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Ausländerbehörde lässt EU-Bürger nach 2 Wochen Haft frei

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Pressemitteilung vom 01. November 2005


[Berlin] Vom 18. bis zum 31. Oktober saß in Berlin ein freizügigkeitsberechtigter französischer Staatsangehöriger in Abschiebehaft. Der Betroffene saß davor seit April 2005 wegen Diebstahls im Gefängnis. Die Ausländerbehörde hat ihn nach der Strafhaft sofort in Abschiebehaft genommen, da sie ihn als „gefährlichen Straftäter“ einstufte – der Betroffene wurde in der Vergangenheit zu 5 Freiheitsstrafen und einer Geldstrafe wegen Diebstählen und Hehlerei verurteilt. Der Umstand, dass Unionsbürger grundsätzlich nicht abgeschoben werden dürfen, fand bei der Behörde keine Beachtung. Besonders absurd wurde der Fall dadurch, dass der Betroffene nach Frankreich ausreisen möchte, dies aber durch die Abschiebehaft unmöglich gemacht wurde, die schließlich allein dazu dienen darf, einen ausreiseunwilligen Betroffenen festzuhalten.

Am vergangenen Freitag, den 28.10.05 stellte das Verwaltungsgericht Berlin (download Beschluss VG Berlin, pdf 400 KB) klar, dass der Betroffene auf keinen Fall abgeschoben werden darf, da er als Unionsbürger freizügigkeitsberechtigt ist. „Es erscheint peinlich für das Land Berlin, dass eine solche Selbstverständlichkeit, die selbst juristischen Laien bekannt sein dürfte, gerichtlich festgestellt werden muss“, sagt Rechtsanwalt Volker Gerloff, der den Betroffenen vertritt.

Zuständiges Gericht für die Entlassung des Inhaftierten war jedoch das Landgericht Berlin. Trotz eines Antrages auf Eilrechtsschutz blieb das Landgericht jedoch untätig und so saß der verdutzte Betroffene zwei Wochen in Haft, ohne dass es dafür eine Rechtsgrundlage gab. In Abschiebehaftsachen ist es leider tägliche Praxis, dass effektiver Rechtsschutz nicht gewährt wird. In der Regel sind Ausländer betroffen, die ihre Interessen mangels Lobby nicht durchsetzen können. Diesmal hat es jedoch einen EU-Bürger getroffen und das Gericht hat in Verkennung der Tragweite des Falles seine übliche Praxis angewandt. Gegen diese Verwehrung effektiven Rechtsschutzes und die Inhaftierung an sich wird derzeit die Durchführung eines Vertragsverletzungsverfahrens auf europäischer Ebene geprüft, in dem sich das Land Berlin für seine katastrophale Abschiebehaftpraxis rechtfertigen müsste. Ob dies jedoch eine generelle Verbesserung der Rechte von Abschiebehäftlingen bringen wird, darf bezweifelt werden – hier ist noch viel zu tun.

Gegen die zuständigen Sachbearbeiter der Ausländerbehörde und den zuständigen Richter des Amtsgerichtes wird Strafanzeige wegen Freiheitsberaubung gestellt werden. Zudem wird der Betroffene erhebliche Haftentschädigungsansprüche geltend machen.

Der Flüchtlingsrat Berlin fordert angesichts dieses besonders drastischen Falls eine grundsätzliche Sensibilisierung der Gerichte und der Ausländerbehörde für geltendes Recht. Es könne nicht sein, dass sich die Ausländerbehörde einen „rechtsfreien Raum“ schafft und gegen diese Praxis kaum effektiver Rechtsschutz möglich ist.

Für Nachfragen wenden Sie sich bitte an:
Flüchtlingsrat-Berlin
Rechtsanwalt Volker Gerloff, Tel.: 030 – 694 26 22, Fax: 030 – 694 26 90

Hintergrundinformationen
siehe auch Pressemitteilung vom 21. Oktober 2005





Ausländerbehörde inhaftiert französischen Staatsbürger

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Presseerklärung vom 21. Oktober 2005


[Berlin] In Berlin wurde ein französischer Staatsbürger in Abschiebungshaft genommen. Die Abschiebungshaft ist ein Instrument, um die Abschiebung von Ausländern in Staaten außerhalb der EU zu sichern. Insofern verwundert die Inhaftierung eines EU-Bürgers, denn wohin soll er abgeschoben werden? Die Absurdität des Falles geht soweit, dass dem Betroffenen sogar ein Einreiseverbot für alle „Schengen-Staaten“ – also auch Frankreich – angedroht wurde. Offenbar hat die Ausländerbehörde hier in ihrem Routinetrott übersehen, dass ein EU-Bürger zwar Ausländer ist, aber einer mit erheblichen Privilegien.

Der Betroffene ist in Deutschland straffällig geworden, hat eine Haftstrafe von April 2005 bis zum 18. Oktober 2005 verbüßt und befindet sich seitdem im Abschiebungsgewahrsam Berlin-Grünau.

Der Betroffene führt einen französischen Personalausweis bei sich und erklärte stets, nach Frankreich ausreisen zu wollen. Bekanntlich unterliegen EU-Bürger nicht der Passpflicht, wie andere Ausländer, so dass ein Personalausweis als Reisedokument genügt. Würde der Betroffene also freigelassen, würde er ohne Probleme nach Frankreich ausreisen – mit der Haft wird also nicht die Abschiebung sondern das Hierbleiben gesichert.

