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15.11.2003: Abschiebestopp für Roma

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Die Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen im Abgeordnetenhaus hatte am 21.10.2003 einen Antrag auf Erlass eines befristeten Abschiebestopps für Roma aus dem ehemaligen Jugoslawien gestellt. Dieser Antrag wurde am 10.11.2003 im Innenausschuss beraten.


Es wurde ein Änderungsantrag von SPD/PDS angenommen der eine Aussetzung der Abschiebung für Roma – Familien und alleinerziehende Roma nach Serbien-Montenegro bis 31.03.2004 vorsieht (Drs 15/2116).

Im Oktober 2003 wurden zwei schwangere Roma-Frauen trotz vorliegender Bindungen zu deutschen Staatsangehörigen und langjährigem Aufenthalt nach Belgrad bzw. Sarajewo abgeschoben. Aus Sicht des Flüchtlingsrates versagte somit die vom Senat in der Koalitionsvereinbarung beschworene historische Verantwortung (Pressemitteilung des Flüchtlingsrates vom 17.10.2003).





Urteil: Kleinkind wird nicht in DR Kongo abgeschoben

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Das Verwaltungsgericht Köln hat mit einem Urteil die Abschiebung eines Kleinkindes in die Demokratischen Republik Kongo untersagt. Begründet wird das Urteil mit einer extremen Gefährdungslage für das Kleinkind durch die wirtschaftlichen Verhältnisse und die medizinische Versorgungslage.


Verwaltungsgericht Köln, Az.: 5 K 1426/02.A, Urteil vom 29.10. 2003: Feststellung des Vorliegens des § 53 Abs. 6 Ausländergesetz (AuslG) bezüglich der Demokratischen Republik Kongo.

„Die Klägerin würde unmittelbar nach ihrer Abschiebung in die DR Kongo in eine extreme Gefährdungslage geraten, die sie mit hoher Wahrscheinlichkeit dem sicheren Tode oder schwersten Verletzungen ausliefern würde … Eine extreme Gefährdungslage für die Klägerin als Angehörige der gefährdeten Gruppe in die DR Kongo zurückgeführten Kleinkinder ergibt sich im Falle der Abschiebung aus der dort herrschenden desolaten wirtschaftlichen Situation und der allgemeinen schlechten Versorgungslage mit Lebensmitteln einerseits und aus der schlechten medizinischen Versorgungslage in Verbindung mit dem – zumal die in der Bundesrepublik Deutschland geborene Klägerin – Risiko, nach einer Einreise in die DR Kongo an Malaria zu erkranken, andererseits.“





Innensenator schiebt schwangere Roma Frauen ab

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Historische Verantwortung versagt

Die Berliner Ausländerbehörde hat am Mittwoch 15.10.03 die schwangere Roma Frau N. nach Belgrad abgeschoben. Frau N. wurde trotz ihrer Schwangerschaft mehr als zwei Monate in Berliner Abschiebehaft festgehalten.


Sie ist in der 27. Schwangerschaftswoche und musste während der Haft wegen Beschwerden in Folge der Schwangerschaft mehrfach im Krankenhaus behandelt werden. Darüber hinaus leidet sie an einer Ohrenerkrankung. Trotzdem hat der Polizeiärztliche Dienst sie für haft- und flugfähig erklärt.

Die Haft, die drohende Abschiebung und die Trennung von ihren beiden in Berlin lebenden Söhnen im Alter von sechs und elf Jahren waren sehr belastend für sie.

Frau N. lebte bereits seit 1991 in Deutschland. Obwohl der Vater ihres ungeborenen Kindes Deutscher ist und seine Vaterschaftsanerkennung vorliegt wurde die Abschiebung vollzogen. Die beantragte Heirat war bisher nicht möglich, da die dafür im August beantragte Genehmigung vom Berliner Kammergericht bislang nicht bearbeitet wurde.

Frau N. hat weder soziale Bindungen in Serbien noch finanzielle Mittel, um zu überleben, von den Kosten für die Geburt und die Versorgung des Neugeborenen völlig zu schweigen.

Die Berliner Ausländerbehörde hat am Donnerstag 16.10.03 auch die schwangere Roma Frau S. zusammen mit ihren vier Kindern nach Sarajewo abgeschoben. Frau S. wurde seit 07.10.03 in Berliner Abschiebehaft festgehalten. Auch Frau S. musste während ihrer Inhaftierung wegen Beschwerden im Zusammenhang mit ihrer Schwangerschaft (14. Woche) zeitweise stationär ins Krankenhaus aufgenommen werden. Frau S. lebte in Berlin mit ihrem 5jährigen Sohn und ihrem deutschen Ehemann zusammen, ihre anderen Kinder lebten bei Verwandten. Die Ausländerbehörde wirft ihr eine „Scheinehe“ vor. Über eine vergangene Woche beim Berliner Petitionsausschuss eingereichte Petition ist noch nicht entschieden.

Frau S. lebte ebenfalls bereits seit 1991 in Deutschland.

  • Beide Frauen sind aufgrund ihres Schwangerschaft, des langjährigen Aufenthalts in Berlin, der Zugehörigkeit zur Volksgruppe der Roma sowie ihrer Partnerschaft bzw. Ehe mit Deutschen zweifellos besondere Härtefälle. Beide Schicksale ähneln sich. Alle einer vernünftigen Ermessensabwägung zugänglichen Argumente sprechen gegen die Vorgehensweise der Ausländerbehörde und des Berliner Innensenators. Nach dem Ausländergesetz besteht in solchen Fällen die Möglichkeit des Verzichts auf Abschiebehaft und der Erteilung einer Duldung aus humanitären Gründen bis zum Zeitpunkt der Geburt (§ 55 Abs. 3 AuslG). Mit der Geburt muss der Mutter eines deutschen Kindes dann eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden (§ 23 AuslG).
  • Schwangere Frauen sollten grundsätzlich nicht in Abschiebehaft genommen werden. Wir gehen davon aus, dass in beiden Fällen eine unabhängige medizinische Begutachtung die Haftunfähigkeit der Schwangeren bestätigt hätte. Die Berliner Gewahrsamsordnung bestimmt allerdings, dass die „Beurteilung und Entscheidung über die Verwahr- und Reisefähigkeit“ der Abschiebehäftlinge ausschließlich dem polizeiärztlichen Dienst obliegt. Der Flüchtlingsrat sieht hierin einen Interessenkonflikt der für die medizinische Behandlung Inhaftierter ebenso wie den Vollzug von Abschiebungen verantwortlichen Polizeiärzte, der eine unabhängige medizinische Begutachtung unmöglich macht.
  • Beide Kinder haben deutsche Väter, so dass ab Geburt ein Rechtsanspruch auf Aufenthalt für die Mutter und das deutsche Kind besteht. Es erscheint unverständlich, ja zynisch, dass dennoch die Abschiebungen vollzogen wurden, obwohl in wenigen Monaten die Geburt stattfinden wird und die Mütter mit ihren Kindern dann ohnehin wieder einreisen dürfen.
  • Beide Frauen waren während ihrer Haft von ihren bereits hier lebenden Kindern getrennt, beide haben Kinder unter sieben Jahren. Die Weisung des Berliner Innensenators besagt, dass Mütter und alleinerziehende Väter mit Kindern vor Vollendung des 7. Lebensjahres nicht inhaftiert werden dürfen. Dies gilt allerdings nicht in Fällen, in denen sich die Betroffenen bereits mehrfach der Abschiebung entzogen haben. Beiden Frauen wird dies zwar vorgeworfen, trotzdem hätte nach Ansicht des Flüchtlingsrates aus humanitären Gründen eine Inhaftierung unterbleiben müssen. Im Falle von Frau N hat Innensenator Körting jedoch erklärt, „…muss ich Ihnen mitteilen, dass ich keine Veranlassung sehe, Frau N. aus dem Abschiebegewahrsam zu entlassen oder ihre geplante Abschiebung, die ohne ihre Kinder durchgeführt werden soll, auszusetzen.“
  • Das Berliner Abgeordnetenhaus hatte am 26.09.2002 vor dem Hintergrund der besonderen historischen Verantwortung aufgrund der Ermordung hunderttausender Roma während des Nationalsozialismus eine Initiative für eine humanitäre „Bleiberechtsregelung für Roma“ (Drs. 15/353) beschlossen. Im März 2003 hatte der Innensenator gegenüber Kirchen, dem Diakonischen Werk und dem Berliner Flüchtlingsrat zugesagt, vor dem Hintergrund dieser historischen Verantwortung eine Einzelfallprüfung durchzuführen und die Erteilung von Aufenthaltsgenehmigungen aus humanitären Gründen zu prüfen.
  • Beide Roma-Frauen lebten seit 1991 in Deutschland, haben hier Kinder und sollten nach Auffassung des Berliner Flüchtlingsrates bereits deshalb ein dauerhaft gesichertes Bleiberecht in Deutschland erhalten. Hinzu kommen vorliegend die durch die Inhaftierung und zwangsweise Abschiebung von den Berliner Behörden bewusst in Kauf genommene Gefährdung der Schwangerschaft sowie die Tatsache, dass in beiden Fällen die erwarteten Kinder Deutsche sind, weshalb ihre Mütter mit der Geburt ohnehin eine Aufenthaltsrecht in Deutschland haben. Beide Frauen waren in Berlin gut integriert, hatten soziale Bindungen, während dies in ihren Herkunftsländern – zumal für Roma – keineswegs der Fall ist.

Flüchtlingsrat Berlin
17.10.2003

 

Pressemitteilung vom 17.10.2003





Integrieren statt Ignorieren!

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Presseerklärung zum Weltkindertag am 20. September 2003

PRO ASYL und Flüchtlingsrat Berlin fordern die Bundesregierung auf, die Rechte der Flüchtlingskinder vorbehaltlos anzuerkennen.


Aus Anlass des Weltkindertages am 20. September 2003 fordern PRO ASYL und der Flüchtlingsrat Berlin die Bundesregierung erneut auf, die UN-Kinderrechtskonvention vorbehaltlos umzusetzen. Bereits zum Weltkindertag im Jahr 2000 reichte PRO ASYL eine Petition zur Rücknahme des deutschen Vorbehaltes zur UN-Kinderrechtskonvention und zur Umsetzung ihrer Bestimmungen im deutschen Ausländer- und Asylrecht ein, die im September 2001 im Petitionsausschuss in allen Punkten befürwortet und mit höchster Dringlichkeit zur Umsetzung an die Bundesregierung weitergeleitet wurde. Ungeachtet seiner Handlungs- und Umsetzungsverpflichtung schiebt aber der Bundesinnenminister die Verantwortung für den weiter bestehenden Vorbehalt den Bundesländern zu. Gleichzeitig setzt er auf europäischer Ebene die restriktiven deutschen Standards durch, die den Bestimmungen der UN-Kinderrechtskonvention diametral zuwiderlaufen, z.B. sieht die Aufnahmerichtlinie die „Asylmündigkeit“ von Kindern mit 16 Jahren vor.

PRO ASYL und der Flüchtlingsrat Berlin sehen die Bundesregierung in der Pflicht, dem Auftrag des Parlamentes nachzukommen. Die im Fall einer Rücknahme des Ausländervorbehaltes entstehende Anpassung an das innerstaatliche Recht berührt allein die ausschließliche oder konkurrierende Gesetzgebung des Bundes. Die Rot-Grüne Koalition kann hierbei auf die in der aktuellen Koalitionsvereinbarung festgehaltenen Willensbekundung zur Achtung der UN-Kinderrechtskonvention aufbauen.

In der Praxis führt die Aufrechterhaltung des Vorbehaltes dazu, dass internationale Standards für die Flüchtlingskinder immer noch nicht gelten. Sie werden mit 16 Jahren verfahrensmündig und unterliegen mit ihren Familien dem restriktiven Asylbewerberleistungsgesetz sowie einem faktischen Ausbildungs- und Arbeitsverbot. Sie können in Abschiebungshaft genommen und ohne Begleitung abgeschoben werden. In Berlin gab es z.B. in der Vergangenheit mehrere Fälle von Inhaftierungen minderjähriger Flüchtlinge, die kurz nach ihrer Einreise festgenommen und in Abschiebungsgewahrsam verbracht wurden. Die Aufrechterhaltung des genannten Vorbehaltes widerspricht grundlegend den Artikels 2 und 3 der UN-Kinderrechtskonvention , in denen ein Nichtdiskriminierungsgebot und der Vorrang des Kinderwohls festgelegt sind.

