15.05.2015: Sofortmaßnahmen Wohnungen für Flüchtlinge

Tischvorlage zum Runden Tisch Versorgung von Flüchtlingen


Tischvorlage zum Runden Tisch Versorgung von Flüchtlingen – auch als pdf-Version –

Sofortmaßnahmen Wohnungen für Flüchtlinge

1. Mietübernahmebescheinigungen zur Wohnungssuche von Amts wegen ausstellen
Die Sachbearbeiter der ZLA sollen allen Leistungsberechtigten von Amts wegen Mietübernahmescheine mit den maßgeblichen sozialrechtlichen Konditionen (angemessene Miethöhe usw.) für die Anmietung einer Wohnung ausstellen, wenn absehbar ist, dass die 6- bis 12-Wochenfrist des § 47 AsylVfG überschritten wird.
Ebenso müssen die Jobcenter und Sozialämter die Wohnungssuche von geduldeten und anerkannten Flüchtlingen aktiv unterstützen. Bei den Jobcentern werden Mietübernahmescheine bisher nur vereinzelt ausgestellt. Bei der ZLA werden Mietübernahmescheine meist erteilt, teils aber auch ohne Begründung abgelehnt.

2. Mietübernahmebescheinigungen zur Wohnungssuche rechtsverbindlich gestalten
Die Mietübernahmebescheinigungen sollten die eigenständige Suche und Anmietung angemessener Wohnungen ermöglichen. Dies erfordert eine rechtsverbindliche Kostenübernahmeerklärung, adressiert an den Vermieter nach Wahl, mit den konkreten Bedingungen (Fläche, Zustand, Höchstmiete, Zeitverträge, Möblierung usw.).

3. Sofortprüfung der Wohnungsangebote und sofortigen Mietvertragsbeginn sicherstellen
Flüchtlinge berichten uns, dass die Prüfung eines Mietangebots bei der ZLA ein bis zwei Wochen dauert. Dann prüft die ZLA zwar die Angemessenheit der Miete, legt aber – auch für sofort bezugsfreie Wohnungen – den Mietvertragsbeginn auf einen erst etwa sechs Wochen nach Antragstellung liegenden Zeitpunkt fest.
Findet ein Flüchtling z.B. am 21. Mai eine bezugsfreie Wohnung, wird der Mietvertragsbeginn von der ZLA auf den 1. oder 15. Juli festgelegt. Bis dahin muss der Flüchtling in der Sammelunterkunft bleiben und der Vermieter die Wohnung frei halten. Begründet wird dies damit, dass die beiden zuständigen ZLA-Sachbearbeiter keinen Termin hätten, um mit dem Flüchtling die Kaution (Übernahme per Darlehensvertrag), die Bewilligung von Beihilfen für Hausrat und Möbeln usw. zu regeln. Vor diesem Termin dürfe der Mietvertrag nicht beginnen.
Viele Wohnungsangebote erledigen sich dank der Terminpraxis der ZLA durch Zeitablauf von selbst.

4. Mietübernahmescheine verständlich gestalten: Entfall Vergleichsberechnung Gemeinschaftsunterkünfte, Tabelle WAV anpassen
·       Der für Betroffene, Berater und Vermieter unverständliche, aufgrund stets höherer Kosten der Berliner Gemeinschaftsunterkünfte entbehrliche, nach Aufhebung des Sachleistungsvorrangs in § 3 AsylbLG seit 1.3.2015 rechtlich obsolete (vgl. Abghs-Drs. 17/16072 v. 12. Mai 2015, Frage 18) Vorbehalt zum Kostenvergleich mit Gemeinschaftsunterkünften auf den Mietübernahmebescheinigungen der ZLA muss entfallen.
·       Die WAV-Tabelle sollte nur die auf die jeweils konkrete Personenzahl zutreffenden Werte nennen, dann ist sie weniger verwirrend.
> Muster Mietübernahmeschein ZLA siehe hier Seite 3 bis 5 im pdf

5. Öffentlicher Appell, Wohnungen an Flüchtlinge zu vermieten
Wie bereits Integrationsbeauftragte Lüke sollte nunmehr Berlins Regierender Bürgermeister öffentlich appellieren, Wohnungen an Flüchtlinge zu vermieten.
Dazu müssen diesmal auch die maßgeblichen Konditionen zu Mietobergrenzen, Vertragsdauer, Untervermietung, möbliertem Wohnraum etc. transparent und nachvollziehbar veröffentlicht werden.

6. Konditionen für die Wohnungssuche nachvollziehbar veröffentlichen
Der Flüchtlingsrat erreichen ständig von Vermietern, Flüchtlingen, Kirchengemeinden, Beratungsstellen, Willkommensinitiativen usw. Anfragen zu den Konditionen für die Mietübernahme für Flüchtlinge.
Hierzu sollte eine allgemeinverständliche Übersicht der für Asylsuchende und anerkannte Flüchtlinge einschlägigen Maßgaben der WAV und AV Wohnen, der Konditionen für Untermietverträge, möblierte Gästezimmer, WG-Zimmer, Zeitverträge etc. und der behördlichen Zuständigkeiten veröffentlicht werden.