Die Ausländerbehörde inhaftiert tagtäglich Ausländer, die kaum eine realistische Chance haben, sich gegen die Haft zu wehren. Hier aber scheint die Behörde zu weit gegangen zu sein. Der Betroffene hat bereits die französische Botschaft um konsularischen Schutz ersucht. Zudem behält er sich Haftentschädigungsansprüche gegen das Land Berlin vor. Schließlich findet sich die rechtliche Grundlage für die Abschiebungshaft im sog. Aufenthaltsgesetz, welches aber für EU-Bürger keine Anwendung findet.

Dieses Extrembeispiel für die Willkür der Ausländerbehörde sollte zum Anlass genommen werden, die gegenwärtige Praxis der Anordnung von Abschiebungshaft generell zu hinterfragen.

Es wird geprüft, gegen die Ausländerbehörde und den Haftrichter Strafanzeige zu stellen.

Für Rückfragen wenden Sie sich bitte an
Flüchtlingsrat Berlin
Rechtsanwalt Volker Gerloff, Tel. 694 26 22, Fax 694 26 90

Berlin, 21.10.2005

TAZ Berlin vom 22.10.05: Abschiebung skurril





Kinderrechte erneut missachtet

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Berliner Ausländerbehörde betreibt weiter die Abschiebung eines Familienvaters
Pressemitteilung vom 1. August 2005


Seit 13. Juli 2005 befindet sich Herr Branislav S. (Staatsangehörigkeit Serbien – Montenegro) im Berliner Abschiebungsgewahrsam. Die von der Berliner Ausländerbehörde beabsichtigte Durchführung der Abschiebung nach Belgrad konnte nur durch die Stellung eines Asylantrages zwischenzeitlich gestoppt werden. Für die Ausländerbehörde ist Herr S. vollziehbar ausreisepflichtig.

Herr S. lebt seit über zwei Jahren mit Frau Emina F. und der gemeinsamen Tochter zusammen. Frau F. und ihre Tochter Jovanka sind dringend auf die Unterstützung des Lebenspartners bzw. des Vaters angewiesen. Frau F. musste bisher dreimal in der Woche zur Dialyse, für jeweils 3-6 Stunden. In dieser Zeit benötigte sie besonders die Hilfe ihres Partners, der sich intensiv um seine Tochter kümmerte.

Nach dessen Inhaftierung verschlechterte sich Gesundheitszustand von Frau F. dramatisch, so dass sich diese zwischenzeitlich in stationäre Behandlung begeben musste. Das Kind wurde auf Anweisung des Jugendamtes in einer Pflegefamilie untergebracht. Somit wurde im Ergebnis eine Familie völlig auseinandergerissen.

Die Berliner Ausländerbehörde behandelt im Unterschied zum zuständigen Sozial- und Jugendamt die Betroffenen nicht als Familie. Diese Position wird auch von der Senatsverwaltung für Inneres geteilt. Dabei beruft sich die Behörde auf die nicht vorliegende Anerkennung der Vaterschaft. Dass die Vaterschaft nicht beurkundet wurde, kann aber Herrn S. nicht angelastet werden. Die Mutter des Kindes hatte bisher alles versucht, um die Ausstellung einer Geburtsurkunde und die Anerkennung der Vaterschaft in die Wege zu leiten.

Hierbei ist anzumerken, dass die Senatsverwaltung für Inneres selbst die Praxis der Berliner Standesämter legitimiert, Eltern ohne gültige Identitätsnachweise (Pässe) die Ausstellung einer Geburtsurkunde für ihr Kind zu verweigern. Somit ist das Kind für die Ausländerbehörde faktisch nicht vorhanden und wird die offizielle Anerkennung der Vaterschaft nicht ermöglicht.

Im geschilderten Fall wird der zweijährigen Jovanka und ihren Eltern die Inanspruchnahme ihres Grundrechtes auf den Schutz der Familie (Art. 6 Grundgesetz) verwehrt. Das Wohl des Kindes wird dem ordnungspolitischen Interesse der Ausländerbehörde an der Durchsetzung der Abschiebung geopfert.

Vor diesem Hintergrund fordert der Flüchtlingsrat die Senatsverwaltung für Inneres erneut auf, dafür Sorge zu tragen, dass
– dem Wohl des Kindes im Verwaltungshandeln der Berliner Ausländerbehörde oberste Priorität gegenüber der Durchsetzung ausländerrechtlicher Zwangsmaßnahmen eingeräumt wird.
– entsprechend der UN-Kinderrechtskonvention allen Kindern uneingeschränkt eine Geburtsurkunde ausgestellt wird.

