die begünstigten Haushalte nicht nur auf ein ganz besonders mietgünstiges und deshalb enges Marktsegment im Wohnungsbestand beschränkt. Dies unterstützt die Erhaltung und Schaffung stabiler Bewohnerstrukturen in den Wohnquartieren und vermeidet eine wohnungspolitisch unerwünschte Spaltung des Wohnungsmarktes. Das Wohngeld ist sozialpolitisch sehr treffsicher und marktkonform, da es nach dem individuellen Bedarf der Haushalte und den regional unterschiedlichen Miethöhen differenziert. Es lässt zum einen den Haushalten bezüglich der Wohnung die volle Wahlfreiheit, setzt aber andererseits sozialpolitisch erwünschte Verhaltensanreize. …

Wenn ein Vater keinen Unterhalt zahlt, was kann die nur deshalb auf Unterhaltsvorschuss angewiesene Mutter dafür? Dürfen Väter per Verletzung ihrer Unterhaltspflicht das Aufenthaltsrecht von Mutter und Kind negativ beeinflussen?

Ansprüche auf Regelbedarfszuschläge wg Schwangerschaft, Krankheit, Behinderung und Alleinerziehung dürfen wie das im Gesetzentwurf nur genannte Bildungs- und Teilhabe-Paket nicht zu ausländerrechtlichen Nachteilen führen. Soll Frau keine Niederlassungserlaubnis erhalten, weil sie krank oder schwanger ist? Auch Sozialhilfe nach 6. bis 9. Kapitel SGB XII ist nicht dem Lebensunterhalt zuzurechnen. Klarstellungen in § 2 Abs. 3 und § 55 Abs. 2 Nr. 6 AufenthG sind nötig!

Beschlossen vom Bundestag mit den Änderungen lt BT-Drs 17/13536 am 16.5.13, Zustimmung Bundesrat am 7.6.13.

Das Gesetz tritt am 2.12.2013 in Kraft.
Ausnahmen: Art. 1 Nr. 2 (Änderung des § 2 AufenthG) am Tag der Verkündung im Bundesgesetzblatt in Kraft,
Art. 3 und 4 (Auslandrenten – SGB VI) treten am ersten Tag des auf die Verkündung im Bundesgesetzblatt
folgenden Kalendermonats in Kraft.

Die Änderungen im Wortlaut (BGBl v. 5.9.2013)

 

2. Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie 2011/95/EU – Flüchtlingsschutz

Umsetzung der Neufassung der Richtlinie zum Flüchtlingsschutz – Richtlinie 2011/95/EU v. 13.12.2011

Die „Qualifikationsrichtlinie“ regelt die Voraussetzungen für die Anerkennung von Flüchtlingen (zB Verfolgungsgründe) und die Zuerkennung internationalen (subsidären) Schutzes. Sie enthält Maßgaben zum Aufenthaltsstatus der Flüchtlinge und ihrer Familienangehörigen und deren sozialen Rechten (Arbeit, Bildung, Wohnung, Sozialleistungen usw.).

Geplant sind umfangreiche Änderungen des AsylVfG und AufenthG. Vorgesehen ist die Gleichstellung nach „europäischem Schutz“ subsidär geschützter Flüchtlinge (§ 60 Abs. 2, Abs. 3 oder Abs. 7 S. 2 AufenthG, nicht bei „nationalem Schutz“ nach § 60 Abs 5 oder Abs. 7 S. 1 AufenthG) und ihrer Familienangehörigen mit Konventionsflüchtlingen. Sie erhalten eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 2 AufenthG, statt bisher nach § 25 Abs. 3 AufenthG, mit der daraus folgenden sozialrechtlichen Besserstellung.

Stellungnahmen
Diakonie 8.2.2013
DRK Februar 2013
AWO Februar 2013
DAV Februar 2013
amnesty Februar 2013
DJB v. 18.02.13 weist darauf hin, dass die in § 47 GGO vorgesehene Beteiligung der Verbände bei Gesetzesvorhaben ad absurdum geführt wird, wenn aufgrund unangemessen kurzer Fristen (hier: 1 Woche) qualifizierte Stellungnahmen nicht erstellt werden können und wohl auch nicht erwünscht sind.