PRO ASYL und dem Flüchtlingsrat Berlin sind viele Beispiele von jungen Flüchtlingen bekannt, die als Kinder allein oder mit ihren Eltern fliehen mussten und seither in Deutschland nur geduldet werden. Nach erfolgreichem Abschluss der Schule stoßen sie an die engen Grenzen der ausländerrechtlichen Auflagen, die die Aufnahme einer Ausbildung oder eines Studiums erheblich erschweren.

Deshalb setzt sich sowohl auf Bundes- als auch auf Berliner Ebene ein breites Bündnis von Vertreter/innen der Kirchen, Wohlfahrtsverbände, Gewerkschaften sowie von Migranten- und Flüchtlingsorganisationen für eine großzügige Bleiberechtsregelung für Flüchtlinge mit langjährigem Aufenthalt ein. Mit der Annahme einer solchen Regelung würde von Seiten der Bundesregierung und der Länder der bereits vollzogenen Integration der Flüchtlingskinder und ihrer Familien eine rechtliche Entsprechung gegeben werden.

Für diese Forderung gilt der Leitsatz der diesjährigen Interkulturellen Woche: „INTEGRIEREN STATT IGNORIEREN !“

Heiko Kauffmann, PRO ASYL
Jens-Uwe Thomas, Flüchtlingsrat Berlin

Berlin, 18. September 2003





Die Menschenwürde ist verletzbar

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Presseerklärung zum bundesweiten Aktionstag gegen die Abschiebehaft am 30. August 2003


Aus Anlass des bundesweiten Aktionstages gegen die Abschiebehaft am 30. August 2003 stellen die Internationale Liga für Menschenrechte und der Flüchtlingsrat Berlin fest, dass die im Artikel 1 des Grundgesetzes postulierte Würde des Menschen für Flüchtlinge in unserem Land keine Wirkung entfaltet. Die Menschenwürde von Asylbewerbern, Kriegsflüchtlingen oder illegalisierten Menschen wird nach wie vor in unserem Land verletzt.

Die Abschiebehaft ist oft die letzte Station für Menschen ohne Papiere. Aus Sicht der Internationalen Liga für Menschenrechte und des Flüchtlingsrates Berlin stellt sie eine unverhältnismäßige Grundrechtseinschränkung dar. Die Betroffenen sitzen nicht wegen einer Straftat hinter Gittern, sondern lediglich zur „Sicherstellung der Abschiebung“. Beide Organisationen setzen sich daher langfristig für die Abschaffung der Abschiebehaft ein.

Die Inhaftierten geraten im Abschiebegewahrsam in eine psychisch stark belastende und oft auswegslose Lage. Die Hungerstreiks und die Zahl der Selbstverletzungen bzw. Suizidversuche im Berliner Abschiebegewahrsam Anfang diesen Jahres sind dafür ein erschreckender Beleg. Im Zusammenhang mit der Furcht vor der Abschiebung in eine ungewisse und als bedrohlich wahrgenommene Situation sind in den letzten 10 Jahren in Berlin acht Menschen zu Tode gekommen.

Die Internationale Liga für Menschenrechte und der Flüchtlingsrat Berlin erinnern an Cemal K. Altun, einen Asylbewerber aus der Türkei, der vor zwanzig Jahren dem großen psychischen Druck im Auslieferungsverfahren nicht mehr Stand halten konnte und sich mit einem Sprung aus dem Fenster des Verwaltungsgerichtes das Leben nahm. Sein Name steht für die 111 Menschen, die sich seit 1993 aus Angst vor der drohenden Abschiebung töteten oder bei dem Versuch starben, sich der Abschiebung zu entziehen. (Bundesdeutsche Flüchtlingspolitik und ihre tödlichen Folgen 1993 – 2002, Hrsg.: Antirassistische Initiative e.V., Yorckstrasse 59, 10965 Berlin, Januar 2003)

Seit der Grundgesetzänderung vor 10 Jahren, dem sogenannten Asylkompromiss, ist keine Wende in der Abschottungspolitik der Bundesregierung gegenüber den Menschen zu spüren, die aus unterschiedlichen Gründen bei uns Zuflucht suchen wollen. Im Gegenteil, mit den in Kraft gesetzten Anti-Terror-Paketen wurden die „Maschen im Grenzzaun“ noch enger geflochten.

Wer die menschenverachtenden Praktiken von Schleusern bekämpfen will, muss die Fluchtwege nach Europa offen halten, wer neue Maßstäbe bei der Integration von Migranten setzen will, darf nicht weiter eine ganze gesellschaftliche Gruppe einer diskriminierenden Gesetzgebung aussetzen.

Im Gedenken an Cemal K. Altun erklären wir, dass wir von der Bundesregierung ernsthafte Schritte erwarten, die Bausteine eines staatlichen Rassismus gegenüber Flüchtlingen und Migranten aus dem Weg zu räumen. Der viel beschworene Paradigmenwechsel in der Einwanderungspolitik bleibt ansonsten unglaubwürdig. Ein erster Schritt wäre die Umsetzung der bereits in der ersten Koalitionsvereinbarung der rot-grünen Bundesregierung zugesagten Überprüfung der Praxis der Abschiebehaft im Lichte der Verhältnismäßigkeit. So sollte bis zur Abschaffung der Abschiebehaft auf die Inhaftierung von besonders schutzbedürftigen Personen – wie Minderjährigen – verzichtet werden. In dieser Hinsicht sind die bisher auf Berliner Ebene erfolgten Veränderungen als unzureichend zu bezeichnen.

Am 30. August um 11 Uhr werden die Internationale Liga für Menschenrechte und der Flüchtlingsrat Berlin vor dem Denkmal in der Hardenbergstraße an Cemal K. Altun erinnern. Es sprechen:

  • RA Dr. Rolf Gössner, Präsident der Internationalen Liga für Menschenrechte und
  • Heiko Kauffmann, PRO ASYL

Die Internationale Liga für Menschenrechte und der Flüchtlingsrat Berlin unterstützen die weiteren am bundesweiten Aktionstag gegen die Abschiebehaft stattfindenden Veranstaltungen, die in Berlin u.a. von Seiten der Antirassistischen Initiative und der Initiative gegen Abschiebehaft organisiert werden. (12.00 – 13.00 Uhr Straßentheater/Aktionen zwischen Zoo und Breitscheidplatz, 13.30 Kundgebung auf dem Breitscheidplatz, 20.30 Uhr Filme gegen Abschiebung vor dem Gewahrsam in Berlin-Grünau).

Gemeinsam mit Asyl in der Kirche Berlin e.V. und PRO ASYL laden die Internationale Liga für Menschenrechte und der Flüchtlingsrat Berlin zu einer Veranstaltung am 31. August 2003 um 19.00 Uhr in die Heilig-Kreuz-Kirche (Zossener Strasse 65, U-Bhf. Hallesches Tor) ein: „Zuflucht gesucht – den Tod gefunden – Fragen an die deutsche Flüchtlingspolitik zum 20. Todestag von Cemal K. Altun“.

Flüchtlingsrat Berlin
Internationale Liga für Menschenrechte

Berlin, 28. August 2003





Berliner Bündnis für eine Bleiberechtsregelung

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Presseerklärung und Dokumentation „In Berlin nur geduldet – beispielhafte Fälle“


Pressekonferenz
Der Berliner Aufruf für eine großzügige Bleiberechtsregelung für Flüchtlinge wird
am 13. Mai 2003 um 10.00 Uhr
im Haus der Demokratie und Menschenrechte, Greifswalder Str. 4, Berlin-Prenzlauer Berg
anlässlich der bundesweiten Innenministerkonferenz am 14./15. Mai 2003 in Erfurt der Öffentlichkeit vorgestellt.
Betroffene Flüchtlinge berichten über ihre persönlichen Situation.

Pressemappe: beispielhafte Fälle

Infoveranstaltung
„Hier geblieben! Ein Recht auf Bleiberecht.“
am Freitag 16. Mai 2003 um 17.00 Uhr
in der Kreuzberger Passionskirche
Marheinekeplatz, 10961 Berlin, U-Bahn Gneisenaustrasse
Gemeinsam mit Flüchtlingen und politisch Verantwortlichen möchten wir ausloten, welche Möglichkeiten bestehen, um die Bleiberechtsregelung – auch unabhängig von der aktuellen Zuwanderungsgesetzgebung – umzusetzen.

Unterstützer
Im September letzten Jahres hat sich ein Berliner Bündnis von Kirchen, Wohlfahrtsverbünden, Menschenrechts- und Migrantenorganisationen für eine bundesweite Bleiberechtsregelung für Flüchtlinge gebildet. Auf Bundesebene werden die Forderungen von PRO ASYL, Kirchen, Verbünden und Initiativen unterstützt.
Rückmeldung von Unterstützern des Aufrufs bitte an buero@fluechtlingsrat-berlin.de

Der Aufruf
Berliner Bündnis für eine Bleiberechtsregelung

AUFRUF
für eine großzügige Bleiberechtsregelung für Flüchtlinge

Hier geblieben !
Ein Recht auf Bleiberecht.

Die ca. 230.000 MigrantInnen und Flüchtlinge, die bislang bundesweit eine Duldung besaßen, sind derzeit weitgehend rechtlos und leben Überwiegend unter erniedrigenden Bedingungen. Permanent von Abschiebung bedroht, verbringen viele hier dennoch eine lange Zeit, manchmal sogar den Großteil ihres Lebens. In Berlin betrifft dies etwa 23.000 Flüchtlinge, darunter 15.000 aus dem ehemaligen Jugoslawien – unter ihnen viele Roma –, sowie 3.500 palästinensische Flüchtlinge aus dem Libanon. Die meisten von ihnen leben hier schon seit fünf Jahren oder länger, ihre Kinder wurden hier geboren und besuchen die Schule. Das Recht auf Arbeit, Ausbildung und Wohnung wird ihnen unter Hinweis auf ihren Aufenthaltsstatus von den zuständigen Berliner Behörden jedoch meist verwehrt.

Im Hinblick auf die Dauer des Aufenthalts müssen die betroffenen Flüchtlinge endlich ein Bleiberecht erhalten, das ihren Aufenthalt langfristig absichert und ihnen eine gleichberechtigte Teilhabe an der Gesellschaft ermöglicht. Wer Integration als notwendigen und sinnvollen Bestandteil von Zuwanderungspolitik ansieht, muss zuallererst diejenigen, die bereits hier leben und Mitglieder dieser Gesellschaft sind, aus ihrem rechtlosen Status befreien und ihnen die Chance zu einem menschenwürdigen und gleichberechtigten Dasein eröffnen.

Eine Bleiberechtsregelung für die langjährig nur „geduldeten“ MigrantInnen und Flüchtlinge ist Teil einer ernstgemeinten Integrationspolitik. Die Potenziale dieser Menschen sollten endlich genutzt werden – im Interesse der Gesellschaft und der betroffenen Menschen.

Auf Berliner Ebene hat sich daher ein Bündnis von Wohlfahrtsverbänden, Kirchen, sowie Menschenrechts- und Migrantenorganisationen gebildet, um die von PRO ASYL auf Bundesebene initiierte Bleiberechtskampagne zu unterstützen.

Wer lange hier lebt, muss bleiben dürfen und hat ein Recht auf Integration. Wir fordern eine unbürokratische und großzügige Bleiberechtsregelung für bisher hier geduldete, asylsuchende und sonstige ausreisepflichtige MigrantInnen und Flüchtlinge:

  • für Alleinstehende, die seit 5 Jahren in Deutschland leben,
  • für Familien mit Kindern, die seit 3 Jahren in Deutschland leben,
  • für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge, die seit 2 Jahren in Deutschland leben,
  • für traumatisierte Flüchtlinge, und
  • für Opfer rassistischer Angriffe.

Der Senat von Berlin wird aufgefordert, die geltenden ausländerrechtlichen Bestimmungen großzügig umzusetzen und bis zur Verabschiedung einer bundesweiten Bleiberechtsregelung potentiell Betroffenen Abschiebungsschutz zu gewähren.