Flüchtlingsrat Berlin
Berlin, 01.08.2005





Innenminister zum Bleiberecht für Kinder und Jugendliche, zu Afghanistan und Kosovo-Minderheiten

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Ergebnisse der Innenministerkonferenz in Stuttgart: **)
Presseerklärung PRO ASYL vom 24. Juni 2005


Kein Bleiberecht für in Deutschland aufgewachsene Kinder und Jugendliche sowie ihre Familien
Abschiebungen von Afghanen und Kosovo-Minderheiten gehen weiter
PRO ASYL: Die Betonköpfe bestimmen die Richtung

Als enttäuschend wertet die bundesweite Arbeitsgemeinschaft für Flüchtlinge PRO ASYL die Ergebnisse der heute zu Ende gegangenen Innenministerkonferenz in Stuttgart. Das von Bundesinnenminister Otto Schily vorgeschlagene Bleiberecht für seit langen Jahren hier lebende Kinder und ihre Familien, unterstützt von den Innenministern mehrerer Bundesländer, hat keine Mehrheit gefunden. Maßgeblich verantwortlich dafür sind die Innenminister der unionsregierten Bundesländer, die dafür gesorgt haben, dass auch künftig statt menschlichen Augenmaßes und christlicher Werte das Prinzip gilt: Kinder haften für ihre Eltern. Die Folge: Es wird weiterhin Abschiebungen von Kindern, Jugendlichen und ihren Familien geben, die seit fünf, zehn oder mehr Jahren in Deutschland leben. Mit den längst integrierten Kindern und Jugendlichen werden Menschen abgeschoben, die Bestandteil von Deutschlands Zukunft sein könnten. Die Betonköpfe haben die Richtung bestimmt.

Abschiebungen nach Afghanistan, mit denen einige Bundesländer bereits begonnen haben, gehen verstärkt weiter. Die Sicherheitslage in Afghanistan, nach aktuellen Medienmeldungen geprägt von den heftigsten Kampfhandlungen seit Monaten und prekärer denn je, sowie Berichte über das erbärmliche Leben von Binnenvertriebenen und Rückkehrern aus dem Ausland haben die Innenminister nicht zu besserer Einsicht und menschlichem Handeln bewegen können.

Die Minderheiten der Ashkali und der sog. Ägypter aus dem Kosovo werden auf dem Altar der beginnenden Statusverhandlungen im Kosovo geopfert. Obwohl sie erst vor einem Jahr Opfer massiver Pogrome geworden sind und immer noch massiver Diskriminierung und Anfeindungen ausgeliefert sind, müssen sie als Beleg dafür herhalten, dass die Voraussetzungen für ein multiethnisches Kosovo gegeben sind. Nach den Vorstellungen der Innenministerkonferenz sind die hier Lebenden „abschiebungsreife“.

Diese Innenministerkonferenz hatte die Chance, sich von ihrer Politik der andauernden Realitätsverweigerung und des Sträubens gegen alle humanitären Regelungen zu verabschieden. Kirchen, Gewerkschaften, Flüchtlingsorganisationen und gerade auch die betroffenen Kinder und Jugendlichen hatten sich dafür eingesetzt. Sie werden auch künftig die Innenminister – ungeachtet ihrer parteipolitischen Couleur – nicht aus der Verantwortung entlassen. Schüler und Schülerinnen werden den Innenministern auch zwischen den Sitzungen der Innenministerkonferenz weiterhin klar machen: Wir wollen nicht, dass morgens jemand in der Schule fehlt – weil er gerade abgeschoben worden ist.

Bernd Mesovic
Referent


**) Wortlaut der Beschlüsse der IMK siehe hier

PRO ASYL begrüßt Otto Schilys Vorstoß – Schritt in die richtige Richtung *)
Presseerklärung PRO ASYL vom 23. Juni 2005

PRO ASYL begrüßt die überraschende Entwicklung im Vorfeld der Innenministerkonferenz. Dass Bundesinnenminister Otto Schily sich für eine Bleiberechtsregelung für ausländische Kinder und ihre Familien ausgesprochen hat, ist ein großer Schritt in die richtige Richtung.

Eine humanitäre Bleiberechtsregelung für langjährig in Deutschland lebende Menschen darf jetzt nicht kleinlich ausfallen. Die in der Vergangenheit üblichen Anforderungen einer Lebensunterhaltsicherung und ausreichenden Wohnraums dürfen nicht zur Vorbedingung gemacht werden. Ebenso wenig sollten der Bezug von Jugendhilfe und von Arbeitslosengeld II Ausschlussgründe darstellen.

PRO ASYL hofft, dass das Thema einer großzügigen Bleiberechtsregelung in der Innenministerkonferenz unideologisch diskutiert wird und es tatsächlich zu einer humanitären Umsetzung kommen wird.

Diese positive Entwicklung ist sicherlich auch dem Engagement der betroffenen Kinder und Jugendlichen in einem breiten bundesweiten Bündnis im Vorfeld der Innenministerkonferenz zu verdanken. Unter dem Motto „Hier geblieben!“ hatte das Aktionsbündnis des Berliner GRIPS-Theaters, der GEW Berlin, PRO ASYL und dem Berliner Flüchtlingsrat bundesweit in zahlreichen Aktionen Kinder, Jugendliche und Kulturschaffende dazu aufgerufen, persönlich an die Innenminister zu appellieren, eine Bleiberechtsregelung für lange in Deutschland lebende Kinder und Jugendliche und ihre Eltern zu beschließen.

gez. Günter Burkhardt
Geschäftsführer PRO ASYL


*) Wortlaut der Pressemitteilung des Bundesinnenministers siehe hier





Polizeiabschiebehaft Berlin-Grünau – lebensgefährlich?

