Die Umsetzung der „Duldung light“ durch die Ausländerbehörde Berlin – neue VAB sind online

Der Flüchtlingsrat hatte am 23.8.2019 ein Gespräch mit dem Leiter der Berliner Ausländerbehörde, Herr Mazanke, zur Umsetzung des „Geordnete Rückkehr Gesetzes„, insbesondere zur Duldung light nach dem neuen § 60b AufenthG. Herr Mazanke wirbt sehr für die Berliner Umsetzung, die im bundesweiten Vergleich einzigartig sei und neue Chancen für eine Legalisierung des Aufenthaltes bisher nur geduldeter Ausländer eröffne. Wir erläutern hier die angekündigte Umsetzung dar und benennen dazu unsere Fragen und Kritikpunkte.


Die Umsetzung der „Duldung light“  durch die Ausländerbehörde Berlin – neue VAB sind online

Text: (c) Flüchtlingsrat Berlin, Stand 28.08.2019, www.fluechtlingsrat-berlin.de. Wir werden diesen Text weiter aktualisieren und bitten um Hinweise und Kritik an: buero@fluechtlingsrat-berlin.de. Dieser Text als PDF: https://fluechtlingsrat-berlin.de/umsetzung_duldung_light_vab-berlin/

 

Seit 21.8.2019 ist das Geordnete-Rückkehr-Gesetzin Kraft, das die „Duldung light“ als neuen Aufenthaltsstatus unterhalb der normalen Duldung einführt.[1]

Gemäß § 60b Abs. 1 Aufenthaltsgesetz(AufenthG) wird die Duldung als „Duldung für Personen mit ungeklärter Identität“ (von uns als „Duldung Light“ bezeichnet) erteilt, wenn dieAbschiebung aus von der AusländerIn selbst zu vertretenden Gründennicht vollzogen werden kann, weilsie das Abschiebungshindernis durch eigene Täuschung über ihre Identität oder Staatsangehörigkeit oder durch eigene falsche Angaben selbst herbeiführt oder sie zumutbare Handlungen zur Erfüllung der neu eingeführten „besonderen Passbeschaffungspflicht“ nach § 60b Absatz 2 und 3 nicht vorgenommen hat.

Rechtsfolgen der „Duldung light“ sind gemäß § 60b Absatz 5 insbesondere ein Verbot jeder Erwerbstätigkeit einschließlich der betrieblichen Berufsausbildung, keine Anrechnung der Aufenthaltszeiten mit „Duldung light“ als Voraufenthaltszeit für Aufenthaltstitel, zB bei der Aufenthaltserlaubnis nach § 25a/b[2]AufenthG, und wegen des selbst zu vertretenden Abschiebungshindernisses wie bisher auch eine Leistungskürzungnach § 1a Asylbewerberleistungsgesetz.

Wortlaut siehe https://www.gesetze-im-internet.de/aufenthg_2004/__60b.html


Die zur Umsetzung des Geordnete-Rückkehr-Gesetzes aktualisierten Anwendungshinweise der Berliner Ausländerbehörde (VAB) zum AufenthG sind seit dem 23.8.2019 online:

https://www.berlin.de/labo/willkommen-in-berlin/service/downloads/artikel.274377.php

Die neuen VAB enthalten ausführliche Hinweise auch zur „Duldung Light“ unter A.60b und A.105.

Der Flüchtlingsrat hatte am 23.8.2019 ein Gespräch mit dem Leiter der Berliner Ausländerbehörde, Herrn Mazanke, zur Umsetzung des „Geordnete Rückkehr Gesetzes„, insbesondere zur Duldung light nach dem neuen § 60b AufenthG. Herr Mazanke wirbt sehr für die Berliner Umsetzung, die im bundesweiten Vergleich einzigartig sei und neue Chancen für eine Legalisierung des Aufenthaltes bisher nur geduldeter Ausländereröffne.