Für das Berliner Bündnis (aktualisiert, Stand: März 2004):

Afrikanische ökumenische Kirche e.V.
Alevitisches Gedächtnis e.V.
Al Karmel e.V.
Al NADI, Beratungsstelle für arabische Frauen
Al Taadamon e.V.
Anti-Diskriminierungsbüro (ADB) Berlin e.V.
Arabische Elternunion e.V.
Arbeiterwohlfahrt (AWO), Landesverband Berlin e.V.
Ausländerbeauftragter der Evangelischen Kirche in Berlin-Brandenburg
Asyl in der Kirche Berlin e.V.
Behandlungszentrum für Folteropfer
Bosnische Kultur- und Sportgemeinschaft „BEHAR e.V.“
Büro für medizinische Flüchtlingshilfe
Bund gegen ethnische Diskriminierung in der Bundesrepublik Deutschland e.V.
Club Dialog e.V.
Deutscher Gewerkschaftsbund (DGB), Bezirk Berlin-Brandenburg, Vorsitzender
Deutsches Rotes Kreuz Berlin (DRK), Landesverband Berlin e.V.
Diakonisches Werk Berlin-Brandenburg e.V.
Evangelische Kirche Neukölln, Interkultureller Arbeitskreis
Evangelischer Kirchenkreis Teltow-Zehlendorf
Evin e.V. / „Kulturinsel“
Fachverband Soziale Dienste für Junge Flüchtlinge Berlin-Brandenburg
Flüchtlingsrat Berlin e.V.
Gladt-Gays und Lesbians aus der Türkei
Humanistische Union e.V., Landesverband Berlin-Brandenburg
Indischer Frauenverein e.V.
Internationales Jugendwohnen (Berlin-Zehlendorf)
Jesuiten – Flüchtlingsdienst
Jüdischer Kulturverein Berlin e.V.
Kontakt- und Beratungsstelle für ausländische Flüchtlinge e.V.
Kurdische Demokratische Gemeinde zu Berlin-Brandenburg e.V.
Kurdischer Kultur- und Hilfsverein e.V.
Kurdisches Zentrum e.V.
Nigerian Community Berlin e.V.
Nike polnische Unternehmerinnen e.V.
OASE Pankow e.V.
Oromo Horn von Afrika Zentrum
Palästinensische Gemeinde Berlin-Brandenburg e.V.
Paritätischer Wohlfahrtsverband, Landesverband Berlin e.V.
Polonia e.V.
Polnischer Sozialrat e.V.
publicata e.V.
Republikanischer Anwältinnen- und Anwälteverein – RAV
Slovenija e.V.
Stiftung SPI, Projekt „Flucht nach vorn“
Südasien Forum e.V.
Süd-Ost-Europa Kultur e.V.
S.U.S.I. e.V., Interkulturelles Frauenzentrum
Türkischer Bund in Berlin-Brandenburg (TBB)
Tunesische Vereinigung e.V.
Verein der Eltern aus Kurdistan in Berlin e.V.
Verein Iranischer Flüchtlinge in Berlin e.V.
VIA e.V. – Verband für Interkulturelle Arbeit Berlin-Brandenburg
Vietnam Haus Berlin
WeGe ins Leben e.V.
Wohnen und Leben e.V.
XENION e.V.

In Berlin nur geduldet: beispielhafte Fälle
download Pressemappe, 12 Seiten, 20 KB pdf

Hier geblieben! Recht auf Bleiberecht.
Fakten, Hintergründe, Forderungen.
Broschüre zur Kampagne, Hrsg. PRO ASYL
download Broschüre, 36 Seiten, 170 KB pdf





Kirchenasyl in Brandenburg

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Das erste Mal wird in Brandenburg versucht, einem Kirchenasyl gewaltsam ein Ende zu setzen.
Presseerklärung vom 9. Januar 2003


Die Flüchtlingsräte der Länder Brandenburg und Berlin verurteilen den Polizeieinsatz im Pfarrhaus und in den Privaträumen des Pfarrers in Schwante auf das Schärfste! Wir erklären unsere Solidarität mit der Kirchengemeinde Schwante und drücken unsere Achtung aus, dass die Gemeinde an ihrem Beschluss festhält, weiterhin Kirchenasyl für Herrn Ha und seinen Sohn zu gewähren!

In Brandenburg geschah es zum ersten Mal, dass ein Kirchenasyl gewaltsam beendet werden sollte; bislang waren kirchliche Räume für die Polizei tabu, aber der Oranienburger Landrat Karl-Heinz Schröter will offensichtlich besondere Härte zeigen. Das ganze ist skandalös, auch weil das Land gerade wieder durch fremdenfeindliche Übergriffe von sich reden macht.

Die Brechung des Kirchenasyls in Schwante ist auch Ausdruck fortgesetzter Versuche der Behörden, das Engagement der im Bündnis „Asyl in der Kirche“ zusammengeschlossenen Pfarrerinnen und Pfarrer zu kriminalisieren. Hierbei sei an das Vorgehen der Berliner Innenverwaltung Mitte der 90er Jahre erinnert (damals noch unter Innensenator Schönbohm!),“strafrechtliche Ermittlungen“ gegen die Pfarrer und Gemeindemitglieder einzuleiten, die Kirchenasyl in einer Gemeinde in Treptow gewährten.

Nach langen Jahren der Eingewöhnung und Integration sollen der Vietnamese Xuan Khan Ha und sein fünfjähriger Sohn endgültig in ihre Heimat abgeschoben werden. Aufgrund seines anhaltenden exilpolitischen Engagements – Herr Ha ist Mitglied in zwei oppositionellen Gruppen – ist es aber nach wie vor nicht ausgeschlossen, dass ihm in Vietnam Gefahren für Leib und Leben drohen. Es ist davon auszugehen, dass regimekritische Aktivitäten im Ausland von Mitarbeitern der vietnamesischen Botschaften überwacht werden.

Die seit mehreren Monaten andauernden Versuche der Abschiebung von Herrn Ha – skandalöserweise auch ohne seinen Sohn – sind daher unzumutbar und unseres Erachtens menschenrechtlich nicht vertretbar. Das Kirchenasyl war hier demnach die letzte Chance, für einen Appell an die Verantwortlichen, diesen formalrechtlichen Akt ohne Rücksicht auf die ihm innewohnende humanitäre Härte noch einmal zu überdenken.

Wir fordern das Landratsamt auf, zivilgesellschaftliches Engagement für die Rechte und zum Schutz der Flüchtlinge zu fördern und zu unterstützen anstatt es zu unterdrücken, denn hier entsteht der Eindruck, dass es offensichtlich unerwünscht ist.

An diesem Fall wird wieder einmal deutlich, dass Bleiberechts- und Härtefallregelungen insbesondere für langjährig hier lebende Flüchtlinge ohne gesichertes Aufenthaltsrecht dringend erforderlich sind!

gez. Vera Everhartz für den FR Brandenburg
gez. Jens-Uwe Thomas für den FR Berlin





Die Roma-Protestkarawane für ein Bleiberecht in Düsseldorf

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Der Kampf für Bleiberecht geht weiter


Diese Infoseiten wurden vom Flüchtlingsrat Berlin erstellt.
e-mail: buero@fluechtlingsrat-berlin.de
Aktualisierungshinweise und Korrekturen bitte an: georg.classen@berlin.de
zuletzt aktualisiert: 20.12.2002

Aktuelles vom Roma-Protestcamp Düsseldorf

Das Protestcamp

Am 20.06.02 ist die Protestkarawane der jugoslawischen Roma-Flüchtlinge in Düsseldorf angekommen. Die Roma sind bereits seit Ende April 2002 unterwegs und hatten zuvor in Essen, Gelsenkirchen, Hamburg, Bremerhaven, Berlin, Hannover, Münster und Köln demonstriert. Genau sechs Monate lang haben sie in einem Protestcamp an verschiedenen Orten in Düsseldorf – u.a. auf den Rheinwiesen – gelebt und zahlreiche Protestaktionen und Demontrationen durchgeführt.

Bilder und Berichte vom Protestcamp, aktuelle Infos zu Aktionen gegen Abschiebungen von Roma

Beendigung des Düsseldorfer Roma-Camps – Kampf für Bleiberecht geht weiter

20.12.2002

Zur Beendigung des Düsseldorfer Roma-Camps und zu weiteren Aktionen erklärt Erika Bosch für den Kreis der Unterstützerinnen und Unterstützer:

Mit dem Ende des Camps ist keinesfalls ein Ende unserer Unterstützung der Roma verbunden. Wir werden weiterhin für ein Bleiberecht kämpfen und mit den Roma gemeinsam neue Aktionsformen entwickeln.

Aktuell erinnern wir daran, dass PolitikerInnen der GRÜNEN versprochen hatten, NOCH IM DEZEMBER nach Jugoslawien zu reisen, die dortige Situation mit dem Lagebericht des Auswärtigen Amtes abzugleichen und sich für eine entsprechende Anpassung des Berichts – auf dessen Grundlage Abschiebungen durchaus ausgesetzt werden könnten – einzusetzen. Wir werden genauestens beobachten, ob diese Versprechungen eingehalten werden.

Für das Frühjahr war zudem seitens der GRÜNEN verbindlich und seitens der SPD vage die Unterstützung einer Konferenz zur Lage der Roma ausgesprochen worden. Diese Konferenz soll in Düsseldorf stattfinden, und wir werden mit unserem Teil der Vorbereitungen beginnen.

Wir sind froh darüber, dass durch die Initiativen von politischen und humanitären UnterstützerInnen des Kampfs um das Bleiberecht eine Lösung gefunden wurde, die es den seit über acht Monaten demonstrierenden Roma ermöglicht, neue Kraft zu schöpfen, sich zu erholen und weitere Aktionen zu planen.

Mit freundlichen Grüßen
Erika Bosch für: „Menschen für den Frieden“
Tel.: 0211-234908, Fax: 0211-2304661
www.antikriegsbuendnis-duesseldorf.de

Presseberichterstattung

Das Presseecho in Düsseldorf war zunächst eher dürftig. Vor allem über die politischen Forderungen der Roma (s.u.) wurde kaum berichtet. Problematisch ist zudem die Rolle der evangelischen Landeskirche, deren – auch in der Härtefallkomission NRW sitzender – Ausländerbeauftragter Gutheil den Roma erklärt haben soll, ihre Proteste seien sinnlos und eine Rückkehr nach Jugoslawien einschließlich Kosovo problemlos möglich und zumutbar.

Seit Anfang Juli machten Stadt und zunächts auch die örtliche Presse massiv Druck, dass die Roma verschwinden sollten. Die Rheinische Post heizte in unverantwortlicher Weise die Stimmung weiter an und fordert, dass die Roma verschwinden sollen. Sie berichtet weder über die Probleme und Forderungen der Roma, noch dass sie unstrittig den Standort Staufenplatz räumen wollten, da auf diesem Platz ein Zirkus seine Zelte aufbaut, und fordert am 11.07.: „Roma müssen bis Montag weg„, und zwar weg nicht nur vom Staufenplatz, weg auch aus Düsseldorf, und weg aus Deutschland… Vgl dazu die Stellungnahme des AK Asyl NRW vom 11.07.02 (pdf) und einen nicht abgedruckten Leserbrief dazu. Nachdem alle Informationen darauf hindeuteten, dass die Stadtverwaltung (OB Joachim Erwin gegenüber der Pesse: „Wir haben die nicht gerufen!“) am 12.07. den Platz geräumt hätte, meldeten die Roma das Protestcamp als „Dauerdemonstration“ bei der Polizei an.

Die Roma haben dann am 15.07. einen Platz in Düsseldorf-Flingern bezogen, vgl. dazu die Presseerklärung der Roma vom 13.07.02. Für die Rheinische Post schien die Zeit gekommen, nach dem rechten Pöbel zu rufen: „Der Rhein kann diesmal nicht helfen…“. Der meldete sich prompt mit anonymen Flugblättern zu Wort. Vgl. dazu einen weiteren nicht abgedruckten Leserbrief an die Rheinische Post. Wenn Düsseldorfs Lokalchef der Rheinischen Post am 26.7. erklärte „zu verstehen sind die Leute…“ dann meinte er nicht die Roma. Er redete vom rechten Mob, denn er sich angesichts von „Hilflosigkeit bei den Behörden“ herbeiwünscht: „Da braut sich was zusammen…“. Am 12.08. sollte das Camp wieder zum Staufenplatz umziehen, den die Stadt jedoch kurzerhand in eine Baustelle verwandeln ließ. Darauf verlegten die Roma ihr Camp am 12.08. (vgl. Bericht in der Rheinischen Post) auf die Oberkasseler Rheinwiesen, gegenüber der Düsseldorfer Altstadt. Die Demonstration befand sich damit an gut sichtbarer Stelle in der Stadt ….“Wie ist es am Rhein so schön“ kommentiert die Rheinische Post am 13.08.