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Beinahe-Todesfälle häufen sich
Dokumentation, Stand 03. Juni 2005


Als Konsequenz aus der Serie von Beinahe-Todesfällen in der Polizeihaftanstalt Grünau muss nach Auffassung des Flüchtlingsrates der Polizei die Zuständigkeit für die medizinische Versorgung in der Abschiebehaft entzogen und diese in die Verantwortung unabhängiger ÄrztInnen in freier Trägerschaft gegeben werden. Auch ein Polizeisanitäter muss in jedem Fall umgehend eine ÄrztIn bzw. NotärztIn hinzuziehen. Eine unabhängige ÄrztIn muss rund um die Uhr in der Haftanstalt verfügbar sein. Auch die derzeit völlig ineffektive Sozialarbeit sollte an Stelle der Polizei von unabhängigen Trägern wahrgenommen werden.

28. Mai 2005.
In Berlin ist es schwül, 35 Grad im Schatten. In Station 3/1 des aus DDR-Zeiten stammenden Betonplattengefängnisses sind die Zellen der die Häftlinge noch immer mit käfigartigen Gitterstäben abgetrennt, sie können deshalb die Fenster nicht selbst öffnen. Die als Wärter eingesetzten Polizisten lassen sich am Samstagabend nur ungern stören. Der 27 jährige Algerier Abdelhamid B. leidet an starken Brustschmerzen und verlangt immer wieder dringend ärztliche Hilfe. Die Polizisten halten sich selbst für medizinische kompetent – einige haben eine Sanitäterausbildung – und erklären Herrn B., er müsse bei der Hitze mehr trinken. Sie verweigern ihm über vier Stunden ärztliche Hilfe. Erst nachdem die andere Häftlinge massiv damit drohen, „Probleme“ zu machen, bringen die Polizisten B: mit einem Gefangenentransporter ins Krankenhaus. Dort wird ein Herzinfarkt festgestellt, B. hat nach Aussage der Ärzte nur knapp überlebt.

Einen ähnlichen Vorfall – verweigerte Hilfeleistung bei einem Herzinfarkt – gab es bereits im Dezember 2001 (siehe die u.g. Dokumentation).

Berliner Zeitung, 01. Juni 2005
Vier Stunden warten, bis der Arzt kommt

Berliner Zeitung, 02. Juni 2005
Herzinfarkt-Affäre: Das LKA ermittelt

Berliner Zeitung, 02. Juni 2005
Grundgesetz statt Guantanamo

TAZ 02. Juni 2005
Herzinfarkt in Abschiebehaft

Pressemeldung Polizei Berlin 31.05.2005
Abschiebungshäftling erlitt Herzinfarkt

2. Dezember 2001.
Sonntagabend in der Abschiebehaft Grünau. Der 27 jährige Kosovo-Albaner Zenum R. verlangt wegen akuter Beschwerden (Schmerzen, Erbrechen, Atemnot, Kreislaufinstabilität und Todesangst) dringend ärztliche Hilfe. Polizeisanitäter diagnostizieren einen „verdorbenen Magen“ und verabreichen falsche Medikamente. Sie informieren weder die Polizeiärztin noch den Notarzt von Feuerwehr oder Kassenärztlicher Vereinigung. Erst am nächsten Tag wird der Gefangene von der nun anwesenden Polizeiärztin untersucht. Es werden weder ein EKG gefertigt noch Laboruntersuchungen veranlasst oder ein Facharzt hinzugezogen, Herr R. wird wieder in seine Zelle gebracht.

Erst nach weiteren 12 Stunden, nachdem Herr R. in anhaltender Todesangst aus seiner Zelle per Handy über 110 die von außen kommende Polizei um Hilfe ruft, droht seine Zelle anzuzünden, und der Anstaltspfarrer massiv interveniert, wird der Schwerkranke von der Polizei – mit auf dem Rücken gefesselten Händen – in die Notaufnahme des DRK-Krankenhauses Köpenick gebracht. Dort wird ein akuter Herzinfarkt diagnostiziert. Wegen der zu spät eingeleiteten Behandlung ist mit bleibenden Schäden zu rechnen.

Der Flüchtlingsrat hat den Fall in seiner Pressemitteilung vom 07.03.2002 ausführlich dokumentiert.

Das Gericht bagatellisiert den Vorfall später und zeigt gegenüber der angeklagten Polizeiärztin Milde, vgl. TAZ vom 18. Januar 2005, Eine Behandlung ohne jegliches Gespür

25. Oktober 2002.
Die 31jährige Annie B. aus Ghana ist, obwohl im 6. Monat schwanger, seit drei Wochen in Grünau inhaftiert. Sie klagt seit einer Woche über akute, starke Schmerzen im rechten Unterbauch. Bereits seit zwei Monaten hatte sie abdominelle Beschwerden mit Erbrechen. Dennoch bleibt sie inhaftiert, externe ärztliche Hilfe wird ihr verweigert. Als Frau B. aufgrund ihrer starken Schmerzen schließlich doch in die DRK-Klinik Köpenick gebracht wird, muss sie noch am gleichen Abend notfallmäßig operiert werden – wegen einer akuten, lebensbedrohlichen Blinddarmentzündung.