 

Neues Verfahren zur Glaubhaftmachung der Mitwirkung bei der Passbeschaffung

Die Ausländerbehörde hat gemäß § 60b Abs. 3 Satz 2 AufenthG eine Hinweispflicht zu den neuen Pflichten nach der „besonderen Passbeschaffungspflicht„. Deshalb wird in Berlin zum Zeitpunkt der regulären Verlängerung der Duldung zunächst keine Duldung light mit einem Beschäftigungsverbot erteilt, auch wenn bei den betroffenen Menschen bisheraufenthaltsbeendende Maßnahmen aus von ihnen selbst zu vertretenden Gründen nicht vollzogen werden konnten und deshalb bisher in ihrer Duldung ein Arbeitsverbot nach § 60a Abs. 6 S. 1 Nr. 2 (Vermerk „Erwerbstätigkeit nicht gestattet„) eingetragen war.

Stattdessen wird seit Inkrafttreten des Geordnete Rückkehr-Gesetz am 21.8.2019 zum regulären Verlängerungszeitpunkt der Duldung zunächst regelmäßig eine sechsmonatige „normale“ Duldung nach § 60a Abs. 2 S.1 AufenthG ohne Beschäftigungsverbot, erteilt.

Die Menschen werden zugleich aufgefordert, gemäß der erteilten Belehrung durch die Ausländerbehörde ihrer besonderen Passbeschaffungspflicht nachzukommen, vgl. VAB 60b.3.2. Die Duldung erhält den Eintrag „Beschäftigung nur nach Erlaubnis der Ausländerbehörde„, evtl. auch „Beschäftigung gestattet“ (siehe dazu weiter unten). Dies giltauch für Menschen, in deren Duldung bisher ein Verbot der Erwerbstätigkeit nach § 60a Abs. 6 eingetragen war.

Ausnahme: Bei Personen aus „sicheren Herkunftsländern“ im Sinne des Asylgesetzes[3]dürfte es allerdings voraussichtlich beim Arbeitsverbot nach § 60 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 AufenthG bleiben. Sie können demnach von der Neuregelung nicht profitieren.

Bei Erteilung der Duldung gibt es ein in der Regel in die Sprache des Antragstellers übersetztes Belehrungsschreiben der Ausländerbehörde zur neuen Passbeschaffungspflicht mit dem – deutschen und übersetzten – wenig sinnvollen, kaum verständlichen – Wortlaut der neuen Passbeschaffungspflichten gemäß 60b Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 bis 6.

Konkretisierte personen- oder herkunftslandbezogene Hinweiseder Ausländerbehörde zu den jeweils real bestehenden Passbeschaffungsmöglichkeiten, zu zumutbaren und real auch möglichen Mitwirkungshandlungen, zur (ggf. beim Sozialleistungsträger LAF oder Bezirkssozialamt nach § 6 AsylbLG zu beantragenden) Übernahme der Kosten der Passbeschaffung etc. werde es laut Herrn Mazanke nicht geben.

Wer dann bei der nächsten Verlängerung der Duldung glaubhaft macht, dass er alle ihm möglichen und zumutbaren Mitwirkungshandlungen erfüllt hat, aber noch keinen Pass erlangen konnte (z.B. weil er nachweislich für den Passantrag einen Termin bei der afghanischen Botschaft erst im Sommer 2020 bekommen habe), bekommt weiterhin eine normale Duldung ohne Beschäftigungsverbot.

Wer dies hingegen nach den sechs Monaten Duldung ohne Beschäftigungsverbot bei der nächsten Verlängerung (also frühestens ab Februar 2020) nichthinreichend glaubhaft machen kann, erhält dann eine „Duldung für Personen mit ungeklärter Identitätmit Beschäftigungsverbot. Die Voraussetzungen des § 60b werden grundsätzlich bei jeder Erteilung oder Verlängerung einer Duldung geprüft.