CDU-Oberbürgermeister Joachim Erwin geriet wegen seines Umgangs mit den Roma-Flüchtlingen immer stärker in die öffentliche Kritik. Die Frankfurter Rundschau und die taz berichteten. Und auch die Rheinische Post vom 12.08. begann, das Verhalten der Stadt zu kritisieren. Bei einer Roma-Kundgebung vor dem Rathaus am 12.08. ging Erwin voll auf Abwehr. Spöttisch kommentiert die Rheinische Post vom 13.08. seine Maßnahmen: „Erwin zeigte sich nicht. Stattdessen waren – zufällig – zwei Hebebühnen des Grünflächenamtes aufgefahren, um die Blumenkästen am Gebäude zu pflegen. Vor dem Eingang des Rathauses waren demonstrativ zwei Wagen des Ordnungsamtes aufgefahren, Mitarbeiter samt zwei Schäferhunden sicherten den Haupteingang.“

Nachem auch die Rheinwiesen für einen Zirkus benötigt wurden, mussten die Roma erneut umziehen und befinden sich inzwischen auf dem Parkplatz des Freibades in Düsseldorf-Lörick. Angesichts der zunehmenden Kälte scheint fraglich, wie lange sich die Protestaktion noch durchhalten lässt.

Unterstützer melden sich zu Wort

Der Flüchtlingsrat NRW, der AK Asyl NRW und PRO ASYL unterstützen die Protestaktion an durch Öffentlichkeitsarbeit und praktische Solidarität vor Ort, vgl. gemeinsame Presseerklärung vom 10.07.02. Unterstützer können sich jederzeit am Camp informieren, oder beim Flüchtlingsrat NRW bzw. beim AK Asyl NRW fragen was konkret getan werden kann. Sie können Protestmails senden, Spenden überweisen (s.u.) oder vor Ort vorbeibringen, und den Aufruf: Wir fordern ein humanitäres Bleiberecht für Roma unterzeichnen.

Solidaritätsaktionen

Das Obdachlosenmagazin fifty-fifty organisierte gemeinsam mit dem Roma und weiteren Unterstützergruppen einen Solidaritätsabend. Kirchenleute, Politiker, Friedensbewegte und Prominente zeigten im Roma-Camp ihre Solidarität. Siehe dazu auch Bericht zum Solidaritätsabend am 25.07.07 „Wir können das Europa der Zukunft hier beginnen“.

Wir die Frankfurter Rundschau am 05.08.02 berichtet, wurde am 03.08.02 bei einer 24-stündigen Performance anlässlich der Documenta in Kassel das Recht auf freie Wahl von Wohnsitz und Bewegung sowie die Abschaffung der Residenzpflicht gefordert. Vor allem sollte auf das Schicksal von derzeit in Deutschland lebenden, von Abschiebung bedrohten Roma-Familien aus Ex-Jugoslawien aufmerksam gemacht werden.

Abschiebungen

Trotz der seit April andauernden Proteste werden seit Ende Juli laufend weitere Roma-Familien aus NRW nach Serbien abgeschoben. Einige der Roma besaßen noch gültige Duldungen. Nicht einmal die geltenden rechtlichen Bestimmungen wurden respektiert, so die Junge Welt vom 05.08.02. Mitte September 2002 unterzeichneten die Innenminister der BRD und Jugoslawien ein neues Rückübernahmeabkommen zur beschleunigten Abschiebung von Flüchtlingen. Mindestens 4 Chartermaschinen im Monat starten als reine Abschiebefluege vom Flughafen Düsseldorf nach Belgrad und nach Pristina.

Aufruf: „Wir fordern ein humanitäres Bleiberecht für Roma“

Düsseldorf/Essen, 19. Juli 2002

Der Arbeitskreis Asyl NRW und der Flüchtlingsrat NRW haben den Aufruf „Wir fordern ein humanitäres Bleiberecht für Roma“ verfasst. Wir möchten ein breites Bündnis von Einzelpersönlichkeiten und Organisationen als Unterzeichner/innen gewinnen. Wir wären Ihnen deshalb sehr dankbar, wenn Sie möglichst bis 31.07.02 die Unterzeichnung des Aufrufs durch Ihre Organisation oder Einzelperson per E-Mail: geschaeftsstelle@fluechtlingsrat-nrw.de oder Fax: 0201/8990815 mitteilen könnten.

Der Aufruf soll – auch wegen der „Stimmungsmache“ einiger lokaler Medien und Politiker gegen die Roma – auch als Anzeige in der lokalen Presse geschaltet werden. Wenn Sie uns für diese Anzeige(n) als Organisation mindestens 100 Euro und als Einzelperson mindestens 20 Euro überweisen, wären die Voraussetzungen auch für eine Veröffentlichung geschaffen. Überweisungen bitte an Flüchtlingsrat NRW, Bank für Sozialwirtschaft Köln, Konto-Nr. 8054100, BLZ 37020500, Stichwort „ROMA“.

Irene Dulz, Flüchtlingsrat NRW
Heiko Kauffmann, Vorstandsmitglied PRO ASYL
Isabel Basterra, AK Asyl NRW

__________________________________________________________

Arbeitskreis Asyl Nordrhein-Westfalen e.V.
Ernst-Abbe-Weg 50 – 40589 Düsseldorf
Telefon: (0211) 77 93 607,Fax: (0211) 77 93 608
E-Mail: vorstand@ak-asyl-nrw.de

Flüchtlingsrat NRW
Bullmannaue 11, 45327 Essen
Tel.: 0201/89908-0, Fax: 0201/89908-15
E-Mail: geschaeftsstelle@fluechtlingsrat-nrw.de
Homepage: www.fluechtlingsrat-nrw.de
Aufruf
(download als pdf)

Das Herumschubsen und Herausdrängen von Minderheiten muss ein Ende haben!

Wir fordern ein humanitäres Bleiberecht für Roma
Ja zur Integration = Nein zu Abschiebungen

Seit dem 27.4.2002 protestieren etwa 500 Roma, um die Öffentlichkeit und die Politik auf ihre bedrängte Lage aufmerksam zu machen. Inzwischen ist der Demonstrationszug nach Bremerhaven, Berlin, Hannover, Bielefeld, Münster, Dortmund, Wuppertal, Köln in Düsseldorf angelangt.

Sie wehren sich gegen die drohende Abschiebung in das ehemalige Jugoslawien, welche die Innenministerkonferenz am 6. Juni 2002 in Bremerhaven für dieses Jahr angekündigt hat. Dieser Beschluss wird der tatsächlichen Lage der Roma insbesondere in Serbien, Montenegro und dem Kosovo in keiner Weise gerecht: Denn ein Großteil von ihnen lebt dort unverschuldet unter erbärmlichen Umständen unterhalb eines menschenwürdigen Niveaus. Die Berichte internationaler Organisationen wie UNHCR, UNMIK und von Menschenrechts- und Flüchtlingsorganisationen stimmen darin überein, dass Angehörige von Minderheiten dort keinen adäquaten Zugang zu Gesundheitsversorgung, Bildung, Arbeit und Eigentum haben, zum Teil in militärisch geschützten Enklaven leben müssen und immer noch Opfer von Gewalttaten und Diskriminierungen werden.

Trotz langjährigen, teils über zehnjährigen Aufenthalts mit ihren Familien in Deutschland haben die Roma nur Bescheinigungen über ihre Duldung, womit ihnen faktisch eine geregelte Arbeitsaufnahme und die Erfüllung der Bedingungen bisheriger Altfallregelungen verwehrt wurde.

Die Roma-Familien haben hier dennoch ihre Heimat gefunden. Kinder und Jugendliche, viele von ihnen in Deutschland geboren, fühlen sich hier zu Hause und haben eine schulische und berufliche Ausbildung begonnen oder abgeschlossen. Eine Abschiebung dieser Menschen würde bedeuten, sie in eine Situation absoluter Perspektivlosigkeit zurückzustoßen.

Wir fordern deshalb von der Bundesregierung, den Innenministern von Bund und Ländern und allen verantwortlichen Politikern dieses Landes

  • sich für einen sofortigen Abschiebestopp für Roma und andere Minderheitenangehörige aus dem ehemaligen Jugoslawien einzusetzen,
  • die berechtigten Anliegen und Sorgen der Roma ernst zu nehmen und nicht zuzulassen, dass durch Abschiebungen vor Inkrafttreten des Zuwanderungsgesetzes mögliche positive Lösungen versperrt werden,
  • für eine wirksame Altfallregelung einzutreten, die den Betroffenen eine sinnvolle Lebensperspektive gibt.
  • sich entschieden gegen rassistische Einstellungen und Vorurteile einzusetzen, wie sie im Zusammenhang mit dem Roma-Protest in Düsseldorf von einem Teil der Medien und aus der Politik mobilisiert werden,
  • angesichts der Vernichtung von mehr als 500.000 Roma in der Zeit des deutschen Faschismus die besondere historische Verantwortung Deutschlands gegenüber diesem Volk und ihren Nachkommen wahrzunehmen.

Die Politik und alle Parteien sprechen von „Integration“ und einem „weltoffenen Deutschland“!

Die Politik muss jetzt Farbe bekennen:
Im Umgang mit den hier lebenden Minderheiten wie den Roma zeigt sich, wer es wie ernst mit Menschenrechten und Integration meint.

Liste der Unterzeichner

Kontakt für weitere Unterzeichner
PRO ASYL und NRW-Flüchtlingsorganisationen fordern Abschiebestopp

– gemeinsame Presseerklärung vom 10.07.2002 zur Roma-Karawane für ein Bleiberecht –

 

PRO ASYL und NRW-Flüchtlingsorganisationen fordern Signal für Zivilcourage und Solidarität

– Menschenrechtler üben scharfe Kritik an Stadt und Oberbürgermeister –

In einem „Offenen Brief“ vom 09.08.2002 an die Unternehmen und Institutionen „der weltoffenen und toleranten Landeshauptstadt Düsseldorf“ haben Flüchtlingsinitiativen, Menschenrechtsorganisationen und die ROMA-Union e. V. Essen/NRW um Unterstützung und humanitäre Hilfe für die in dem Zeltlager auf dem Düsseldorfer Schützenplatz für ihr Bleiberecht demonstrierende ROMA gebeten.

aktuelle Infoseite „aktion roma“

Protestmailing und Faxaktion „Roma bleiben hier“

  • Aufruf vom Dezember 2002 (Antirassistische Initiative e.V. Berlin; Internationale Liga für Menschenrechte, Berlin; Kein Mensch ist illegal, Berlin; Komitee für Grundrechte und Demokratie, Köln)

Unterschriftenlisten

Die Forderungen der Roma

C.I.A.E.Roma-Union e.V. Essen / NRW
Centre of Integration, Affirmation and Emanzipation of the Roma in Germany
Sprecher: Dzoni Sichelschmidt
Wissenschaftliche Beratung: Angela Sichelschmidt
Uhlstr.64, 50321 Brühl
Tel. 02232-411606, mobil: 0178-2836880
e-Mail: Dsichelschmidt@t-online.de

Sehr verehrte Damen und Herren, die Roma in Deutschland fordern:

  1. Sofortiger Abschiebestopp!
    2. Alle Roma, die fünf Jahre in Deutschland sind, sollten ein dauerhaftes Bleiberecht erhalten. Die anderen eine dreijährige Chance, um sich produktiv für die deutsche Gesellschaft einzusetzen (unsere Organisation würde für die Realisierung zur Verfügung stehen).
    3. Die Roma sollen an allen Entscheidungen, die in ihr Leben eingreifen, beteiligt werden.
    4. Die Rechte der Roma sollen auch dahingehend gelten, dass ihre Kinder eine Schulausbildung erhalten können.
    5. Hilfe beim Aufbau von Einrichtungen im Bereich der Kultur, der Sprache, Folklore sowie Sitten und Bräuchen der Roma.
    Wir bitten um Ihr Verständnis und um Ihre Hilfe!