16. Mai 2003.
Der 48jährige Ebou K. wird am nach fünf Wochen Abschiebehaft aus dem Polizeigewahrsam Grünau nach Gambia abgeschoben. Unmittelbar vor dem Abflug am 16.05.2003 wird der Lebensgefährtin von Herrn K. vom BGS die Möglichkeit eingeräumt, sich zu verabschieden. Dort zeigt sich der Frau ein völlig kraftloser Mensch, der kaum in der Lage ist, auf eigenen Beinen zu gehen und offenbar nicht vollständig orientiert ist. Sein Blick geht ins Leere. Medikamente, die Herr K. in der Abschiebehaft nahm, wurden ihm nicht mitgegeben. Bei Ankunft in Gambia soll er kaum ansprechbar und vollkommen kraftlos gewesen und bis zu seinem Tod bettlägerig gewesen sein. Er habe sich ständig übergeben.
Am 19. Mai 2003 stirbt Herr K.

Weitere Fälle
mangelhafter und unterlassener medizinischer Versorgung in der Abschiebehaft in Berlin und anderswo hat die Antirassistische Initiative Berlin in der Dokumentation
Bundesdeutsche Flüchtlingspolitik und ihre tödlichen Folgen
festgehalten.





Kundgebung vor dem Bundesinnenministerium

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Pressemitteilung vom 01. Juni 2005
www.hier.geblieben.net


Anfang April 2005 starteten GRIPS Theater, die GEW Berlin und der Flüchtlingsrat Berlin das Aktionsprogramm „Hier geblieben!“ für das Bleiberecht von Kindern und Jugendlichen sowie deren Familien. Denn über 6000 Kinder und Jugendliche leben in Berlin in ständiger Angst vor der Abschiebung, obwohl sie die deutsche Sprache beherrschen – sogar Lesewettbewerbe gewinnen – und obwohl Berlin ihr Zuhause ist.

Deshalb fordern wir die Bundesrepublik auf, die Kinderrechte vollständig anzuerkennen, Kinder jeder Nation gleich zu behandeln und ein Bleiberecht für diejenigen zu beschließen, die in Deutschland leben und aufgewachsen sind.

Die Innenministerkonferenz am 23./24. Juni in Stuttgart kann eine großzügige Bleiberechtsregelung für Flüchtlinge mit langjährigem Aufenthalt verabschieden !

Kern des Aktionsprogramms „Hier geblieben!“ ist ein gemeinsamer Appell von Kindern, Jugendlichen und Kulturschaffenden an die Innenministerkonferenz in Form von individuellen ANSICHTS-Karten und Unterschriften. Bis zum 18.05.2005 wurde dieser Appell von 347 Kulturschaffenden und 520 weiteren Menschen unterzeichnet.

Er knüpft an an die Forderungen nach einer umfassenden Bleiberechtsregelung, die seit ca. drei Jahren von einem breiten gesellschaftlichen Bündnis auf Bundes- und Länderebene erhoben werden.

Mit diesen Forderungen sollte auch der politisch verantwortliche Bundesinnenminister, Otto Schily, konfrontiert werden.

Der Flüchtlingsrat ruft deshalb mit Unterstützung des GRIPS – Theaters zu einer Kundgebung am Montag 06. Juni 2005 um 14.00 Uhr vor dem Bundesinnenministerium (Alt – Moabit 101, gegenüberliegende Strassenseite), auf.

Im Rahmen der Kundgebung wird es zu einer symbolischen Ausstellungseröffnung der von den Schülerinnen und Schülern gestalteten ANSICHTS-Karten kommen.

Leider reagierte das BMI auf die Bitte des Flüchtlingsrats und des GRIPS – Theaters nach einer gemeinsamen offiziellen Eröffnung der genannten Ausstellung abschlägig. Mitarbeiter des BMI haben offenbar sogar versucht, auf die Entscheidung der zuständigen Versammlungsbehörde Einfluss zu nehmen. Für das Bundesinnenministerium als Träger der Initiative „Bündnis für Demokratie und Toleranz“ scheint in diesem Zusammenhang eine Lehrstunde in Sachen Demokratie und Meinungsfreiheit angebracht.

Weitere Infos zum Aktionsprogramm:
www.hier.geblieben.net

Flüchtlingsrat Berlin, 1. Juni 2005

Aus dem Appell der Kinder und Jugendlichen an die Innenministerkonferenz in Stuttgart:

HIER GEBLIEBEN!
Wir sind Kinder und Jugendliche dieser Welt. Auch wenn wir alle unterschiedlich sind, leben wir zusammen auf dieser Erde. Deshalb wollen wir uns gemeinsam für eine bessere Welt für alle Menschen einsetzen und fangen bei uns zuhause damit an. Ihr nennt uns die Zukunft, wir sind aber auch die Gegenwart und deshalb fordern wir:

  • Alle Kinder und Jugendliche, die in Deutschland zur Schule oder in den Kindergarten gehen, die hier leben, hierher geflohen oder hier geboren sind, sollen weiterhin das Recht erhalten, mit ihren Eltern und Verwandten in der Bundesrepublik Deutschland zu leben. Ihre Eltern sollen arbeiten dürfen, um für ihre Kinder sorgen zu können. Die Kinder sollen später einen Beruf lernen dürfen. Auch ihnen soll erlaubt sein zu arbeiten, zu reisen und weiterhin hier zu leben.
  • Kranken, Alten und Hilfsbedürftigen sowie durch Krieg und andere Ereignisse geschädigten Menschen muss geholfen werden. Auch sie sollen hier bleiben dürfen! Familien sollen gemeinsam hier leben dürfen.
  • Die Innenministerkonferenz soll für die über 200 000 nur „geduldeten“ Flüchtlinge endlich ein Recht auf Bleiberecht verabschieden und sich für die vollständige Anerkennung der UNO – Kinderrechte einsetzen.