Entwurf BMI, Stand 7.1.2013
Entwurf der Bundesregierung, BR-Drs 218/13 v. 22.3.2013
Stellungnahme Bundesrat v. 3.5.2013

Entwurf der Bundesregierung BT-Drs. 17/13063 v. 15.04.2013, dazu Änderungen durch den Innenausschuss BT Drs 17/13556 v. 15.05.2013.
Neu vorgesehen ist ein einstweiliger Rechtsschutz im Dublin-Verfahren, Anträge nach § 80 V VwGO sind binnen 7 Tagen zu stellen, § 34a AsylVfG. Und der – weiterhin nur nachrangige! – Arbeitsmarktzugang für Asylsuchende wird statt nach 12 nunmehr nach 9 Monaten möglich, § 61 AsylVfG.
Beschlossen vom Bundestag mit den Änderungen lt BT Drs 17/13556 am 7.6.13 (vgl. BR-Drs 218/13). Der Bundesrat hat am 5.7.13 den Gesetzentwurf bestätigt.

Das Gesetz tritt am 1.12.2013 in Kraft.
Ausnahmen:
Die Einführung des einstweiligen Rechtsschutzes bei Dublin II-VO-Fällen (verfassungskonforme Neufassung § 34a AsylVfG) und die Verkürzung des Arbeitverbots für Asylbewerber auf 9 Monate (Änderung § 61 AsylVfG) treten bereits am 6.9.2013 in Kraft (Tag nach Verkündung im Bundesgesetzblatt).

Die Änderungen im Wortlaut (BGBl v. 5.9.2013)

 

3. Gesetz zur Änderung des Aufenthaltsgesetzes stichtagsunabhängiges Bleiberecht § 25b AufenthG neu

Bundesratsinitiativen Hamburgs und weiterer Länder
(HH, SH, BW, NW, RP, HB, unterstützt ua von NI und ST) für eine dauerhafte stichtagsunabhängige Bleiberechtsregelung

Gesetzentwurf Bundesrat BR-Drs. 505/12(B) v. 22.3.2013, BT-Drs 17/13424 v. 08.05.2013 mit Stellungnahme der Bundesregierung (letzte Seite),
ablehnende Beschlussempfehlung des Innenausschusses BT-Drs 17/14157 v. 20.06.2013.

Gesetzentwurf SPD-Bundestragsfraktion 17/7933, ablehnende Beschlussempfehlung des Innenausschusses BT-Drs 17/13565 v. 16.05.2013.

Vorgesehen war in § 25 b AufenthG neu, ein stichtagsunabhängiges Bleiberecht für langjährig Geduldete, die
* sich als Familie mit mdj Kinder mindestens 6 Jahre hier aufhalten,
* sich ohne mdj Kinder mindestens 8 Jahre hier aufhalten,
* mindestens Deutschkenntnisse A2 besitzen und ihren Lebensunterhalt durch Arbeit sichern oder dieses absehbar in Zukunft tun werden, diese Voraussetzungen gelten nicht wenn sie wegen Alter, Krankheit, Behinderung nicht erfüllt werden können,
* ihre Identität offenbaren und einen Pass vorgelegen bzw sich nachweisbar vergeblich um einen Pass bemühen, und
* straffrei sind, Strafen unter 50/90 Tagessätzen sind unschädlich.

Anders als bei der Altfallregelung 2007 (§ 104a AufenthG – die Einreise muss vor dem 1.7.1999/1.7.2001 erfolgt sein) sollte das Bleiberecht nicht von einem bestimmten Einreisestichtag abhängig sein, sondern die Mindestaufenthaltsdauer zum Zeitpunkt der Aufenthaltserteilung erfüllt sein. Damit wäre die Regelung anders als § 104a „nachhaltig“ und auch künftig wirksam. Anders als bei § 104a solte die Regelung Alte, Kranke und Behinderte nicht mehr ausschließen, da kein zahlungskäftiger Sponsor mehr gefordert ist.

Zudem soll die Mindestaufenthaltsdauer für das Bleiberecht für gut integrierte Jugendliche nach § 25a AufenthG von sechs auf vier Jahre verkürzt werden. Der Antrag kann wie bisher mit 14 – 20 Jahren gestellt werden, die Einreise muss spätestens mit 16 Jahren erfolgt sein (bisher mit 13 Jahren).

Stellungnahme Deutscher Anwaltverein DAV vom Mai 2013

Abgelehnt vom Deutschen Bundestag am 27.06.2013!

Die politische Debatte über das Bleiberecht wird nach der Wahl im September 2013 im Rahmen der Koalitionsverhandlungen und im neu zusammengesetzten 18. Deutschen Bundestag erneut zu führen sein.