Mit Dank für Ihre Kenntnisnahme

C.I.A.E.Roma-Union e.V. Essen / NRW
Centre of Integration, Affirmation and Emanzipation of the Roma in Germany
Erster Vorsitzender: Berati Metus, Döppelhahn 3, D-45276 Essen
Tel. 0201 5922113 , mobil: 160-3031226 e-Mail: Romanochavo@gmx.de

Zu den Gründen der Protestaktion

C.I.A.E.Roma-Union e.V.: Brief an die Bürgerinnen und Bürger der Stadt Duesseldorf
Brief an die Bürgerinnen und Bürger der Stadt Duesseldorf (pdf)

Die alten Vorurteile – Interview mit Dzoni Sichelschmidt

FLÜCHTLINGSRAT BERLIN
Menschenrechte kennen keine Grenzen
Georgenkirchstr 69-70, D 10249 Berlin
Telefon: ++49-30-24344-5762, Fax: ++49-30-24344-5763
buero@fluechtlingsrat-berlin.de
http://www.fluechtlingsrat-berlin.de

Presseerklärung vom 09.06.2002

ROMA DEMONSTRIEREN GEGEN DROHENDE ABSCHIEBUNG NACH JUGOSLAWIEN

Nach 42 Tagen des Protest in Essen, Gelsenkirchen, Hamburg und zuletzt bei der Innenministerkonferenz in Bremerhaven sind am Donnerstag 06.06.02 abends etwa 650 gegen ihre drohende Abschiebung nach Jugoslawien protestierende Roma in Berlin eingetroffen. Die Roma stammen aus verschiedenen Teilen des ehemaligen Jugoslawiens, vor allem aus Serbien, und protestieren gegen die aktuell laufenden Verhandlungen zwischen der deutschen Bundesregierung und der BR Jugoslawien über ihre „Rückübernahme“ (sprich Abschiebung). Sie fordern ein gesichertes Aufenthaltsrecht in Deutschland.

Die Roma sind überwiegend in verschiedenen Städten in NRW behördlich registriert und besitzen trotz teils über 10 jährigem Aufenthalt mit ihren Familien in Deutschland nur Bescheinigungen über ihre „Duldung“. Ein Bleiberecht erhielten sie trotz des langjährigen Aufenthalts nicht, weil sie mit einer „Duldung“ kein Arbeitgeber einstellen wollte, oder weil für sie – ebenso wie die jugoslawischen Flüchtlinge in Berlin – mit Hilfe der „Arbeitsmarktprüfung“ ein behördliches Arbeitsverbot verfügt wurde. Die Anforderungen der „Altfallregelung“ können sie deshalb nicht erfüllen.

Die Innenministerkonferenz am 06.06.2002 in Bremerhaven hatte Abschiebungen von Roma auch in den Kosovo „noch in diesem Jahr“ angekündigt und ein dauerhaftes Bleiberecht – egal wie lange die betroffenen Roma in Deutschland leben – ausgeschlossen.

Der Flüchtlingsrat fordert aus Anlass der aktuellen Roma-Proteste Senat und Bundesregierung erneut auf, endlich eine wirksame Altfallregelung zu treffen, die geeignet ist, den Betroffenen eine Lebensperspektive zu geben:

Seit mehr als fünf Jahren in Deutschland geduldete Flüchtlinge müssen regelmäßig ein Bleiberecht aus humanitären Gründen erhalten. Für besonderes bedürftige Gruppen wie Familien mit Kindern, alleinstehende Jugendliche, alte Menschen, Kranke und Behinderte, Angehörige von Minderheiten etc. müssen drei Jahre Aufenthalt reichen. Den Betroffenen muss ein großzügiger Zeitraum zur Arbeitssuche und eine Arbeitsgenehmigung für Tätigkeiten jeder Art gewährt werden, auch selbständige Erwerbstätigkeit ist zuzulassen. Soweit die Finanzierung des Lebensunterhaltes aus Erwerbstätigkeit Bedingung ist, sind faire Ausnahmen für Familien mit Kindern, Alleinerziehende, Alte und Erwerbsunfähige sowie Auszubildende vorzusehen. Der Flüchtlingsrat unterstützt die Forderung der Bundeskonferenz der Ausländerbeauftragten vom 29. Mai 2002 für eine klare und bundeseinheitliche Altfallregelung mit Inkraftreten des Zuwanderungsgesetzes.

Die Roma bemühen sich am Montag 10.06. um Gespräche mit Bundespolitikern in Berlin. Voraussichtlich am Dienstag abend wollen die Roma weiterfahren und ihren Protest in Hannover, Münster, im Ruhrgebiet und im Rheinland, in Frankfurt, in Süddeutschland und schließlich in Straßburg an die Öffentlichkeit tragen.

 

Spendenaufruf für die von Abschiebung bedrohten Roma in Düsseldorf

Düsseldorfer Appell
c/o Jugendring Düsseldorf
Lacombletstrasse 10, 40239 Düsseldorf
Fon 0211/99 20 000, Fax 0211/99 20 008
volker.neupert@jugendring-duesseldorf.de

Düsseldorf, den 26.06.2002

Liebe Freundinnen und Freunde,

seit Freitag letzter Woche haben 700 Roma, darunter 170 Kinder, in Düsseldorf ihre Zelte aufgeschlagen. Nach Essen, Hamburg und Berlin ist Düsseldorf eine der Stationen eines Protestzuges, auf dem die Roma gegen ihre Abschiebung ins ehemalige Jugoslawien demonstrieren wollen. Obwohl teilweise schon seit über 10 Jahren in Deutschland lebend, konnten sie bisher kein Bleiberecht erreichen, sondern erhielten nur eine ‚Duldung‘. Da die Roma aufgrund der Arbeitsmarktlage keine Arbeitserlaubnis als Voraussetzung für ein Bleiberecht erhalten konnten, fordern sie eine wirksame Altfallregelung, um ihnen eine Lebensperspektive zu eröffnen.

Die Roma sind am Ende ihrer Kräfte. Sie brauchen dringend Lebensmittel, Hygieneartikel und andere Dinge des täglichen Lebens, um einigermaßen über die Runden zu kommen.

Unsere Bitte ist nun an euch, die Roma in ihrem berechtigten Anliegen materiell zu unterstützen:

    • Die Romafamilien freuen sich, wenn der hilfsbereite Bürger direkt vor Ort Lebensmittel oder anderes vorbeibringt.
    • Ist dies aus zeitlichen Gründen nicht möglich, sind auch Geldspenden sehr willkommen und bitter nötig.

Der Sprecher der Roma Dzoni Sichelschmidt hat daher unter seinem Namen ein Konto für die Romafamilien eingerichtet:
Stadtsparkasse Düsseldorf, Kto. 14289490, BLZ 30050110, Verwendungszweck: C.I.A.E. Roma Union.

Wir bedanken uns schon jetzt sehr im voraus!

 

BRD und BR Jugoslawien vereinbaren beschleunigte Abschiebung

Presseerklärung des Flüchtlingsrats Berlin vom 16.09.2002

– Innenminister der BRD und der BR Jugoslawien vereinbaren beschleunigte Abschiebung jugoslawischer Flüchtlinge – Protestdemonstration von Roma-Flüchtlingen vor dem Bundesinnenministerium – Flüchtlingsrat fordert großzügige Bleiberechtsregelung –
Ein gegenüber dem 1996 mit Milosevic vereinbartem deutsch-jugoslawischen Rückübernahmeabkommen offenbar erheblich verschärftes neues Abschiebeabkommen (download Wortlaut des Abkommens vom 16.09.02) mit „modernen Rückübernahmestandards“, die „die Rückführung erheblich beschleunigen“ und „die Arbeit der Ausländerbehörden deutlich erleichtern“ sollen, haben heute Innenminister Schily und der jugoslawische Innenminister Zivkovic in Berlin unterzeichnet (vgl. Presseerklärung Schilys vom 16.09.02).

Der Konvoi des jugoslawischen Innenministers Zivkovic traf um 10 Uhr am Bundesinnenministerium ein, wo er von 200 gegen ihre drohende Abschiebung protestierenden Roma bereits erwartet wurde. Die Roma waren mit Bussen aus Düsseldorf angereist, wo sie bereits seit Monaten gegen ihre drohende Abschiebung protestieren (siehe dazu auch die Infos unter http://www.krit.de/roma und Roma Protestkarawane für Bleiberecht in Düsseldorf ).

PRO ASYL, die Flüchtlingsräte Berlin und NRW und zahlreiche Prominente unterstützen die Protestaktion – vgl. auch Presseerklärung PRO ASYL v. 16.08.02 . Die Roma, die teilweise schon seit über 10 Jahren in Deutschland leben, waren wie andere Flüchtlinge aus dem ehemaligen Jugoslawien von allen bisherigen Bleiberechtsregelungen ausgeschlossen worden. Ein Bleiberecht erhielt nur, wer ein mehrjähriges Arbeitsverhältnis nachweisen konnte, was in vielen Regionen angesichts von den Behörden pauschal verweigerter Arbeitserlaubnisse nicht möglich war.

Von den 233.000 in Deutschland mit einer „Duldung“ lebenden Ausländern kommen allein 103.000 aus Serbien, Montenegro und dem Kosovo, etwa 70 – 80.000 davon dürften Roma sein. Die Mehrzahl dieser Flüchtlinge lebt seit mehr als 8 Jahren in Deutschland, viele schon über 10 Jahre (genaue Zahlen siehe Antwort der Bundesregierung zur Umsetzung der so genannten Altfallregelungen für Flüchtlinge 1999 und 2001 in den Bundesländern, Bundestagsdrucksache 14/9916 – dabei ist zu beachten, dass zu den noch nicht so lange hier lebenden auch hier geborene Kinder entsprechenden Alters zählen).

Angesichts dessen, dass das Abkommen vor allem die Abschiebung von Roma zum Inhalt hat, die bereits langjährig als Kriegsflüchtlinge in Deutschland leben, und dass in Jugoslawien die rassistische Unterdrückung und Ausgrenzung der Roma anhält, es für Roma nach wie vor faktisch keine soziale Existenzmöglichkeit gibt, Zugang zu Wohnung, Arbeit, Bildung und Rechtsschutz fehlt bzw. verweigert wird, grenzt es an Volksverhetzung, wenn Bundesinnenminister Schily die von dem Abkommen Betroffenen lediglich als „illegale Migranten aus der Balkanregion“ definiert.

Nicht zuletzt die angesichts von mehr als 500.000 von den Nazis in Deutschland und Osteuropa ermordeter Roma und Sinti besondere historische Verantwortung Deutschlands gegenüber den Roma gebietet es, nicht die Abschiebung zu bescheunigen, sondern stattdessen endlich eine großzügige und wirksame Bleiberechtsregelung zu schaffen, die anstelle von nur für wenige Wochen geltenden Duldungsbescheinigungen einen dauerhaft sicheren Aufenthaltstitel und auch das Recht beinhaltet, eine Wohnung zu beziehen, eine Arbeit oder Ausbildung aufzunehmen sowie Integrationsleistungen wie Ausbildungs-, Sprach- und Arbeitsförderung, Kinder- und Erziehungsgeld zu erhalten.

Zur Notwendigkeit einer großzügigen Bleiberechtsregelung und zu den Hintergründen der seit Monaten andauernden Proteste der aus Jugoslawien stammenden Roma-Flüchtlinge siehe auch die Presseerklärungen und die weiteren links und Infos des Flüchtlingsrats Berlin unter Roma protestieren gegen drohende Abschiebung nach Jugoslawien.

Flüchtlingsrat Berlin
www.fluechtlingsrat-berlin.de
Berlin, 16.09.2002

Abschiebefluege BR Jugoslawien

Am 19./20.06.2001 wurde zwischen der BRD und der BRJ vereinbart, ab sofort das 1996 vereinbarte und seit 1998 ausgesetzte Rückübernahmeabkommen wieder anzuwenden. Am 16.09.02 wurde ein neues Rückübernahmeabkommen unterzeichnet, wonach ab 01.11.2002 Abschiebungen nach einem vereinfachten Verfahren möglich sind.
Vgl. dazu (und zur Lage der Roma) auch den Lagebericht Auswärtiges Amt vom 06.02.2002, Seite 18 ff., der einigen Flüchtlingsräten vorliegen dürfte, sowie das Protokoll vom 21.06.01 zur Aktualisierung der Rückübernahmevereinbarung BRD-BRJ (pdf).