Die Passbeschaffungspflichten gelten als erfüllt, wenn der Ausländer durch konkrete und substantiierte Angaben (z.B. auch auf Nachfrage in der Behörde Detailangaben zu Ort und Zeit seiner Vorsprache bei der betreffenden Botschaft machen kann) und/oder Vorlage von Dokumenten (z.B. Antrags- oder Vorsprachebestätigungen, Abschriften abgegebener Erklärungen) glaubhaft macht, dass er die entsprechenden Mitwirkungshandlungen vorgenommen hat. Eine Verlängerung als reguläre Duldung ohne Beschäftigungsverbot erfolgt auch, wenn der Betroffene Passbeschaffungsbemühungen nachweist und erstmals Original-Identitätsdokumente (z.B. DDV) vorlegt und sich weiter um die Passausstellung bemüht.

Die Duldung ist auch als normale Duldung ohne Beschäftigungsverbot zu verlängern, solange die nachweislichen Bemühungen erfolglos geblieben sind, ohne dass der Ausländer dies zu vertreten hätte, etwa weil die Botschaft nachweislich erst Vorsprachetermine mit mehreren Monaten Verzögerung anbietet, weil der Antragsteller sich zunächst die Passbeschaffungskosten durch den Leistungsträger erstreiten muss oder weil eine vom Antragsteller ggf. mit Unterstützung der Ausländerbehörde zu veranlassende vertrauensanwaltliche unterstützte Identitätsklärung im Herkunftsstaat noch andauert (VAB 60b. 3.3. – 3.4.).

Hinweis zur Beschäftigungserlaubnis: Die „gute“ Duldung ohne Beschäftigungsverbot enthält den Vermerk „Beschäftigung nur nach Erlaubnis der Ausländerbehörde„. Es ist daher in jedem Einzelfall vor Aufnahme der Arbeit/Ausbildung mit den entsprechenden  Formularen eine Beschäftigungserlaubnis für die konkrete Tätigkeitbei dem konkreten Arbeitgeber bei der Ausländerbehörde zu beantragen. Eine Vorrangprüfung findet nicht statt, geprüft werden aber die Arbeitsbedingungen.

Zur Antragstellung für eine Beschäftigungserlaubnis für Ausländer mit einer Duldung siehe ausführlich unseren „Ratgeber für Geflüchtete in Berlinwww.fluechtlingsrat-berlin.de/ratgeber Kapitel 14.

Erst nach mindestens vierjährigen ununterbrochenen Voraufenthalt(addiert werden Zeiten mit Duldung, Gestattung, Visum oder Aufenthaltserlaubnis) trägt die Ausländerbehörde den Vermerk „Beschäftigung gestattet“ ein. Damit kann sofort jede Beschäftigung oder betriebliche Ausbildung aufgenommen werden, ein Antrag und eine Erlaubnis für die konkrete Tätigkeit ist nicht mehr erforderlich (§ 32 Abs. 2 Nr. 5 BeschV). Für die Vierjahresfrist zählen laut VAB auch Zeiten mit GÜB und mit Duldung Light (VAB B.BeschV.32.2.5.).

Die Glaubhaftmachung der Passbeschaffungsbemühungen durch eidesstattliche Versicherung kann (Ermessen!) die Ausländerbehörde dabei verlangen. Hierzu erhält der Betroffene eine entsprechende schriftliche Erklärung, die er direkt in der Behörde unterzeichnen kann (oder zu Hause, solange gebe es dann aber erstmal eine Duldung light mit Arbeitsverbot). Die Option der eidesstattlichen Versicherung wird von der Ausländerbehörde Berlin allerdings ausgeschlossen bei erheblichen Straftaten oder nachhaltiger Identitätstäuschung. Positiv werte die Ausländerbehörde in diesem Zusammenhang hingegen Integrationsbemühungen und aktive Passbeschaffungsbemühungen (VAB 60b. 3.3. – 3.4.).

 

Neue Wege in den Aufenthalt?

