23.04.2016: Den Auszug besonders Schutzbedürftiger aus Notunterkünften durchsetzen

Hinweise zum Vorgehen


NUK_Schutzbedarf_Auszug.pdf

Liebe MitstreiterInnen,

es kam die Frage auf, wie vorzugehen ist, wenn zB. aus gesundheitlichen und/oder psychischen Gründen (länger andauernde oder chronische Erkrankung), wegen Behinderung, Schwangerschaft, abweichender sexueller, religiöser oder politischer Orientierung, für alleinstehende/alleinerziehende Frauen, für Familien mit Kindern, unbegleitete Minderjährige usw. die Unterbringung in einer Notunterkunft im konkreten Einzelfall unzumutbar ist. Gefragt wurde auch wie ggf. vorzugehen ist, wenn eine passende Mietwohnung gefunden wurde.

Natürlich sollten Sie immer zuerst  die BetreuerInnen / SozialarbeiterInnen des Trägers vor Ort um entsprechende Unterstützung – hier bei der Verlegung in eine besser geeignete Unterkunft bzw. Wohnung – bitten!

Unabhängig davon gilt Folgendes:

1. Sehr wichtig ist ggf. eine adäquate fachärztliche medizinische Versorgung.

Hilfreich ist immer ein (ggf. auch einfachärztliches, kurzes…) Attest, dass auf die Krankheit und die entsprechenden individuellen Bedarfe (Facharzt, zur Diagnostik nötige Untersuchungen, Medikamente, Hilfsmittel, konkretisierter Wohnbedarf für andere Unterkunft – ggf. abgeschlossener Wohnraum, eigenes Zimmer, eigenes Bad, eigene Küche etc.) hinweist.

Hierbei können ggf. auch die Ärztinnen in den in einigen großen Unterkünften vorhandenen Medipunkten oder die Ärztinnen des Charite-Medipunktes auf dem LAGeSo Gelände in Haus M um Hilfe gebeten werden.

2. Zur Begründung des besonderen Wohnbedarfs können je nach Fallkonstellation auch Bescheinigungen der Sozialarbeiter/innen der Unterkunft, einer entsprechenden (Fach-)beratungsstelle, Kirchengemeinde, Interessen der Gruppe vertretenden Organisation usw.

Ergänzend nützlich ist ggf.  eine eigene Begründung, selbst formuliert und unterschrieben. Hinweisen sollte man stets darauf, dass die Behörden verpflichtet ist, gemäß „Asylaufnahmerichtlinie der EU“ die besonderen Bedarfe bei der Unterbringung und Versorgung von Angehörigen der oben genannten Gruppen wegen besonderer Schutzbedürftigkeit zwingend zu berücksichtigen.

3. Sollte (rechtswidrig!) noch immer kein Krankenschein vorliegen, diesen mit schriftlichem Antrag – hier ein Musterantrag:
Antrag_auf_Sozialhilfe.pdf
unter Hinweis auf die Erkrankung beim LAGeSo beantragen (Antrag abgeben, vorher Kopie des ausgefüllten Antrags machen).

Den Antrag zusätzlich auch faxen, da beim LAGeSOseit über einem Jahr eine Kundenbedienung (rechtswidrig…!) leider auch für Leistungen bei Krankheit nicht sichergestellt ist.
Kontaktdaten und Faxnummern LAGeSo siehe http://www.berlin.de/lageso/soziales/asyl/, http://www.berlin.de/lageso/soziales/asyl/ und https://www.berlin.de/lageso/_assets/ueber-uns/publikationen/organigramm.pdf

4. Mit demselben Antrag und als Nachweis beigefügter Kopie des Attests bzw. der o.g. Bescheinigungen, Begründung usw. beim LAGeSo die sofortige Verlegung in eine andere Unterkunft – separates Appartement für die ganze Familie mit eigenem Koch- und Sanitärbereich – beantragen.

Gegeben ist das zB in der Marienfelder Allee (IB-Wohnheim), im Eichborndamm (AWO-Mitte, Heim für besonders Schutzbedürftige), Degnerstr und Stallschreiberstr. (Prisod), Rennbahnstr (Gierso), Hellersdorf (PeWoBe), Müllerstr. (Paul Gerhard Stift), Kirchhainer Damm (EJF), GU für schwule, lesbische und transsexuelle Flüchtlinge in Köpenick (Schwulenberatung Berlin), GU für alleinstehende Frauen in Schöneberg (Nachbarschaftsheim Schöneberg).

Wegen evtl. Möglichkeiten Betreuten Wohnens für psychisch Kranke sollte das www.bzfo.de/ oder www.xenion.de um Rat gefragt werden.

In jedem Fall muss ganz konkret geschildert werden, weshalb genau die derzeitige Notunterkunft nicht zumutbar ist (zB Turnhalle, keine Trennwände, xxx Personen in einem Raum, keine Ruhe/Privatsphäre, zu wenige/unhygienische Sanitäranlagen, keine Möglichkeit zum Selbstkochen und Einhalten einer med. notwendigen Diät usw., persönliche Belästigungen/Diskriminierung/Gewalt) und auch nicht zu erwarten ist dass sich dort diesbezüglich etwas ändern wird.