  • Derzeit geht ca. alle 14 Tage mittwochs gegen 15 Uhr ab Düsseldorf ein JAT-Abschiebecharter nach Belgrad (ca. 100 Abzuschiebende, jugoslawisches Sicherheitspersonal an Bord), zuletzt am 20.11.02.
  • Ebenfalls – schon seit 2000 – alle 14 Tage donnerstags geht ein Abschiebecharter von Düsseldorf nach Pristina, zuletzt am 21.11.02. Weitere Abschiebecharter nach Pristina gehen unregelmäßig ab Düsseldorf (u.a. am 28.10.02 ein vom BGS organisierter Charter), Berlin-Schönefeld, München, Hahn (Hunsrück) sowie ab Söllingen bei Baden-Baden, darunter auch vom BGS bundesweit kordiniderte Charter

An den Abschiebeflügen aus Düsseldorf und von den anderen Orten sind jeweils auch andere Bundesländer beteiligt, insbesondere bei den vom BGS kordinierten Chartern.

 

Kontakt zur Roma-Protestkarawane:

Dzoni Sichelschmidt, Handy: 0178-2836880
DSichelschmidt@t-online.de

Kontakt zu den Aktionen in Düsseldorf auch über:

Andrea Schmitz-Faas, AStA FH Sozialwesen D’dorf, 0172-2952281

Frank Laubenburg 0173-9823854 (ruft ggf. über Festnetz zurück)

Isabel Basterra, Arbeitskreis Asyl NRW, Ernst Abbe Weg 50
40589 Düsseldorf, Tel. 0211-7793607, mobil 0171-4570109, Fax 0211-7793608
info@ak-asyl-nrw.de

Flüchtlingsrat NRW, Bullmannaue 11, 45327 Essen
Tel.: 0201/89908-0, Fax: 0201/89908-15, geschaeftsstelle@fluechtlingsrat-nrw.de

Infos und Links zu den Roma-Protesten

zu den aktuellen Protesten in Düsseldorf
zu den vorangegangenen Protesten der Romakarawane für ein Bleiberecht in Essen, Bremerhaven, Berlin, Hannover, Köln u.a.
zur Lage der Roma in Serbien, Montenegro und Kosovo
zum Rückübernahmeabkommen BRD-BRJ, aktuelle Abschiebepläne, Abschiebeflüge
zur Notwendigkeit einer erneuten, wirksamen Altfallregelung für Flüchtlinge aus Jugoslawien

Diese Infoseiten wurden vom Flüchtlingsrat Berlin erstellt.
e-mail: buero@fluechtlingsrat-berlin.de
Aktualisierungshinweise und Korrekturen bitte an: georg.classen@berlin.de





Presse Romaaktion für Bleiberecht 19./20.11.2002

Presse Romaaktion für Bleiberecht 19./20.11.2002 weiterlesen »

Überblick und gesammelte Pressemeldungen und Reaktionen


Presse Romaaktion für Bleiberecht 19./20.11.2002 – Überblick


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Pressemitteilung PDS-Fraktion im Abgeordnetenhaus von Berlin

Nr.: 115/19.11.02
Thema: Roma / Flüchtlinge
BLEIBERECHT FÜR ROMA OHNE WENN UND ABER

Die flüchtlingspolitische Sprecherin Karin Hopfmann erklärt:

Berliner Roma haben die Zentrale der PDS in Berlin, das Karl-Liebknecht-Haus, besetzt und somit zur Selbsthilfe gegriffen, so wie das die Roma in Nordrhein-Westfalen schon seit Monaten tun. Das ist ihr gutes Recht. Was bleibt ihnen angesichts drohender und bereits vollzogener Abschiebungen nach Jugoslawien? Wie sollen sie sich wehren gegen die Ignoranz von Politik gegenüber ihrem Schicksal als Kriegsflüchtlinge? Wie sollen sie aufmerksam machen auf die prekäre Situation der Roma in Jugoslawien, aber auch in ganz Osteuropa?

Die Berliner Koalitionsparteien haben eine Initiative für ein Bleiberecht für Roma vereinbart. Aber sie haben nicht vereinbart, bis zu einer Entscheidung auf Bundesebene einen Abschiebestop zu verfügen. Die Ausländerbehörde handelt ohne Rücksicht auf existentielle Bedrohungen durch Abschiebung, ohne Rücksicht auf bereits vollzogene Integrationsprozesse durch langjährige Aufenthalte. Die politische Verantwortung liegt bei Innensenator Erhart Körting und den Koalitionspartnern.

Es wird von historischer Schuld gegenüber den Roma gesprochen. Ihre 1300 Jahre währende Geschichte von Verfolgung und Versklavung gipfelte im Holocaust, dem 500.000 Roma europaweit zum Opfer fielen. Sie waren ebenso den Nürnberger Rassegesetzen ausgeliefert wie jüdische Menschen. Allein 90.000 jugoslawische Roma wurden in Lagern ermordet. Wäre das nicht Anlass genug zu sagen: Es gibt ohne Wenn und Aber ein Bleiberecht für Roma aus dem ehemaligen Jugoslawien, die im Vorfeld und während der Kriege in die Bundesrepublik flohen?

Ich fordere die Bundesregierung auf zu handeln. Ich gehe aber auch davon aus, dass der Berliner Senat das rechtlich Mögliche und politisch Notwendige tun wird, um dem proklamierten Paradigmenwechsel für eine Flüchtlingspolitik auf der Grundlage von Humanität und Menschenrechten gerecht zu werden.

Ich unterstütze die bundesweite Kampagne von pro asyl, Flüchtlingsräten und Wohlfahrtsverbänden „Hier geblieben! Recht auf Bleiberecht! – Ohne Wenn und Aber!“

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PRESSEERKLÄRUNG Fraktion Bündnis 90/Die Grünen

Berliner Abgeordnetenhaus
Telefon: 030-2325 2450/51
www.gruene-fraktion-berlin.de
pressestelle@gruene-fraktion-berlin.de

Datum: 18.11.2002
Volker Ratzmann, rechtspolitischer Sprecher, erklärt:

BLEIBERECHTSBESCHLUSS UMSETZEN ? SONST BLEIBT NUR BESETZUNG

Die Protestaktion der rund 30 Roma, die heute die PDS-Zentrale in Berlin besetzt haben, ist vor dem Hintergrund ihrer verzweifelten Lage nur allzu verständlich. Seit Anfang des Monats häufen sich die Meldungen, dass langjährig hier lebende Familien mit Abschiebung bedroht werden. Nach jahrelangem Aufenthalt und Integration in der Bundesrepublik erwartet sie in Jugoslawien ? noch dazu im Winter ? die völlige Perspektivlosigkeit.

Die Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen begrüßt zwar, dass Rot-Rot dem von uns eingebrachten Antrag für ein Bleiberecht langjährig hier lebender Roma zugestimmt hat und sich bei der Innenminister-Konferenz für eine entsprechende Lösung einsetzen will. Nach wie vor tut der rot-rote Senat aber nichts, den Beschluss umzusetzen! Statt Abschiebungen von Roma unverzüglich auszusetzen, haben sie seit dem Beschluss sogar zugenommen. Selbst Minderjährige und in Ausbildung Befindliche sind von Abschiebung bedroht. Völlig unverständlich ist, warum der SPD/PDS-Senat nicht schon jetzt handelt. Selbst ein Gesprächsangebot der mit der Beratung von Roma befassten Wohlfahrtsverbände hat der Innensenator bisher abgelehnt.

Der Verweis der PDS auf die Bundesebene lenkt von der eigenen Verantwortung ab: Rechtlich gibt es für Rot-Rot keine Hindernisse, Abschiebungen von Roma aus Berlin zu stoppen. Wir werden uns weiterhin für einen Abschiebestopp einsetzen ? besonders für diejenigen, die kurz vor Abschluss einer Ausbildung stehen. Ein entsprechender Antrag von Bündis90/Die Grünen wird am Montag im Innenausschuss verhandelt.

Es ist an dem rot-roten Senat, den Beschluss des Abgeordnetenhauses über ein Bleiberecht für langjährig hier lebende Roma umzusetzen. Das hilft gegen Besetzungen von Parteizentralen.

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Frankfurter Rundschau 19.11.2002

BERLIN BEFÜRWORTET BLEIBERECHT FÜR ROMA

 Rot-roter Senat stößt Debatte über Flüchtlinge an, die bereits seit längerem im Land leben

Von Pitt von Bebenburg

Das Land Berlin will bundesweit eine Debatte über ein Bleiberecht für lange hier lebende Roma anstoßen. Die im Senat mitregierende PDS möchte diese Initiative auf andere Flüchtlingsgruppen ausweiten.

BERLIN, 18. November. Am Montag haben 30 Roma die Parteizentrale der PDS in Berlin besetzt, um ihrer Forderung nach einem Bleiberecht Nachdruck zu verleihen. „Uns droht die Abschiebung nach Jugoslawien“, fürchtet die Gruppe. Das Berliner Abgeordnetenhaus hatte zwar beschlossen, dass sich das Land auf Bundesebene für ein Bleiberecht für Roma einsetzt, die schon lange in Deutschland leben. Dennoch sind in den vergangenen Wochen zwei Roma aus Berlin nach Jugoslawien abgeschoben worden. Die Roma sprechen von einer „wild gewordenen Ausländerbehörde“. Nach Angaben des PDS-Innenpolitikers Udo Wolf traf es „mehrfach straffällig gewordene“ Menschen. Er zeigte sich jedoch selbst irritiert über die Abschiebungen. „Wir sind davon ausgegangen, dass es zumindest bis zur nächsten Innenministerkonferenz keine Abschiebungen gibt“, sagte er. Bei dieser Konferenz am 6. Dezember will Berlins Innensenator Ehrhart Körting (SPD) für ein Bleiberecht für lange in Deutschland lebende Familien der Volksgruppen Roma, Sinti und Ashkali werben. Bereits am morgigen Mittwoch will Körting mit einer Delegation der Demonstranten vom Montag sprechen.

Die Menschenrechtsorganisation Pro Asyl betreibt derzeit eine Kampagne mit dem Ziel, ein Bleiberecht für alle seit mindestens fünf Jahren in der Bundesrepublik geduldeten Flüchtlinge zu erwirken. Familien sollen hier bleiben dürfen, wenn sie mindestens seit drei Jahren in der Bundesrepublik leben. Eine „Duldung“ besitzen Flüchtlinge, deren Asylbegehren zwar gescheitert ist, bei denen aber Hindernisse für eine Abschiebung bestehen – etwa weil keine Flugverbindungen ins Heimatland bestehen. Insgesamt leben etwa 230 000 Flüchtlinge mit diesem Status in Deutschland. Nach Angaben der Bundesausländerbeauftragten Marieluise Beck (Grüne) sind etwa 146 000 von ihnen bereits seit fast fünf Jahren im Land und immerhin 100 000 seit fast acht Jahren in der Bundesrepublik. Ein großer Teil von ihnen sind Roma, vor allem in Berlin. Dort werden etwa 23 000 Flüchtlinge geduldet.

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Berliner Zeitung 19.11.2002

 DIE PDS GEWÄHRT ROMA-FAMILIEN ASYL

Flüchtlinge aus Serbien besetzen Parteizentrale und protestieren gegen drohende Abschiebung

Leonie Schneider und Andreas Kopietz

Etwa 40 Roma aus Serbien haben am Montag die Bundeszentrale der PDS an der Kleinen Alexanderstraße besetzt. Sie sollen demnächst abgeschoben werden und fordern ein Bleiberecht in Deutschland. Die PDS, so Landesvize Udo Wolf, habe die Roma „willkommen geheißen“ und für die zeitlich unbefristete Aktion einen großen Raum zur Verfügung gestellt. Eine Räumung durch die Polizei beantragt die PDS nicht.

Hintergrund der Proteste ist das „Rückführungsabkommen“ zwischen Bundesinnenminister Otto Schily und dem jugoslawischen Innenminister, das am 1. November in Kraft getreten ist. Danach droht tausenden „ausreisepflichtigen“ Flüchtlingen aus dem ehemaligen Jugoslawien die Abschiebung. Ein Drittel davon sind Roma. Schätzungen zufolge sind in Berlin mehr als 1 000 Roma aus Serbien betroffen.