Das neue Verfahren zur Glaubhaftmachungvergeblicher Passbeschaffungsbemühungen soll laut Ausländerbehörde in passenden Fällen bei nachweislich endgültig gescheiterter Passbeschaffungsbemühungen ggf. den Weg in die Aufenthaltserlaubnis insbesondere nach §§ 25 Abs. 5 AufenthG wegen Unmöglichkeit der freiwilligen Ausreise, ggf auch § 25a, oder§ 25b AufenthG wegen langjährigem Aufenthalt oder § 18a AufenthG (ab 1.3.2020 § 19d) für eine qualifizierte Berufstätigkeiterleichtern können.

Eine Abschiebung ist allerdings auch bei nachgewiesenen Passbeschaffungsbemühungen weiterhin möglich, solange der Ausländer nur eine Duldung besitzt, auch wenn die Duldung kein Beschäftigungsverbot enthält, insbesondere natürlich auch dann, wenn ein Pass vorgelegt wird.

Ausgeschlossen ist die Abschiebung nur bei der zum 1.1.2020 eingeführten Beschäftigungsduldung(für die es in Berlin als Vorgriffsregelung eine Ermessensduldung gibt, VAB 60a. 2.3.6.), der Ausbildungsduldung (für die es in Berlin als Vorgriffsregelung auch für Helferausbildungen eine Ermessensduldung gibt, VAB 60a. 2.3.6.), der Härtefallkommissions-Duldung oder ggf. bei sonstigen Abschiebungshindernissen (z. B. Duldung wegen Krankheit, aus familiären Gründen, oder wegen Aussetzung oder Unmöglichkeit der Abschiebung ins betreffende Herkunftsland)

Sind die Mitwirkungsbemühungen bei der Passbeschaffung endgültig gescheitertund ist dies glaubhaft gemacht, besteht insbesondere die Option der Aufenthaltserteilung nach § 25 Abs. 5 (ggf. auch nach §§ 25a/b) oder trotz fehlendem Pass insbesondere im Anschuss an eine Ausbildungsduldung die Aufenthaltserteilung für eine qualifizierte Berufstätigkeit nach § 18a AufenthG (= 19b neu ab 1.3.2020).

Trotz fehlenden aktuell gültigen Passes ist dafür laut VAB„der Nachweis über die Identität imVollbeweiszu erbringen (i.d.R. durch Vorlage eines amtlichen Lichtbilddokuments). Ist die Identität nicht geklärt, kommt § 25 Abs. 5 nicht in Betracht.“ (VAB 25.5.3. neu).

Der Nachweis der Lebensunterhaltssicherung ist für die Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 nicht erforderlich, wenn der Ausländer zuvor bereits mindestens 18 Monate eine Duldung besaß (VAB 25.5.2.) Die wegen Unmöglichkeit der Passbeschaffung erteilte Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 erlischt mit der Ausreise in den Herkunftsstaat, dies wird im Aufenthaltstitel eingetragen (VAB 25.5.1.3. neu).

 

Duldung light mit stigmatisierender, sachlich falscher Bezeichnung

Die Bezeichnungder Duldung light als „Duldung für Personen mit ungeklärter Identität“ ist sachlich falsch, da diese Duldung auch eine solche Person erhält, deren Identität zweifelsfrei geklärt ist, die aber ihre Passbeschaffungspflicht nach § 60 b noch zu erfüllen hat, weil sie keinen aktuell gültigen Pass besitzt, sondern z.B. nur einen abgelaufenen Pass. Die Ausländerbehörde Berlin sieht, dass diese unzutreffende Bezeichnungzu Problemen etwa mit den Standesämtern führen kann. Auch die Pluralform ist sprachlich falsch, da ja immer nur jeweils eine Person die Duldung erhält.

Die Berliner Ausländerbehörde bezeichnet die Duldung light dennoch als „Duldung für Personen mit ungeklärter Identität„, auch wenn in Wirklichkeit die Identität unstrittig geklärt ist. In diesem Fall wird aber in der Duldung der Vermerk „Die Personalien beruhen auf den eigenen Angaben der Inhaberin/des Inhabers“ nicht eingetragen.

