Veröffentlicht am 31.07.2013

Rechtswidrige Überbelegung der Berliner Flüchtlingsunterkünfte

Presseinformation vom 31. Juli 2013
Rechtswidrige Überbelegung der Berliner Flüchtlingsunterkünfte / LAGeSo sabotiert ehrenamtliches Engagement


Berliner Zeitung 1.8.2013 Flüchtlinge müssen in Notquartiere
Neues Deutschland 1.8.2013 Senat versagt bei Unterbringung
Tagesspiegel 2.8.2013 Flüchtlinge in Berlin – Not ohne Unterkunft

Rechtswidrige Überbelegung der Berliner Flüchtlingsunterkünfte / LAGeSo sabotiert ehrenamtliches Engagement

Am gestrigen Dienstag hat das Landesamt für Gesundheit und Soziales (LAGeSo) die Betreiber der Sammelunterkünfte für Asylsuchende angewiesen, alle Gemeinschaftsräume zu Schlafräumen umzuwandeln, um neue Kapazitäten zu schaffen. Durch die rechtswidrige Überbelegung werden unzumutbare Bedingungen in den Unterkünften geschaffen. Zudem werden zahlreiche ehrenamtliche Initiativen wie z.B. Deutschunterricht in den Gemeinschaftsräumen der Unterkünfte be- und verhindert.

Der Flüchtlingsrat verurteilt diese Maßnahmen scharf und fordert den Senat auf, endlich alles Erforderliche zu veranlassen, um die Flüchtlinge bevorzugt in normalen Wohnungen unterzubringen.

Wegen der räumlichen Enge und der fehlenden Privatsphäre ist das Leben in einer Sammelunterkunft für die betroffenen Menschen eine große Belastung. Lediglich 6m² Wohnfläche pro Person waren dort bisher vorgesehen. Durch die gestrige Weisung des LAGeSo wird es erheblich enger werden: Alle Gemeinschaftsräume sollen mit Betten belegt werden und die Mindestwohnfläche pro Person wird auf 4m² reduziert. Damit ordnet das Amt rechtswidrige Zustände an, denn nach dem Berliner Wohnungsaufsichtsgesetz muss eine Wohnfläche von mindestens 6m² pro Person vorhanden sein (vgl. E-Mail des LAGeSo sowie Hintergrundinformationen zum Wohnungsaufsichtsgesetz WoAufG Bln).

Mit diesem Vorgehen beweist der Senat erneut sein Versagen bei der Unterbringung von Flüchtlingen. Der Flüchtlingsrat hat wiederholt Maßnahmenkataloge vorgelegt, wie den Flüchtlingen der Zugang zu privaten Wohnungen zu erleichtern ist, z.B. durch die Ausgabe von Mietübernahmescheinen zur Wohnungssuche durch die Leistungsstelle des LAGeSo (ZLA) von Amts wegen, die Ausgabe von Wohnberechtigungsscheinen, die verbindliche Bereitstellung der zugesicherten Anzahl von Wohnungen durch die landeseigenen Wohnungsgesellschaften und die Förderung von Projekten, die die Wohnungssuche und Anmietung von Wohnungen gezielt unterstützen:

Bisher glänzt der Senat in diesen Fragen jedoch mit Untätigkeit. Die extrem restriktive Verwaltungspraxis der Zentralen Leistungsstelle für Asylbewerber (ZLA) beim LAGeSo verhindert zudem immer wieder, dass Flüchtlinge in Mietwohnungen ziehen, vgl. die Beispiele in den Hintergrundinformationen.

„Statt unsere Vorschläge zur Stärkung der Flüchtlinge auf dem Wohnungsmarkt umzusetzen, pfercht das LAGeSo hunderte Menschen auf engstem Raum in fragwürdige Notunterkünfte. Wenn es kurzfristig Engpässe bei der Unterbringung gibt, muss das LAGeSo die Menschen notfalls auch in Hostels, ‘Ferienwohnungen‘ und Pensionen unterbringen“, fordert Georg Classen vom Berliner Flüchtlingsrat. „Zudem ist konsequent gegen Bezirke wie Reinickendorf und Mitte vorzugehen, die mit politisch und rechtlich zweifelhaften Methoden die Flüchtlingsunterbringung sabotieren und rassistische Stimmungen der AnwohnerInnen fördern.“(1)

Durch die Umwidmung der Gemeinschaftsräume in Schlafräume fehlen in den Unterkünften nun auch die Möglichkeiten für ehrenamtliche Angebote wie kostenlose Deutschkurse, Kinderbetreuung, musikalische Aktivitäten, Treffen und Versammlungen der BewohnerInnen mit AnwohnerInnen und UnterstützerInnen usw.(2)

„In den letzten Monaten haben sich in vielen Bezirken, in denen es rassistisch motivierte Widerstände von AnwohnerInnen neuer Sammelunterkünfte gab und gibt, lokale Initiativen zur solidarischen Unterstützung der Flüchtlinge gebildet. Sie bieten in den Unterkünften vielfältige ehrenamtliche Aktivitäten an. Durch die gestrige Weisung sabotiert das LAGeSo diese ehrenamtlichen Angebote und erteilt den engagierten AnwohnerInnen eine schallende Ohrfeige“, sagt Georg Classen.(3)

Pressekontakt: Flüchtlingsrat Berlin, Tel: 030 / 24344 57 62

(1) vgl. Pressemitteilung des Flüchtlingsrat vom 25.06.13: Reinickendorf – Panikmache vor schutzsuchenden Flüchtlingen stoppen
TAZ vom 6.5.13: Strafe für ungezogenen Bezirk
Berliner Woche vom Oktober 2010: Mitte will keine Asylbewerber

(2) vgl. z.B. Berliner Zeitung vom 27.06.13: Musikchor im Flüchtlingsheim – Singend Deutsch lernen

(3) z.B. www.willkommen-im-westend.de, www.willkommen-in-reinickendorf.de

Hintergrundinformationen zur Pressemitteilung pdf





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