Für andere langjährige Flüchtlingsgruppen gelten bereits seit 1999 so genannte Altfallregelungen. Weil Roma staatenlos sind, wurden sie bisher nur „geduldet“, obwohl viele von ihnen bereits seit mehr als zehn Jahren in Deutschland sind.

Berlins Innensenator Ehrhart Körting (SPD) sicherte den Besetzern zu, am Mittwochvormittag eine Roma-Delegation zu empfangen. Auf der Innenministerkonferenz am 6. Dezember will er eine neue bundesweite Altfallregelung für Roma-Familien vorschlagen. Danach sollen langjährig in Deutschland lebende Familien mit mindestens einem Kind bleiben dürfen – vorausgesetzt, dass mindestens ein Kind seit zwei Jahren in eine Kita oder Schule geht. Ausgenommen sind nach Körtings Vorstellungen Alleinstehende und Vorbestrafte.

Nach den Worten von Renate Gemkow, der Flüchtlingsbetreuerin beim Landesvorstand der PDS, hätten danach mehr als 250 Berliner Roma Anrecht auf eine Aufenthaltsbefugnis.

Körting sagte am Montag: „Schon jetzt gibt es in Berlin keine Abschiebungen, die der beabsichtigten Altfallregelung widersprechen.“ Das sieht Eva Weber von der Forschungsgesellschaft Flucht und Migration anders: „Der Senat hat zahlreiche Roma zur Rückkehr nach Serbien gezwungen – trotz anders lautender Ankündigungen.“ So soll auch der Sprecher der Berliner Besetzergruppe, Petar Tudorovic, am Mittwoch abgeschoben werden. Der Vater von fünf Kindern lebt in einem Wohnheim in Wedding. Anfang 1992 flüchtete der Techniker vor dem Bürgerkrieg aus der Kleinstadt Mis. Zwei seiner Kinder wurden in Deutschland geboren. Seine 19-jährige Tochter macht jetzt ihren Abschluss am Gymnasium. „Für meine Kinder ist die Muttersprache deutsch“, sagt er. „In Serbien würden sie sich nie zurechtfinden.“ Tudorovic spricht sogar von „inoffiziellem Mord“.

Auch Renate Gemkow sorgt sich um die Existenzgrundlage der Roma in Serbien: „Sie haben keinen Zugang zu Arbeitsmöglichkeiten und Sozialleistungen, die Gesundheitsversorgung ist nicht gewährleistet.“

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TAZ 19.11.2002

ROMA ZIEHEN INS PDS-ASYL

30 jugoslawische Flüchtlinge besetzen die Parteizentrale der Sozialisten und fordern Abschiebestopp und Bleiberecht. Innensenator Körting (SPD) winkt ab, hat aber Mittwoch einen Termin für sie frei

von STEFAN ALBERTI  und JÜRGEN SCHULZ

„Abschiebungen von Roma müssen sofort aufhören.“ Über die ganze Breite der Fassade hängt das bemalte Stoffbanner an der PDS-Bundeszentrale am Rosa-Luxemburg-Platz. Im Raum gleich neben dem Eingang sitzen und stehen rund dreißig Roma, die akut von Abschiebung bedroht sind. Gehen wollen sie erst, wenn ihre Forderung erfüllt ist. Auf dem Tisch liegt noch das Fax, das sie gerade verschickt haben: „Wir, Roma aus Berlin, haben heute das Karl-Liebknecht-Haus besetzt.“ Die PDS, seit langem auf ihrer Linie, soll sich auch als Regierungspartei für sie stark machen. Verhandeln aber wollen sie mit Innensenator Ehrhart Körting (SPD), der Bleiberecht und Abschiebestopp zusichern soll.

Das Büro des gewünschten Gesprächspartners liegt nur zwei U-Bahn-Stationen entfernt in der Klosterstraße. Ein sofortiges Gespräch aber lehnt Körting ab: „In zwei Tagen ja, aber nicht in einer Drucksituation, wie es jetzt gewesen wäre.“ Mittwochmittag will Körting drei Roma bei sich in der Innverwaltung empfangen, ein generelles Bleiberecht schließt er schon jetzt aus.

Seine Antwort liegt noch nicht vor, als die Besetzer in den PDS-Räumen Banner von einer Demonstration am vergangenen Freitag aufspannen. Schon da haben sie Bleiberecht verlangt. Hintergrund ist ein neues Rückführungsabkommen zwischen Deutschland und Jugoslawien, das nach Angaben der Grünen in Berlin rund 5.600 Roma betrifft.

„Alle, die hier sind, könnten sofort abgeschoben werden“, sagte Flüchtlingsbetreuerin Renate Gemkow. Für die Roma ein Horror: „Wir haben in Jugoslawien keine Wohnmöglichkeit mehr. Es gibt für uns keinen sicheren Ort – und es ist Winter.“ Lügen nennen sie Darstellungen, nach denen die Lage dort sicher ist.

Das Abgeordnetenhaus hat Körting schon im September aufgefordert, bei seinen Innenministerkollegen eine Sonderregelung zu erwirken: Langjährig in Deutschland lebende Roma sollten dauerhaft bleiben dürfen. Dafür wollen sich SPD und PDS auch laut Koalitionsvertrag einsetzen. Dem will Körting bei der Ministerkonferenz am 6. Dezember nachkommen. „Langjährig“ konkretisiert die Innenverwaltung mit „mehr als sechs Jahre“.

Nicht nur die Roma, auch die Besetzter dieses Tages sehen dieses Verfahren durch die jüngste Praxis unterlaufen. „Wir haben erwartet, dass zumindest bis zur Innenministerkonferenz von allen Abschiebungen Abstand genommen wird“, sagte PDS-Landesvize Udo Wolf. So argumentieren auch die Grünen, die wie Wolf der Inneministerkonferenz wenig optimistisch entgegensehen. Ihr Innenpolitikexperte Volker Ratzmann erinnert daran, dass Berlin laut Ausländergesetz selbst einen sechsmonatigen Abschiebestopp verhängen könnte.

Körting hingegen sieht zwar eine „besondere historische Verpflichtung“ gegenüber den einst von den Nazis verfolgten Roma. Vor mehr als zehn Tagen schon will er mit der Ausländerbehörde vereinbart haben, dass jene, die unter künftige Regeln fallen könnten, nicht abgeschoben werden. Einen generellen Abschiebestopp aber lehnt er wie ein allgemeines Bleibrecht ab.

Um in diesen Tagen immerhin bei der PDS bleiben zu können, müssen sich die Roma nicht gerade anketten wie Greenpeace-Aktivisten auf einer Ölplattform. Nicht nur, weil Parteiobere wie PDS-Chefin Gabi Zimmer Verständnis zeigen, Polizeiaktionen ablehnen und die Roma „Gäste“ nennen. Denn organsiert hat die Besetzung Gemkow, die Flüchtlingsberaterin – und die ist in dieser Funktion beim PDS-Landesvorstand angestellt.

Sie zeigt eine dicke Mappe mit Unterlagen der Ausländerbehörde. Es ist ihr unbegreiflich, wie ein Rom abgeschoben werden kann, obwohl vom Arzt eine schwere Krankheit mit „häufig tödlichem Ausgang“ bescheinigt wird. Nicht allein die fehlende Infrastruktur im Nachkriegsjugoslawien lässt die Roma gegen eine Rückkehr kämpfen. Einer hält in der PDS-Zentrale eine Zeitung aus Serbien vom gleichen Tag hoch. Ein Foto ist darin zu sehen, von einer Parole auf einer Häuserwand. „Zigeuner, verschwindet aus Leskovica“, übersetzt er. Zwei andere unterhalten sich über ihre schwierige Lage, klagen über Staatenlosigkeit und fehlendes Wahlrecht in Deutschland wie in Jugoslawien.

Mittwoch soll das der Senator hören. „Das ist schon was. Aber wir planen weitere Aktionen“, sagt Roma-Beraterin Gemkow. PDS-Chefin Zimmer ist da konkreter und geht von einer weiteren Parteibesetzung aus: „Es soll wohl nicht die einzige bleiben.“

taz Berlin lokal Nr. 6908 vom 19.11.2002, Seite 21, 148 Zeilen (TAZ-Bericht), STEFAN ALBERTI / JÜRGEN SCHULZ

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TAZ 19.11.2002

FAMILIENTRENNUNG

Abschiebepraxis

Das Gutachten der Charité ist eindeutig. Der sechsjährige Rajko (Name geändert), in Berlin geboren, sei „zu achtzig Prozent behindert“ und durch eine angeborene Seh- und Gehbehinderung sowie eine verzögerte geistige Entwicklung „hilflos“. Weiter diagnostizieren die Ärzte: „Eine nicht aus dem normalen Tagesablauf bekannte längere Abwesenheit der Mutter verstört ihn sehr“, Rajko benötige Sicherheit. Die gibt es für den serbischen Roma-Jungen seit vergangenen Mittwoch nicht mehr. Da ließ die Ausländerbehörde seine allein erziehende Mutter nach Belgrad abschieben. Rajko blieb bei entfernten Verwandten in Berlin zurück. Auch den Verwaltungsrichtern, die gegen einen Abschiebstopp für die Mutter entschieden, war Rajkos Schicksal egal. Das Kind könne auch in einer öffentlichen Einrichtung betreut werden, befanden sie. Die ärztliche Diagnose, der Junge benötige viel Zuwendung, ignorierten Richter und Ausländerbehörde. Deren Logik: Rajkos Mutter sei vorbestraft und schon seit längerem zur Ausreise verpflichtet. Rechtsanwalt Martin Rubbert hält das Vorgehen der Ausländerbehörde trotzdem für skandalös. Just als Polizisten Rajkos Mutter abholten, verhandelte der Anwalt über das weitere Schicksal seiner Mandantin mit der Behörde. Dass die 35-Jährige schon auf dem Weg zum Abschiebeflugzeug war, erfuhr er erst nach seiner Rückkehr ins Büro.

Rajko ist nicht das einzige Roma-Kind, das durch die Ausländerbehörde zwangsweise von seinen Eltern getrennt wurde. Anfang November blieb ein Achtjähriger bei der Abschiebung seiner Eltern allein in Berlin zurück. Am gleichen Tag wurden die 13- bis 17-jährigen Schulkinder einer Roma-Familie mitsamt Vater ohne Gepäck in den serbischen Winter abgeschoben. Ihre Mutter darf noch einige Monate in Deutschland bleiben. HKL

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Taz 19.11.2002

Kommentar

roma-besetzung

Abschiebungen  aussetzen

Die Protestaktion der Roma, die gestern die PDS-Zentrale besetzt haben, ist verständlich. Ihre Lage ist verzweifelt. Anfang des Monats ist das Abschiebeabkommen zwischen Deutschland und der Bundesrepublik Jugoslawien in Kraft getreten. Seither häufen sich die Nachrichten, dass serbische Roma, die zum Teil seit vielen Jahren in Berlin leben, abgeschoben werden. Abgeschoben in ein Land, wo der Winter längst angefangen hat und den Roma jede Perspektive fehlt.

Diese Abschiebungen gibt es, obwohl die rot-rote Landesregierung in ihrem Koalitionsvertrag festgeschrieben hat, sich „für ein dauerhaftes Bleiberecht für langjährig in Deutschland lebende Roma einzusetzen“, Auch einen ähnlich lautenden Antrag der Grünen haben SPD und PDS im Abgeordnetenhaus unterstützt. Allein die Praxis in Berlin ist eine andere.

Dass Innensenator Ehrhart Körting (SPD) nun tatsächlich am 6. Dezember in der Innenministerkonferenz (IMK) einen entsprechenden Vorstoß wagen will, reicht da nicht. Meint die Koalition ihre Versprechen ernst, muss der Innensenator bis zur Regelung durch die IMK die Abschiebungen von Roma aussetzen.