Kinderrechte auf dem Abstellgleis

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Ausländerbehörde trennt alleinerziehende Mutter von ihren Kindern
Pressemitteilung vom 13. Mai 2005


Die Berliner Ausländerbehörde hat bei der Durchführung ausländerrechtlicher Zwangsmaßnahmen erneut die Rechte von Kindern grob missachtet.

(Vgl. Presseerklärung des Flüchtlingsrates vom 18.02.2005:
Berliner Ausländerbehörde trennt Mutter von ihren Kindern
)

Am 26. April 2005 wurde die alleinerziehende Mutter Sawsan B. (Staatsangehörige des Libanon) von ihren drei minderjährigen Kindern (3, 5, und 7 Jahre) gewaltsam bei der Vorsprache auf der Ausländerbehörde getrennt. Sie befindet sich seitdem im Abschiebungsgewahrsam, ihre Kinder wurden vom Kindernotdienst aufgenommen. Nach Auskunft des Kindernotdienstes leiden die Kinder erheblich unter der Trennung von ihrer Mutter. Ein Kind erkrankte zwei Wochen nach der Aufnahme in den Kindernotdienst und musste stationär behandelt werden.

Die geltende Weisung der Senatsverwaltung für Inneres zur Durchführung der Abschiebungshaft sieht nur in Ausnahmefüllen die Trennung von alleinerziehenden Elternteilen von ihren Kindern (vor Vollendung des 7. Lebensjahres) vor. Im Fall von Sawsan B. beruft sich die Ausländerbehörde auf gemachte angeblich falsche Angaben zu ihrer Identität. Nach Informationen des Flüchtlingsrates ergeben sich die festgestellten Namensunterschiede aus der Annahme des Geburtsnamens von Frau B. nach der Scheidung von ihrem Ehemann.

Ungeachtet dessen hat aus Sicht des Flüchtlingsrates die Ausländerbehörde sich prinzipiell vom Kindeswohl leiten zu lassen. Die Trennung von Sawsan B. von ihren Kindern widerspricht diesem Prinzip in eklatanter Weise. Gleiches gilt für den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit bei der Durchführung ausländerrechtlicher Zwangsmaßnahmen. Da Frau B. mit ihren Kindern freiwillig auf der Ausländerbehörde vorsprach, ist nicht erkennbar, auf welcher Grundlage die Haftanordnung erfolgen konnte.

Das Vorgehen der Ausländerbehörde wurde von der Senatsverwaltung für Inneres gebilligt. Sie sollte aber dafür Sorge tragen, dass bei der Umsetzung der geltenden Weisung zur Vermeidung von Abschiebungshaft nicht die Grund- und Menschenrechte der Betroffenen wie im vorliegenden Fall verletzt werden. Der Flüchtlingsrat fordert die Senatsverwaltung auf, sofort die Entlassung von Frau B. zu veranlassen.

Die Beschlüsse des Abgeordnetenhauses von 2001 zur Vermeidung von Abschiebungshaft sind großzügig umzusetzen, d.h. auf die Inhaftierung von Alleinerziehenden, Minderjährigen und Schwangeren und weiteren besonders schutzbedürftigen Personen sollte prinzipiell verzichtet werden.

Die letzten aktuellen Ereignisse wie der Hungerstreik von derzeit 10 Insassen im Abschiebungsgewahrsam machen zudem deutlich, dass die lange Haftdauer und die für die Betroffenen nicht transparenten Entscheidungen der Ausländerbehörde zu einer angespannten Situation im Abschiebungsgewahrsamt geführt haben.

Für den Flüchtlingsrat haben die in der Vergangenheit oft beschworenen Reformbemühungen in der Ausländerbehörde und der Abschiebungshaft bisher kaum eine praktische Wirkung entfaltet.

Flüchtlingsrat Berlin
Berlin, 13.05.2005





Spendenaufruf für die Kampagne „Hier geblieben!“

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1000 x 100 Euro fürs Bleiberecht von Kindern, Jugendlichen und deren Familien gesucht


Seit dem Inkrafttreten des neuen Zuwanderungsgesetzes am 1. Januar diesen Jahres ist die Situation der in Deutschland lebenden 200 000 „geduldeten“ Flüchtlingen unklarer als je zuvor. Kinder und Jugendliche, die hier geboren sind oder den größten Teil ihres Lebens in Deutschland verbracht haben, trifft dies mit besonderer Härte.

Anfang dieses Jahres bat der Flüchtlingsrat das GRIPS Theater um Hilfe, denn Kinder und Jugendliche verschwinden – weil sie von der Polizei zur Durchführung der Abschiebung aus dem Unterricht abgeholt werden.

Aus diesem Grund haben der Flüchtlingsrat Berlin, die GEW Berlin und das GRIPS Theater gemeinsam das Aktionsprogramm „HIER GEBLIEBEN!“ Für das Bleiberecht von Kindern und Jugendlichen sowie deren Familien“ gestartet.