7. Wohnberechtigungsscheine auch für Asylsuchende, Geduldete und anerkannte Flüchtlinge
Die Senatsbauverwaltung muss die Ausgabe von Wohnberechtigungsscheinen an Asylsuchende und Geduldete ermöglichen, wie es etwa der Praxis des Wohnungsamtes in Potsdam entspricht.
Die Senatsbauverwaltung muss die Wohnungsämter anweisen, die rechtswidrige Verweigerung von WBS für Ausländer mit befristetem Aufenthaltstitel bei einer Restlaufzeit von weniger als 12 Monaten zu stoppen (vgl. Abghs-Drs. 17/16073 v. 8. Mai 2015, Frage 4 und 5). Anerkannte Flüchtlinge haben unabhängig von der „Restlaufzeit“ ihres Aufenthaltstitels stets Anspruch auf einen WBS!

8. Verhandlungen mit weiteren Wohnungsgesellschaften, kein Missbrauch des Kontingents WfF
Wir fordern die Vereinbarung von Kontingenten mit weiteren gemeinnützigen, kirchlichen und genossenschaftlichen Wohnungsgesellschaften im Sinne des Vertrags „Wohnungen für Flüchtlinge“ WfF, und die Vereinbarung verbindlicher Kontingente und Quoten statt unverbindlicher Absichtserklärungen.
Das bisher nur für das LAGeSo bzw. nur für Asylsuchende verfügbare Kontingent WfF ist auf Bezirksämter und Jobcenter (dh geduldete und anerkannte Flüchtlinge) auszuweiten, ebenso das Beratungsangebot des EJF.
Die am Kontingent beteiligten Wohnungsgesellschaften dürfen sich nicht weigern, an asylsuchende, geduldete und anerkannte Flüchtlinge von diesen selbst gefundene Wohnungen außerhalb des Kontingents zu vermieten (kein Missbrauch des Kontingents durch die Wohnungsgesellschaften, Diskriminierungsverbot!).

9. Mietübernahme auch nach Auslaufen der Jugendhilfe
Junge Flüchtlinge, die mit Eintritt der Volljährigkeit aus der Jugendhilfe entlassen werden, berichten uns, dass Bezirkssozialämter die Mietübernahme wegen des (oft strittigen!) Tatbestandes des § 1a AsylbLG ablehnen und darauf verweisen, dass die Jugendlichen nunmehr in eine Gemeinschaftsunterkunft bzw. Obdachlosenunterkunft umziehen sollen. Im Hinblick auf die durch die Jugendhilfe erreichte Integration ist die kontraproduktiv.

10. Kreative Förderung von Wohnprojekten zB kirchlicher und alternativer Träger
Die Förderung von Wohnprojekten zB kirchlicher und alternativer Träger könnte die Unterbringungsnotlage entlasten. Vgl. etwa die Projekte des Vereins Soziale Stadt Potsdam
www.soziale-stadt-potsdam.de/aktuelle-nachricht/frauenasyl-eroeffnet.html
www.potsdam.de/content/323-verein-soziale-stadt-betreut-neuen-wohnungsverbund-fuer-fluechtlinge

11. Anpassung der Mietobergrenzen an die Marktrealitäten
Die für AsylbLG-Berechtigte, Sozialhilfe- und Hartz-IV-Berechtigte geltenden, auf Basis des maßgeblich nur den Bestand erfassenden, veralteten Mietspiegels aus 2013 ermittelten Mietobergrenzen entsprechen in keiner Weise den Berliner Marktrealitäten bei der Neuvermietung von Wohnungen. Wirksame Maßnahmen zur Begrenzung des Mietanstiegs muss die Politik treffen, dies können die Flüchtlinge nicht leisten.
Auf die verwirrende Differenzierung nach Heizungstyp (Gas-/Öl-/Fernheizung) und Gebäudegröße (100/500/1000m2) sollte verzichtet werden.

12. Wohnraum für Alle statt ständig neuer Notunterkünfte
Berlin muss den Sozialen Wohnungsbau wieder einführen und in geeigneter Weise fördern, zB auch gekoppelt an Baugenehmigungen für frei finanzierte Neubauten. Statt ständig neuer Notunterkünfte muss langfristig nutzbarer Wohnraum für Alle geschaffen werden, mit abgeschlossenen Wohneinheiten mit Küche und Bad.
Vgl. PE Region Hannover v. 12.05.2015: Region beschreitet neue Wege bei Unterkünften für Asylsuchende
www.hannover.de/Service/Presse-Medien/Region-Hannover/Unterkünfte-für-Asylsuchende
Im Sozialen Wohnungsbau muss das Land sein Belegungsrecht wieder nutzen. Die Sozialmieten sind auf das Niveau des Mietspiegels abzusenken und sozialrechtlich immer als angemessen zu akzeptieren. Darüber hinaus sind wirksame Instrumente zur Begrenzung des Mietanstiegs im gesamten Bestand erforderlich.





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