23.03.2020: LAF will diese Woche Gemeinschaftsunterkunft in Neukölln räumen lassen – Flüchtlingsrat fordert Stopp der Umzugsaktion
Flüchtlingsrat fordert Stopp der Umzugsaktion, angemessene Unterkünfte für gesundheitlich besonders gefährdete Geflüchtete und wohnungs- und obdachlose Menschen und Zugang zu medizinischer Vorsorge, Behandlung, Diagnostik und Tests für alle Menschen.
Update 23. März 17:00 Uhr: Martin Hikel, Bezirksbürgermeister von Neukölln, hat soeben den Senatorinnen Breitenbach und Lompscher mitgeteilt, dass auf Anweisung seines Amtsarztes die geplanten Umzugsaktion wegen Verstoßes gegen § 14 der neuen Berliner Corona-Verordnung in der Fassung vom 22.03.2020 vorerst bis zum 5.4. untersagt wird.
Landesamt für Flüchtlingsangelegenheiten will in dieser Woche Gemeinschaftsunterkunft in Neukölln räumen lassen – Flüchtlingsrat Berlin fordert Stopp der Umzugsaktion
Diese PM im PDF: https://fluechtlingsrat-berlin.de/fr_pm_gerlinger_raeumung/
Auf Facebook: https://www.facebook.com/fluechtlingsratberlin/posts/2798338390220958
Die Containerunterkunft Gerlinger Straße hat aktuell ca. 220 BewohnerInnen. In den „Tempohomes“ teilen sich jeweils bis zu 4 Personen eine Wohneinheit in Appartementstruktur mit WC, Dusche, Kochnische und zwei Schlafräumen. Bis zu 500 Menschen können hier leben. Stadt und Land will dort Wohnungen bauen, an sich eine gute Sache. Aber darf Berlin in der jetzigen Situation auf eine solche funktionierende Unterkunft mit privaten Sanitärbereichen verzichten? Und ist die Umzugsaktion für BewohnerInnen und Mitarbeiterinnen in der aktuellen Situation verantwortbar?
Mit Bussen will das Landesamt für Flüchtlingsangelegenheiten (LAF) die BewohnerInnen im Laufe dieser Woche in Unterkünfte in Neukölln und Tempelhof verlegen, wo sie beengter und als Alleinstehende auch in anderer Konfiguration als bisher zusammenleben müssten. Unter den Betroffen sind viele Familien mit minderjährigen Kindern sowie gesundheitlich besonders gefährdete Personen. Der Umzug würde für alle Beteiligten mit einer großen Zahl an Kontakten einhergehen. Dabei ist es aktuell wichtiger den je, auch die „systemrelevante“ Arbeitskraft und Solidarität der MitarbeiterInnen von Sammelunterkünften aufrecht zu erhalten.
Die Senatssozialverwaltung muss gesundheitlich besonders gefährdete Geflüchtete und wohnungs- und obdachlose Menschen angemessen unterbringen. Sie muss gemeinsam mit der Gesundheitsverwaltung für alle Menschen den Zugang zu medizinischer Vorsorge, Diagnostik und Tests sicherstellen. Viele bisher in prekären Tätigkeiten arbeitende Menschen haben durch die Corona-Krise Job und Existenz verloren und landen absehbar auf der Straße.
Die Berliner Sozialbehörden weigern sich nach wie vor in vielen Fällen, obdachlose EU-BürgerInnen und Menschen ohne geklärten Aufenthalt unterzubringen und ihnen soziale und medizinische Leistungen zu gewähren. Anders als beim Landesamt für Einwanderung fehlen Infos zu Online-Antragsverfahren bei Sozialämtern und Landesamt für Flüchtlingsangelegenheiten.
Wir fordern:
- Mehrsprachige Corona-Infos des Berliner Senats für Geflüchtete und für Nichtversicherte.
- Klärung des Zugangs zu Sozialleistungen im Online-Antragsverfahren.
- Verbindliche Kostenübernahme für Diagnostik und Behandlung von Corona nach dem Infektionsschutzgesetz für Menschen ohne Krankenversicherung, bei Bedarf auch anonym.
- Angebot von Unterkünften für alle wohnungslosen Menschen.
- Schaffung von Unterbringungskapazitäten mit privatem Sanitärbereich in Aparthotels, Ferienwohnungen, LAF-Unterkünften mit Apartmentstruktur usw.
- Verbot der Datenweitergabe an Ausländerbehörden.
Die Auflösung der Unterkunft Gerlinger Str. halten wir zum aktuellen Zeitpunkt für absolut unverantwortlich. Wir fordern Sozialsenatorin Breitenbach, das LAF und das Bezirksamt Neukölln auf, den geplanten Umzug sofort zu stoppen.
Presseanfragen: buero@fluechtlingsrat-berlin.de
Tel: (030) 22 47 63 11 (bitte ggf. lange klingeln lassen wegen Weiterleitung ans Homeoffice)