Seit dem wurden mit Kindern, Jugendlichen und LehrerInnen Materialien für Schulstunden im Unterricht, ein Appell der Kinder und Jugendlichen und Ansichtskarten mit dem Appell an die Innenministerkonferenz entwickelt. Mit Kulturschaffenden haben wir einen weitern Appell an die Innenministerkonferrenz entworfen, den bereits jetzt viele KünstlerInnen unterschrieben haben. Wir haben begonnen, eine Internetseite aufzubauen. Das GRIPS hat sich entschlossen, eine zusätzliche Produktion mit dem Titel „Hier geblieben“ zu entwickeln, die im Mai Premiere haben wird, in Berliner Schulen gespielt werden und dann mit der Ausstellung der Ansichtskarten nach Stuttgart fahren soll. Obwohl der Vorlauf eigentlich viel zu knapp war, können wir schon jetzt sagen, dass sich Kinder und Jugendliche aus dem ganzen Bundesgebiet beteiligen werden – denn es werden immer mehr Menschen und Organisationen, die die Aktion unterstützen.

Das heißt aber auch, mehr Material drucken zu lassen, Post zu verschicken, Anzeigen mit dem Appell der Kulturschaffenden zu schalten, die Ausstellung zu organisieren, die Internetseite aufzubauen, eine komplette Tour mit Ausstellung und neuem Stück durch die Republik zu organisieren und durchzuführen.

Das alles kostet Geld und zwar viel mehr, als wir innerhalb so kurzer Zeit akquirien und Anfang Januar absehen konnten. Deshalb die dringende Bitte an Sie: Beteiligen Sie sich an „1000 x 100,- Euro für das Bleiberecht für die Kinder und Jugendlichen und deren Familien“ und unterstützen Sie unser bundesweites Aktionprogramm.

Kinder und Jugendliche brauchen eine starke Lobby. Wir danken Ihnen schon jetzt für die rasche Unterstützung!

Spenden bitte an:
Flüchtlingsrat Berlin
Bank für Sozialwirtschaft Berlin
IBAN: DE50 1002 0500 0003 2603 00
BIC: BFSWDE33BER

Spendenaufruf als PDF-Datei





Berliner Ausländerbehörde trennt Mutter von ihren Kindern

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Presseerklärung des Flüchtlingsrates Berlin vom 18.02.2005


Am 08. Februar 2005 wurde erneut in Berlin eine Familie (aus Bosnien-Herzegowina) durch eine Abschiebung getrennt. Die Berliner Ausländerbehörde schob Hanusa V., alleinerziehende Mutter von vier minderjährigen Kindern im Alter von 8 bis 14 Jahren, nach Sarajevo ab. Zuvor wurde die Mutter für eine Woche ins Abschiebungsgewahrsam Köpenick inhaftiert.

Mit der Inhaftierung verstieß die Ausländerbehörde gegen die geltende Weisungen der Senatsverwaltung, die die Inhaftierung von Alleinerziehenden in der Regel untersagt. Die Ausländerbehörde hat sich – auch im Fall der Durchsetzung der Ausreisepflicht – vom Kindeswohl leiten zu lassen. Gegen diese Verpflichtung hat sie in grober Weise verstoßen, in dem sie die Trennung der Kinder von ihrer Mutter billigend in Kauf nahm.

Bei der Durchsetzung der Ausreisepflicht hätte die Ausländerbehörde auch den Gesundheitszustand von Frau Hanusa V. berücksichtigen müssen. Nach Angaben ihrer Familie ist sie psychisch erkrankt und wurde in der Vergangenheit mehrfach stationär behandelt. Sie ist auf die regelmäßige Einnahme von Medikamenten angewiesen. In Sarajevo, wo sie vorläufig bei einer Bekannten unterkommen konnte, kann sie diese nicht kostenlos erhalten, so dass sich die Frage der Gewährleistung der medizinischen Versorgung stellt.

Der Flüchtlingsrat hat die Senatsverwaltung für Inneres über den Vorfall informiert und um Klärung der Angelegenheit gebeten. Die Familienzusammenführung in der Bundesrepublik kann die einzige Reaktion auf die Abschiebung von Hanusa V. sein. Die Heirat mit ihrem deutschen Verlobten wird bislang durch die Berliner Behörden behindert. Durch die Heirat erhält sie einen Rechtsanspruch auf die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis.

Frau Hanusa V. floh 1991 mit ihrer Familie nach Berlin. Zwei der Kinder wurden hier geboren. Sie besuchen alle in Berlin die Schule.

Aus Sicht des Flüchtlingsrates hätte die Familie auch einen Antrag bei der Härtefallkommission stellen können. Für einen solchen Antrag sprechen die genannten humanitären Gründe wie die Integration der Kinder, der Behandlungsbedarf der Mutter sowie die geschilderten familiären Beziehungen.

Flüchtlingsrat Berlin
Berlin, 18.02.2005





Lösungen für Härtefälle ersetzen keine Bleiberechtsregelung

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Presseerklärung des Flüchtlingsrates Berlin vom 14.01.2005


Am 13. Januar 2005 fand die erste Sitzung der neu berufenen Härtefallkommission statt.
Für die bereits seit 1990 in Berlin arbeitende Härtefallkommission gibt es mit dem Inkrafttreten des Zuwanderungsgesetzes (§ 23a Aufenthaltsgesetz) zum 01.01.2005 erstmals eine gesetzliche Grundlage. Das Aufenthaltsgesetz sieht außerdem vor, dass die Mitglieder der Kommission auch Vorschläge für die Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen aus humanitären Gründen einreichen können, die von den dafür vorgesehenen gesetzlichen Regelungen abweichen.
Diese gesetzliche Neuregelung wird vom Flüchtlingsrat ausdrücklich begrüßt.

