Veröffentlicht am 30.12.2011

Ministerin Von der Leyen – Rechtswidrig gegen Flüchtlinge ins neue Jahr

Presseerklärung PRO ASYL vom 30. Dezember 2011

Auch zum 1.1.2012 keine Anpassung der AsylbLG-Regelsätze


Die von Bundesministerin von der Leyen eingesetzte Bund-Länder-AG zur Überprüfung der Regelsätze nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) hat am 15. Dezember 2011 getagt. Ergebnis: Keines. Damit geht ein langwährender Skandal in das nächste Jahr. Auch zum 1. Januar 2012 werden die Regelsätze des AsylbLG rechtswidrig nicht angepasst. „Ministerin Von der Leyen hat diese Arbeitsgruppe offensichtlich nur als Alibi für das Nichtstun ihres Ministeriums eingesetzt“, so Georg Classen vom Berliner Flüchtlingsrat. Seit Inkrafttreten des Gesetzes im November 1993 erhalten die in der Regel einem Arbeitsverbot unterliegenden asylsuchenden und geduldeten Flüchtlinge unverändert einen „Geldbetrag zur Deckung persönlicher Bedürfnisse des täglichen Lebens“ in Höhe von lediglich 80,- DM bzw. 40,90 Euro monatlich.

Die Leistungssätze nach AsylbLG wurden seit 1993, obwohl § 3 Abs. 3 AsylbLG eine jährliche Anpassung vorschreibt, niemals angehoben. Die Verbraucherpreise sind seit November 1993 um 32,5 Prozent gestiegen. Das  Nichtstun des Gesetzgebers ist recht- und spätestens seit dem Urteil des Bundesverfassungsgerichtes zu den Hartz IV-Regelsätzen vom Februar 2010 auch verfassungswidrig, was sogar die Bundesregierung einräumt.[1]

Eine im Sommer 2011 eingesetzte Bund-Länder-Arbeitsgruppe zum Asylbewerberleistungsgesetz sollte Eckpunkte zur Neufestsetzung der Leistungssätze erarbeiten. Doch weder die Arbeitsgruppe noch das nach § 3 Abs. 3 AsylbLG dazu verpflichtete Bundesministerium für Arbeit und Soziales hat zum 1.1.2012 eine Vorlage zur Anpassung der AsylbLG-Regelsätze an die Preisentwicklung und die Maßgaben des Bundesverfassungsgerichts präsentiert.

Es zeichnet sich ab, dass nunmehr das Bundesverfassungsgericht im Frühjahr 2012 die Verfassungswidrigkeit der „ins Blaue hinein geschätzten“ AsylbLG-Regelsätze feststellen wird. Bis dahin geht der Verfassungsbruch der Bundesregierung durch Nichtstun weiter.  Bitter für die diejenigen, die mit dem seit 1993 unveränderten „Taschengeld“ von 1,36 Euro  pro Tag auskommen und ihren gesamten persönlichen Bedarf an Fahrtkosten, Information und Kommunikation, Schreib- und Lesematerial, Telefon, Porto, Anwalt usw. bestreiten sollen. Diesen Betrag dürften die Diskutanten von Bund und Ländern jeden Morgen bereits vor dem Frühstück ausgegeben haben.

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PRO ASYL und Georg Classen vom Berliner Flüchtlingsrat stehen Ihnen für Rückfragen und weitere Informationen gerne zur Verfügung:
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030 / 69564992
Georg Classen
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[1] BT-Drs. 17/3660 vom 10.11.2010, http://dipbt.bundestag.de/dip21/btd/17/036/1703660.pdf, Antwort zu den Fragen 1 – 7: „Die Bestimmung der Höhe der Grundleistungen im AsylbLG erfolgte 1993 auf der Grundlage von Kostenschätzungen. Die Festsetzung der Leistungssätze im AsylbLG entspricht daher nicht den Anforderungen des Urteils des Bundesverfassungsgerichts vom 9.2.2010 zu den Regelleistungen nach dem SGB II, wonach der Gesetzgeber zur Konkretisierung des Anspruchs auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums (Artikel 1 Absatz 1 GG i. V. m. Artikel 20 Absatz 1 GG) alle existenznotwendigen Aufwendungen in einem transparenten und sachgerechten Verfahren nach dem tatsächlichen Bedarf zu bemessen hat. Die Leistungssätze im AsylbLG werden daher von der Bundesregierung gemäß den Anforderungen des Urteils des BVerfG vom 9.2.2010 überprüft.“





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