Die Einträge in der Duldung light lauten im Übrigen (VAB 60b.0):

„für Personen mit ungeklärter Identität“

„Erlischt bei Besitz eines zur Ausreise bzw. Rückführung in den Herkunftsstaat berechtigenden Dokumentes“

„Erwerbstätigkeit nicht gestattet (§ 60b Abs. 5 S. 2 AufenthG).“

„Bei Verstößen droht Unternehmer/Arbeitgeber Bußgeld bis zu 500.000 Euro“

„Wohnsitznahme im Land Berlin erforderlich.“

 

Rechtsgrundlage auch der Duldung light ist § 60a AufenthG. § 60b definiert nur die Passbeschaffungspflichten, die Gründe für den Vermerk „für Personen mit ungeklärter Identität“ und die Rechtsfolgen der Duldung light.

Voraussetzung für die „Duldung light“ ist, dass der fehlende Pass aktuell die Ursache dafür ist, dass eine ansonsten mögliche und zumutbare Abschiebung nicht vollzogen werden kann. Stehen zB Krankheit oder ein Abschiebestopp entgegen, darf keine „Duldung light“ erteilt werden. Weitere Voraussetzung ist, dass eine Passbeschaffung zumutbar und möglich wäre, der geduldete Ausländer die hierzu nötigen Handlungen aber vorwerfbar unterlässt.

Ganz wichtig:Voraussetzung für eine Duldung light ist nach § 60b Abs. 1 AufenthG – wie auch bisher beim Verbot der Erwerbstätigkeit nach § 60a Abs. 6 – dass aktuell eine Abschiebung aus von der AusländerIn selbst zu vertretenden Gründen nicht vollzogen werden kann, weil sie die in § 60b definierte „besondere Passbeschaffungspflicht“ nicht erfüllt, oder über Identität oder Staatsangehörigkeit täuscht.

 

Ausnahmen von der Duldung light

(vgl. VAB 60b.0)

  • Wenn zB Krankheit, Schwangerschaft und Geburt (3 Monate vor und nach dem Geburtstermin), bleibeberechtigte Angehörige der Kernfamilie, ein Abschiebestopp oder die generelle Unmöglichkeit der Abschiebung in das betreffende Herkunftsland auch unabhängig von der Frage der Passbeschaffung aktuell eine Abschiebung verhindern
  • Die Duldung light findet bis 1.7.2020 keine Anwendung auf Ausländer, die sich bereits in einem Ausbildungs- oder Beschäftigungsverhältnis befinden (§ 105 Abs. 2 AufenthG neu)
  • Die Duldung light findet keine Anwendung auf Inhaber einer Ausbildungsduldung auch über den 1.7.2020 hinaus (§ 105 Abs. 3 AufenthG neu)
  • Minderjährige, da diese die Passlosigkeit nicht selbst zu vertreten haben (VAB 60b.1.1.1., 60b.1.1.2., 3.2.,vgl auch VAB 25.5.3. neu)
  • Der Ausländer hat ein Asylgesuch oder einen Asylantrag gestellt, worüber noch nicht rechtskräftig entschieden ist.

 

Kritik

Eine Duldung darf gemäß § 60 b Abs. 1 AufenthG nur dann mit dem Zusatz „für Personen mit ungeklärter Identität“ und einem Erwerbsverbot versehen werden durfte, wenn das aktuelle Verhalten der AusländerIn ursächlich für das Abschiebehindernis ist. Dies galt auch bisher schon für das Erwerbsverbot nach § 60a Abs. 6 S. 1 Nr. 2 AufenthG.