Die Härtefallkommission kann Lösungen nur im Einzelfall treffen. Für die meisten der in Berlin langjährig hier lebenden Flüchtlinge aus dem ehemaligen Jugoslawien, aus Angola oder der Türkei könnte aber eine großzügige Bleiberechtsregelung eine sichere Perspektive bieten und die Abschiebung in eine auswegslose Situation verhindern. Der Flüchtlingsrat fordert den Berliner Innensenator Dr. Ehrhart Körting auf, entsprechende Initiativen auf Bundesebene weiterhin zu ergreifen.

Die in Folge geschilderten Beispiele von Abschiebungen bzw. Abschiebungsandrohungen betroffener Flüchtlinge verdeutlichen, dass eine Bleiberechtsregelung für Flüchtlinge mit langjährigem Aufenthalt ein dringendes Erfordernis bleibt. Eine Vorgriffsregelung für potentielle ausländerrechtliche Härtefälle hätte bei den im Zeitraum August – Dezember 2004 dokumentierten Einzelfällen zu einer vorläufigen Aussetzung der Abschiebung führen können. Diese Regelung hatte der Innensenator leider nicht erlassen. Ungeachtet der absolut gesunkenen Zahlen durchgeführter Abschiebungen stieg so der Anteil abgeschobener Flüchtlinge, die sich seit langem in Berlin aufhielten.

Flüchtlingsrat Berlin,
14.01.2005

Anlage

Beispiele für Abschiebungen

August 2004:
Die Polizei holt die 13jährige Tania R. aus dem Unterricht, um die Abschiebung durchzuführen. Ihr Vater und ihre ältere 16jährige Schwester werden nach Bosnien abgeschoben. Tania und ihre Mutter bleiben aufgrund gestellter Asylanträge in Berlin. Die Schulklasse von Tania protestiert öffentlich gegen deren drohende Abschiebung.

Saud H. wird aus der Abschiebungshaft nach Bosnien abgeschoben. Seine Frau und die drei minderjährigen Kinder verbleiben in Berlin.
Beide Familien lebten seit 11 Jahren in Berlin.

November 2004
Cefsere V. – die 26jährige Tochter eines ehemaligen Gastarbeiters (seit 1969 in Deutschland) – wird in Abschiebungshaft genommen. Sie floh mit ihrem Bruder und ihrer Mutter nach Kriegsausbruch (1998) im Kosovo nach Deutschland. Eine Familienzusammenführung ist nach deutschem Ausländerrecht nur im Fall von Ehepartnern und minderjährigen Kindern (bis zum 16. Lebensjahr) möglich. Cefsere wurde zwischenzeitlich aus der Haft entlassen und bleibt von Abschiebung bedroht.

Nazri R. wird – nachdem er sich seit August 2004 in Abschiebungshaft befand – in den Kosovo abgeschoben. Er lebte seit 1989 in Berlin. Da er von seiner Frau und seinen drei Kindern getrennt wurde, widersprach die UNMIK in Pristina der Rückführung. Aus Sicht der UN-Verwaltung verstieß die Abschiebung gegen internationales Recht. Nach zwischenzeitlicher Inhaftierung in Frankfurt/Main konnte der 55jährige wieder nach Berlin zurückkehren.

Die Geschwisterkinder, Mimozi , geb. 1997, und Mergim E., geb. 1993, wurden am 10.11. 2004 im Beisein der Mutter der Kinder, aus ihren Klassen der Humboldthain-Grundschule in Berlin-Mitte heraus von der Ausländerpolizei in Abschiebegewahrsam genommen. Die alleinstehende Frau wurde mit ihren drei Kindern in den Kosovo abgeschoben.
Von Seiten der Berliner Innenverwaltung hieß es dazu, dass es sich nicht immer vermeiden lässt, dass die Kinder aus der Schule geholt werden.

Dezember 2004
Die schwer behinderte Bosnierin Rabija R. wird ungeachtet der gesundheitlichen Probleme (epileptische Anfälle) abgeschoben. Ihr in Berlin lebender Bruder ist im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis und hätte sich um sie sorgen können.

Das ältere bosnische Ehepaar Memmuna und Omer H. soll in Abschiebungshaft genommen werden. Wegen ihres schlechten Gesundheitszustandes sind sie nicht haftfähig und müssen in einer Klinik be-handelt werden. Der Arbeitgeber ihrer Söhne macht den Fall öffentlich. Die Abschiebung kann wegen der Anmeldung bei der Härtefallkommission vorerst ausgesetzt werden. Die bosnischen Flüchtlinge leben seit 1994 in Berlin.

Am Nikolaustag werden die 13jährige Lejla und und ihre 11jährige Schwester Emina S. aus der Schule zwecks Durchführung der Abschiebung abgeholt. Zuvor wurden ihre Eltern und ihre volljährige Schwester auf der Ausländerbehörde festgenommen. Die bosnische Familie lebt seit 1994 in Berlin. Die Kinder werden wie ihre ältere Schwester entlassen. Die Eltern mussten die Feiertage im Abschiebungsgewahrsam verbringen und verblieben dort bis zum 13.01.2005. Die Familie bleibt von Abschiebung bedroht.





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