4. Beschäftigungsverordnung neu

Geplante Zusammenlegung BeschV und BeschVerfV, geplante Erleichterungen des Arbeitsmarktzugangs für Nichtdeutsche.
Geplant ist ua für alle Ausländer mit humanitärer Aufenthaltserlaubnis (§§ 22 bis 25 AufenthG) ein unbeschränkter Zugang zu Beschäftigungen jeder Art.

Das BMAS hat hierzu lediglich Arbeitgeberverbände um Stellungnahmen nach § 47 GGO gebeten, jedoch weder Juristenverbände noch Wohlfahrtsverbände, Kirchen oder Flüchtlingsorganisationen.

PE BMAS 27.02.13
Stellungnahme BAGFW v. 4.4.2013
Stellungnahme Nds./S-H. v. 18.4.2013: Arbeitsverbot für Geduldete ganz streichen,
Stellungnahme Bundesrat-AS-Ausschuss v. 22.4.2013: Verkürzung Wartefrist auf 6 Monate, Gleichstellung Asylbewerber mit Geduldeten, kein Arbeitsverbot wg selbst verhinderter Abschiebung für Jugendl. + Heranwachsende.

Entwurf Bundesregierung, BR Drs 182/13 v. 01.03.2013

Änderungen des Entwurfs der Bundesregierung durch den Bundesrat v. 3.5.2013:
Überraschend hält der BR doch am dauerhaften Arbeitsverbot nach § 33 BeschV neu (bisher § 11 BeschVerfV) auch für jugendliche Geduldete fest. Vorgenommen wird nur die Gleichstellung Asylsuchender mit Geduldeten (Ausbildungszugang nach 12 Monaten, Arbeitsmarktzugang nach 48 Monaten). Und wie vorgesehen der unbeschränkte Zugang zu Beschäftigungen jeder Art für alle Ausländer mit humanitärer Aufenthaltserlaubnis (§§ 22 bis 25 AufenthG) in § 31 BeschV neu.

Inkrafttreten der Neuregelung am 1. Juli 2013 mit den Änderungen durch den Bundesrat.

Wortlaut BeschV vom 6. Juni 2013, BGBl vom 13. Juni 2013
Anwendungshinweise und Arbeitshilfe des BMAS zur BeschV v. 19.06.2013.

5. verfassungskonforme Neuregelung Familienleistungen

Aufgrund des Urteils des BVerfG zum BEEG vom 10.07.2012 ist eine umgehende Neuregelung Kindergeld, Elterngeld und Unterhaltsvorschuss für Nichtdeutsche erforderlich.

Bislang (August 2013) liegt zur Aufhebung der verfassungswidrigen Regelungen noch kein Gesetzentwurf der Bundesregierung vor!

Die politische Debatte über die verfassungskonforme Neuregelung der Familienleistungen wird nach der Wahl im September 2013 im Rahmen der Koalitionsverhandlungen und im neu zusammengesetzten 18. Deutschen Bundestag erneut zu führen sein.

6. verfassungskonforme Neuregelung Asylbewerberleistungsgesetz

Aufgrund des Urteils des BVerfG zum AsylbLG vom 18.07.2012 ist eine umgehende Neuregelung der Existenzsicherung für Asylsuchende und Geduldete erforderlich.

Geplant ist laut Referentenentwurf BMAS vom Dezember eine Wartefrist nach § 2 AsylbLG von 24 Monaten Aufenthaltsdauer (bisher 48 Monate Leistungsbezug), eine Leistungshöhe nach § 3 AsylbLG analog SGB II/XII (minus ca 9 €/Monat wg im AsylbLG entfallender Zuzahlungen zu med. Leistungen), wobei zudem der Bedarf für „Hausrat“ gestrichen und nur auf gesonderten Antrag erbracht werden soll.

Problematisch sind neben der Einbeziehung von Ausländern mit Aufenthaltserlaubnis (§ 1 AsylbLG) und der zu hohen Dauer der Wartefrist nach § 2 AsylbLG vor allem das Sachleistungsprinzip für Regelbedarf und Unterkunft nach § 3 AsylbLG und die med. Versorgung nach § 4 AsylbLG.

Bislang (September 2013) liegt zur Aufhebung der verfassungswidrigen Regelungen noch kein Gesetzentwurf der Bundesregierung vor.

Die politische Debatte über die verfassungskonfomre Neuregelung des AsylbLG wird nach der Wahl im September 2013 im Rahmen der Koalitionsverhandlungen und im neu zusammengesetzten 18. Deutschen Bundestag erneut zu führen sein.

7. Änderung FreizügG/EU

BT-Drs. 17/10746, BGBl 28.1.2013: ua ersatzlose Abschaffung der „Freizügigkeitsbescheinigung“ für Unionsbürger.