Dabei stellte und stellt die Berliner Ausländerbehörde oftmals jedoch unerreichbare oder intransparente Anforderungen an die Identitätsklärung und Passbeschaffung und lastet zugleich den fehlenden Erfolg von Mitwirkungshandlungen der AusländerIn an. Arbeitsverbote zur Duldung wurden und werden in Berlin in der Praxis leider häufig auch erteilt, wenn der fehlende Pass real gar nicht der Grund für das Scheitern einer Abschiebung ist. Und andererseits war auch bisher schon möglich, seine Passbeschaffungsbemühungen der Behörde glaubhaft zu schildern und diese Bemühungen ggf. auch unaufgefordert durch eine eigene eidesstattliche Versicherung zu bekräftigen.

Für Afghanen gilt in Berlin – Personen mit schwersten Straftaten ausgenommen – z.B. ein faktischer Abschiebestopp. Afghanen erhalten in Berlin dennoch bei fehlender Taskira – künftig ggf. sogar wegen Passlosigkeit? –  ein Beschäftigungsverbot zu ihrer Duldung. Unklar ist auch, ob bei Afghanen eine Taskira als Identitätsnachweis ausreicht, oder ob (auch) ein Pass nach Nachweis der Beseitigung des Abschiebungshindernisses gefordert wird.

Schließlich kann in vielen Fällen auch die Ausländerbehörde selbst ohne Mitwirkung des Ausländers die für eine Abschiebung nötigen Dokumente bei der Vertretung der Herkunftslandes besorgen. Das Verhalten des Ausländers und seine Passlosigkeit sind dann für das Abschiebungshindernis nicht ursächlich, so dass unseres Erachtens – anders als es der bisherigen Praxis entspricht – auch kein Beschäftigungsverbot und keine „Duldung light“ erteilt werden dürfte.

Ziel der Ausländerbehörde ist es, besser zu differenzieren zwischen denjenigen, die vorwerfbar ihre Abschiebung verhindern und denjenigen, die sich um Papiere bemühen diese aber trotz Bemühungen tatsächlich nicht erlangen können.[4]Es bleibt abzuwarten, ob durch die Berliner Praxis bei der Umsetzung der Duldung light im Ergebnis einer relevanten Anzahl an Personen in Berlin der Weg in ein Bleiberecht verholfen wird, wie von Herrn Mazanke angekündigt, oder ob dies auch künftig an intransparenten und möglicherweise unzumutbaren Anforderungen an die Erfüllung der Passbeschaffungspflicht scheitern wird.

______ 

[1]BGBL v. 20.08.2019 https://media.offenegesetze.de/bgbl1/2019/bgbl1_2019_31.pdf, siehe auch Infoseite des Flüchtlingsrates zum „Migrationspaket“ https://fluechtlingsrat-berlin.de/recht_und_rat/asylg-2018/

[2]Anders bei der Beschäftigungserlaubnis und beim § 2 AsylbLG, da die Nichtanrechnung laut Gesetzesbegründung sich nur auf die Wartezeit für einen Aufenthaltstitel beziehen soll, so auch VAB zu § 32 BeschV.

[3]Serbien, Bosnien-Herzegowina, Kosovo, Albanien, Mazedonien, Montenegro, Senegal, Ghana, vgl. Anlage zu § 29a AsylG

[4]VAB 60b.0.: „Mit dem durch das 2. Gesetz zur besseren Durchsetzung der Ausreisepflicht geschaffenen § 60b will der Gesetzgeber Ausreisepflichtige besser als bisher danach unterscheiden, ob sie unverschuldet an der Ausreise gehindert sind oder ob ihnen die fehlende Möglichkeit bei der Durchsetzung der Ausreisepflicht zugerechnet werden muss. Insoweit wurde bei Personen, bei denen die Abschiebung aus vom Ausländer selbst zu vertretenden Gründen nicht vollzogen werden kann, weil einer der in Abs. 1 S. 1 genannten Tatbestände vorliegt, zur Duldung der Zusatz „für Personen mit ungeklärter Identität“ geschaffen.





Nach oben scrollen