Ob Körting mit seinem Vorschlag unter den Kollegen aus den anderen Bundesländern auf Unterstützung stoßen wird, ist allerdings mehr als fraglich. Scheitert er, hat er die Möglichkeit – zeitlich befristet – einen Alleingang zu wagen. Körting könnte für sechs Monate einen Abschiebestopp verhängen. Rechtlich möglich ist das. Politisch und menschlich wäre es wünschenswert. Dann ist zumindest der Winter vorbei. Und es gibt Zeit für neue Verhandlungen.

taz Berlin lokal Nr. 6908 vom 19.11.2002, Seite 21, 62 Zeilen (Kommentar), SABINE AM ORDE,Lokalspitz

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Taz 19.11.2002

(Roma in Berlin – Bildunterschrift)

Dobrilla Anzic und ihr Großvater Miodraj Saitovic leben seit zwölf bzw. elf Jahren in Berlin. Damals flüchteten die Roma samt Großfamilie vor dem Krieg in Jugoslawien: Sohn und Tochter von Saitovic und alle sechs Enkel. Dobrila war da sieben Jahre alt, ihr kleinster Bruder acht Monate. Vor zwei Wochen nun wurden ihr Vater und drei Geschwister abgeschoben. „Mein Bruder hatte nur ein T-Shirt an und keine Socken. So hat die Polizei ihn zum Flughafen gebracht“, sagt Dobrila. Weil die Aussicht auf einen Arbeitsplatz in Jugoslawien gleich null sei, leben ihr Vater und ihre Geschwister nun bei Nachbarn, sind erkrankt, haben kein Geld für Medikamente. Auch Dobrila, ihre Mutter und ihr Großvater sollen abgeschoben werden.

taz Berlin lokal Nr. 6908 vom 19.11.2002, Seite 21, 10 Zeilen (TAZ-Bericht), Foto-

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Berliner Morgenpost 19.11.2002

DEMONSTRIERENDE ROMA BESETZEN PDS-ZENTRALE

Volksgruppe will Bleiberecht erzwingen

(Bildunterschrift) Drei der Roma bei der Protestaktion. Die PDS verzichtete darauf, ihre Räume durch die Polizei räumen zu lassen. Innensenator Ehrhart Körting (SPD) will sich mit den Roma morgen an einen Tisch setzen

Foto: ddp
Eine Gruppe von Roma hat gestern die Zentrale der PDS in Berlin besetzt. Die 30 Teilnehmer erschienen am Vormittag im Karl-Liebknecht-Haus an der Kleinen Alexanderstraße in Mitte, um gegen Abschiebungen nach Jugoslawien zu protestieren. Die PDS stellte den Roma einen Raum für die unbefristete Aktion zur Verfügung.

Die PDS sei ausgewählt worden, weil sie Teil der Berliner Regierung ist und die Ausländerpolitik des Senates mittrage, teilte ein Roma-Sprecher in einer Erklärung mit. Er beklagte «jahrelangen Psychoterror» und «schamlose Demütigungen durch die Berliner Ausländerbehörde». In Jugoslawien gebe es für Roma keine Wohnmöglichkeiten, keinen Schulbesuch für Kinder und keine Krankenversorgung.

Die Besetzer verlangten ein Gespräch mit Innensenator Ehrhart Körting (SPD). Die PDS vermittelte daraufhin ein Gespräch, wie der Geschäftsführer der PDS, Carsten Schatz, mitteilte. Der Senator werde am Mittwoch eine dreiköpfige Delegation der Demonstranten empfangen.

Die Forderung nach einem umfassenden Bleiberecht könne nicht erfüllt werden, so die Innenverwaltung. Körting will sich aber auf der Innenministerkonferenz für eine Altfallregelung einsetzen. Diese erlaubt Familien weiteren Aufenthalt, deren Kinder in Berlin seit zwei Jahren Kindergarten oder Schule besuchen. tz

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Berliner Morgenpost 20.11.2002

BESETZUNG DER PDS-ZENTRALE GEHT BIS HEUTE WEITER

Die Montag begonnene friedliche Besetzung der PDS-Parteizentrale an der Kleinen Alexanderstraße in Mitte durch von Abschiebung bedrohte Roma wird vermutlich bis heute andauern. Die 30 Besetzer planten, eine weitere Nacht im Karl-Liebknecht-Haus zu bleiben, sagte PDS-Landesgeschäftsführer Carsten Schatz gestern. Inzwischen hätten sie sich entschlossen, den angebotenen Gesprächstermin mit Innensenator Ehrhart Körting (SPD) heute wahrzunehmen. «Die ganze Gruppe wird dann wohl die dreiköpfige Delegation bei einem Marsch zur Innenverwaltung begleiten», sagte Schatz. Die PDS-Fraktion forderte ein Bleiberecht für Roma «ohne Wenn und Aber». Die Besetzung der Landeszentrale sei ihr gutes Recht, erklärte die flüchtlingspolitische Sprecherin der Fraktion, Karin Hopfmann, gestern. Der Ausländerbehörde warf sie vor, ohne Rücksicht auf existenzielle Bedrohungen durch Abschiebung zu handeln.

Die Roma-Gruppe fordert neben dem politischen Dialog den sofortigen Abschiebestopp für Roma nach Serbien. Körting hatte Montag einem Gespräch zugestimmt. «Dabei müssen wir besprechen, was möglich ist, aber auch was nicht möglich ist», sagte gestern die Sprecherin der Innenverwaltung, Henrike Morgenstern. «Die Forderung nach einem umfassenden Bleiberecht kann nicht erfüllt werden.»

Rückenstärkung indessen bekamen die Besetzer gestern auch vom Flüchtlingsrat Berlin: Er unterstütze die Forderungen auf Bleiberecht, hieß es in einer Pressemitteilung. Angesichts des Ausreisedrucks auf die Roma könne der Rat nachvollziehen, dass diese keine andere Möglichkeit mehr gesehen hätten, auf ihre verzweifelte Lage aufmerksam zu machen. dpa/LR

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TAZ 20.11.2002

PDS WEITER BESETZT

Roma bleiben im Karl-Liebknecht-Haus. Für heute ist  ein Gespräch mit SPD-Innensenator Körting geplant

Die von Abschiebung bedrohten Roma wollen die friedliche Besetzung der PDS-Parteizentrale mindestens bis zum heutigen Mittwoch fortsetzen. Am Mittag ist ein Gespräch einer dreiköpfigen Delegation mit Innensenator Ehrhart Körting (SPD) geplant. „Danach entscheiden wir, wie es weitergeht“, sagte gestern Flüchtlingsberaterin Renate Gemkow, die die Aktion mitorganisiert hat. Eine zweite Besetzung schloss sie nicht aus. Gemkow: „Es gibt ja noch andere wichtige Parteien in Berlin.“ Eine davon dürfte wohl die SPD sein.

Die Roma fordern, die Abschiebungen nach Serbien sofort einzustellen. Körting hatte am Montag einem Gespräch zugestimmt. „Dabei müssen wir besprechen, was möglich ist, aber auch was nicht möglich ist“, sagte gestern seine Sprecherin Henrike Morgenstern. „Die Forderung nach einem umfassenden Bleiberecht kann nicht erfüllt werden.“ Körting werde sich aber, wie bereits angekündigt, bei der anstehenden Innenministerkonferenz (IMK) am 6. Dezember für eine so genannte Altfallregelung stark machen. Demnach würden Roma, die sechs Jahre und länger in Deutschland leben, nicht mehr abgeschoben. Für alle anderen würde weiter das Rückübernahme-Abkommen mit Exjugoslawien gelten.

Unterdessen hat Sozialsenatorin Heidi Knake-Werner (PDS) versucht, im Gespräch mit Körting einen Kompromiss zu finden. Die PDS-Fraktion im Abgeordnetenhaus hält die Besetzung der Landeszentrale für „das gute Recht“ der Roma. Das erklärte die flüchtlingspolitische Sprecherin Karin Hopfmann. Die Schriftstellerin Christa Wolf forderte Körting in einem Brief auf, die Verantwortung für das Schicksal der Roma zu bedenken. Die Verfolgung während des Nationalsozialismus verpflichte noch heute. Auch die PDS-Bundestagsabgeordnete Petra Pau erinnerte an die Ermordung von Roma in der Nazi-Zeit. SAM/DPA
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18.11.2002: Amen acas kate!

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WIR BLEIBEN HIER! PUNKT!

Roma aus Berlin haben heute das Karl-Liebknecht-Haus besetzt. Sie wehren sich gegen eine drohende Abschiebung nach Jugoslawien.

Ein Besetzerbrief an die Öffentlichkeit.


Amen acas kate !  Gruppe Berlin

An die Öffentlichkeit
Montag, den 18. November

Wir,
Roma aus Berlin, haben heute,
das Karl-Liebknecht-Haus besetzt.
(Landesverband der PDS, Kleine Alexander Straße 28, 10178 Berlin)
Hier bleiben wir erst einmal.
Warum?
Uns droht die Abschiebung nach Jugoslawien.
Die PDS ist in der Berliner Regierung. Die PDS hat mitbeschlossen, daß Roma in Berlin ein Bleiberecht erhalten sollen. Die PDS hat nicht verhindert, daß Innensenator Körting und seine wildgewordene Ausländerbehörde weiterhin unsere Menschen abschieben. Dabei trennen sie Familien, schieben Kranke ab, und es ist ihnen gleichgültig, was uns dort erwartet:

Wir haben in Jugoslawien keine Wohnmöglichkeit mehr. Es gibt für uns keinen sicheren Ort. Und es ist Winter.
Viele von uns können nicht einmal zu Verwandten, weil diese auch geflüchtet sind, bei den NATO Bombardements verletzt oder getötet wurden, oder in schlimmen Elend leben.
Wir werden dort diskrimiert. Das heißt z.B., daß die Polizei oder die Öffentlichkeit nichts dabei finden, wenn wir grundlos beleidigt oder geschlagen werden.
Arbeit können wir nicht finden. Wir werden für den Wiederaufbau nicht gebraucht.
Unsere Kinder können nicht zur Schule. Es fehlt schon das Geld für Lernmaterial.
Unsere Kranken werden nicht versorgt.

Die Ausländerbehörde behauptet, dort sei alles in Ordnung. Sie beruft sich auf die deutsche Botschaft und die serbischen Gesetze und Politiker.

Das sind Lügen. Gesetze und Politikerreden haben mit der Realität nichts zu tun. Wir erinnern daran, daß die demokratische Verfassung Jugoslawiens einen MiloÎevic nicht verhindert hat, und die NATO sich keinen Deut darum geschert hat, was auf dem Papier steht.

Im Zusammenhang mit uns wird aber gesagt, weil es zum Beispiel ein gutes Krankenversicherungsgesetz gibt, seien wir versorgt. Das ist eine Dreistigkeit.
Wir bekommen nichts, ob mit Versicherung oder ohne, weil wir Roma sind. Daß man dort jeden Arzt, jede Krankenpflege und jedes Medikament sowieso extra bezahlen muß, wird absichtlich verschwiegen.

Wir sehen uns zum Handeln gezwungen, weil wir den jahrelangen Psychoterror und die schamlosen Demütigungen durch die Berliner Ausländerbehörde in der Nöldner Straße nicht weiter ertragen können und wollen. Unsere Hoffnung auf die Zusage von Herrn Körting, er werde sich in der Innenministerkonferenz für ein Bleiberecht für Roma einsetzen, hat getrogen. Wer will ihm das glauben, wenn er weiter abschieben läßt und die menschenverachtenden Zustände in der Nöldner Straße duldet. Die Regierungsparteien protestieren nicht.

Wir glauben inzwischen, daß das alles beabsichtigt ist, um uns in Angst und Schrecken zu versetzen und uns zu demütigen.
Aber: Wir bleiben hier! Punkt!

Reicht es nicht,
– daß wir vor Krieg und Not flüchten mußten,
– daß viele von uns hier schon lange leben,
– daß unsere Kinder hier zur Schule gehen.

Wir erinnern daran, daß hundert Tausende von uns durch Deutsche ermordet wurden, um Deutschland von uns zu säubern, so wie es auch mit anderen gemacht wurde. Deutschland hat uns gegenüber eine historische Verantwortung.

Wir fordern daher von den Regierungsparteien und von Innensenator Körting:

  • Die Abschiebungen von Roma aus Berlin nach Serbien müssen sofort beendet werden!
  • Der Innensenator Herr Körting soll mit uns sprechen und uns erklären, warum er uns abschieben will.
  • Wir fordern Bleiberecht für Roma.

 

Wir bleiben hier! Punkt! ——————— Amen acas kate!

Kontakt:

Telefon: 030 – 24 009 236
Fax: 030 – 24 009 260
email: amen_acas_kate@gmx.de





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