Für freizügigkeitsberechtigte Unionsbürger wird keine „Freizügigkeitsbescheinigung“ nach § 5 FreizügG/EU mehr ausgestellt, sie entfällt ersatzlos. Unionsbürger erhalten nur noch – ebenso wie Deutsche – bei der Anmeldung eine Meldebescheinigung nach dem Melderecht. Eine Aufenthaltserlaubnis, Aufenthaltstitel o.ä. können sie in aller Regel nicht mehr erhalten. Nach fünf Jahren kann Unionsbürgern auf Antrag das „Daueraufenthaltsrecht“ bescheinigt werden. Zum legalen Aufenthalt ist jedoch keines der genannten Dokumente erforderlich.

Auch in der Vergangenheit hatte die Freizügigkeitsbescheinigung nur deklaratorische Wirkung, das heißt das Freizügigkeitsrecht bestand unabhängig davon, ob die Behörde (Bürgeramt oder Ausländerbehörde) eine solche Bescheinigung ausstellte oder nicht. Ob der Wegfall der Bescheinigung in der Praxis tatsächlich zur erwünschten Verwaltungsvereinfachung führt wird sich zeigen.

Für die Praxis bedeutet dies – vgl. § 2 Abs. 7 FreizügG und Gesetzesbegründung S. 9 – dass bei Unionsbürgern und ihren Familienangehörigen grundsätzlich vom Vorliegen eines Freizügigkeitsrechts auszugehen ist und ggf. das Nichtbestehen dieses Rechts erst von der prüfenden Behörde in einem förmlichen Verwaltungsverfahren festgestellt werden muss. Dabei darf eine solche Prüfung nur im besonders begründeten bei Zweifeln an dem Freizügigkeitsrecht erfolgen, die Beweislast trägt die Behörde.

Eingetragene gleichgeschlechtliche LebenspartnerInnen von EU-BürgerInnen werden den Ehegatten gleichgestellt, für gilt nicht mehr das AufenthG, sondern die günstigeren Regelungen des FreizügG/EU.

In Kraft seit 29.1.2013

8. Gesetz zur Anpassung von Rechtsvorschriften infolge des Beitritts Kroatiens zur EU

Entwurf Bundesregierung, BR-Drs 28/13 v. 18.1.2013,
ua Aufhebung Arbeitserlaubnispflicht Rumänien und Bulgarien ab 1.1.2014, Arbeitserlaubnispflicht für Kroaten ab 1.7.13 wie seit 1.1.2012 für Rumänen und Bulgaren, Anwendung §§ 12a – 12e ArGV auch auf Kroaten.

Kritisch dazu Bundesrats-Entschließung BR-Drs 204/13(B) v. 22.3.2013 sowie zuvor bereits Bundesrats-Drs 28/1/13 v 18.2.2013, die empfehlen für Kroaten sofort die volle Arbeitnehmerfreizügigkeit herzustellen. Die Erfahrungen mit der eingeschränkten Arbeitnehmerfreizügigkeit für Bulgarien und Rumänien hätten gezeigt, dass im Ergebnis die selbständige Tätigkeit befördert werde, oft in Unkenntnis der rechtlichen Konsequenzen. Dies könne ein Abgleiten in die Illegalität bedeuten, weil zB Kranken- und Rentenbeiträge nicht entrichtet werden..

Beschlossen vom Bundestag ohne Änderungen am 16.5.13, Zustimmung Bundesrat am 7.6.13, in Kraft seit 1.7.13 bzw 1.1.2014

9. Gesetzentwurf zum Opferschutz – Umsetzung EU-Menschenhandelsrichtlinie

Umsetzung RL 2011/36/EU v. 5.4.2011 zur Verhütung und Bekämpfung des Menschenhandels und zum Schutz seiner Opfer.
Zum vom BMJ bislang nicht berücksichtigten ausländerrechtlichen Umsetzungsbedarf siehe die Stellungnahme des MRI Punkt 3.

Referentenentwurf BMJ September 2012
Stellungnahme DJB Nov 2012
Stellungnahme MRI Nov. 2012
Antrag Land Niedersachsen Juni 2013 BR-Drs 528/13

Stand 23. September 2013
Zusammenstellung:
Flüchtlingsrat Berlin, Georgenkirchstr 69-70, 10249 Berlin
Tel ++49-30-243445762, FAX ++49-30-243445763
buero@fluechtlingsrat-berlin.de
www.fluechtlingsrat-berlin.de

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