5. Mit demselben Antrag und unter Hinweis auf die Erkrankung auch einen „Mietübernahmeschein für die Wohnungsuche“ beantragen
Antrag_auf_Sozialhilfe.pdf
hier Muster zur Info wie so ein Mietübernahmeschein aussehen kann:
Mietuebernahmeschein_Nov2014_anonym.pdf

6. Schließlich bei der Wohnberatungsstelle des EJF für Asylsuchende unter Hinweis auf die Erkrankung (Attest!) als Wohnungssuchende registrieren lassen:
http://www.ejf.de/fluechtlingshilfe/alle-einrichtungen/fluechtlingsberatung.html

7. Wenn bereits ein konkretes Wohnungsangebot für eine preislich angemessene Mietwohnung (auch zur Untermiete)
https://www.ejf.de/fileadmin/user_upload/pics-einrichtungen/fluechtlingsarbeit/Fluechtlingsberatung/Infoblatt_fuer_Vermieter_Stand_01.2016.pdf
vorliegt, dass Angebot – möglichst (zumindest teilweise) mit den hier genannten Informationen
https://www.ejf.de/fileadmin/user_upload/pics-einrichtungen/fluechtlingsarbeit/Vermieter-Information.pdf
als schriftlichen Antrag an das LAGeSo schicken:
Antrag_auf_Sozialhilfe.pdf

Zusätzlich kann das EJF um Unterstützung gegenüber dem LAGeSo gebeten werden.
Wichtig: In jedem Fall zusätzlich immer auch selbst einen schriftlichen Antrag direkt bei der Leistungsstelle des LAGeSo stellen!

8. Sollte das LAGeSo sich (hier und in anderen Fällen…) weiter weigern Leistungen die keinen Aufschub erlauben zu erbringen, zB Krankenscheine auszustellen, angemessene Mietkosten und Kaution zu übernehmen oder auch „nur“ das den Flüchtlingen gesetzlich zustehenden Barbetrag nach dem AsylbLG (Taschengeld, für Erwachsene etwa 120 bis 140 Euro, für Kinder etwa 80 Euro/Monat) auszuzahlen, oder eine aus gesundheitlichen Gründen unabweisbare Verlegung vorzunehmen,

dann ggf. zusätzlich einige Tage nach dem Antrag auch einen Eilantrag beim Sozialgericht machen
(kein Anwalt nötig, auch Gerichtskosten gibt es beim Sozialgericht keine),

zum Verfahren siehe hier
Versorgung Asylsuchender per Eilantrag beim Sozialgericht durchsetzen

und grundsätzlich erläutert hier
Antragstellung.pdf

9. Eine Übersicht über die Asylsuchenden gesetzlich zustehenden Leistungen, die Grundleistungen und das Taschengeld nach AsylbLG findet sich hier:
AsylbLG_kurz.pdf

Das Taschengeld zum persönlichen Bedarf nach dem RBEG für die Bedarfe nach Abt. 7 – 12 EVS zB. an Verkehr und Nachrichtenübermittlung (soziale Kontakte!), Kultur und Bildung kommt zur Anwendung, wenn die Sozialbehörde die Bedarfe an Unterkunft, Verpflegung, Hygienebedarf und Kleidung bereits durch Sachleistungen sicherstellt.

Andernfalls (Sammelunterkunft mit Kochmöglichkeit, Selbstversorgung) sind Regelsätze in Anlehnung an Hartz IV (gegenüber  Hartz IV um etwa 10 % gekürzte Beträge) auszuzahlen, siehe ebenfalls hier
AsylbLG_kurz.pdf

10. Ggf. kann auch eine Email an die Leitung der Behörde mit dem Antrag und einer Schilderung der konkreten Umstände (Zustände in der Notunterkunft; Nachweise zu gesundheitlicher Situation und Wohnbedarf) und in cc an den Flüchtlingsrat hilfreich sein.

Ein Organigramm bzw. Telefonverzeichnis, das Arbeitsbereiche und MitarbeiterInnen des Flüchtlingsbereichs detailliert auflistet, konnten wir vom LAGeSo bisher nicht erhalten. Dafür hier aber alle Kontakte direkt zur Leitung, an die man sich auch direkt wenden kann:

Kontakte LAGeSo sh Organigramm:
www.berlin.de/lageso/_assets/ueber-uns/publikationen/organigramm.pdf

und immer gern in cc an den Flüchtlingsrat:
buero@fluechtlingsrat-berlin.de,

Wichtig sind immer ein aussagekräftiger Betreff (zB „Bitte um Verlegung schwerkranker Frau mit 3 Kindern aus der NUK Flugzeughangarstr. in GU mit eig. Küche und Bad“, oder „Antrag Kostenübernahme Mietwohnung für schwerkranke Frau mit 3 Kindern aus NUK Turnhallenstr.“), eine präzise Schilderung des Sachverhaltes, Angaben zur Person (Name, Geburtsdatum, Land, ggf. LAGeSo-Aktenzeichen, bisherige Aufenthaltsdauer in Berlin) und ggf. Anlagen (zB Aufenthaltsdokument, Leistungsbescheid, Atteste, Mietangebot usw).

Beste Grüße

Flüchtlingsrat Berlin

Georgenkirchstr 69-70, 10249 Berlin
Tel ++49-30-243445762, FAX ++49-30-243445763
buero@fluechtlungsrat-berlin.de
www.fluechtlingsrat-berlin.de

• Gesetze, Durchführungsvorschriften, Arbeitshilfen und Rechtsprechung zum Sozial- und Ausländerrecht
www.fluechtlingsrat-berlin.de > Recht und Rat





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