Veröffentlicht am 31.07.2020

31.07.2020: Zweierlei Maß – Empörung über Nichtaufnahme aus Griechenland, aber Massenabschiebungen von Roma-Flüchtlingen nach Moldawien

Während Berlins Regierender Bürgermeister sich zu recht öffentlich echauffiert über die Ablehnung von Bundesinnenminister Seehofer für sein Landesaufnahmeprogramm Griechenland, führt Berlin zeitgleich Massenabschiebungen mit Kindern, Kranken und Behinderten nach Moldawien durch. Eine am 15.7. und gestern am 30.7. gleich die nächste.

PM als pdf zum Download


Unter den Abgeschobenen zahlreiche Familien mit Kleinkindern, Krebskranke in laufender Chemotherapie, Behinderte im Rollstuhl. Abholung um 3 Uhr nachts. Es kam zu Familientrennungen. Betroffen vor allem Angehörige der in Moldawien massiv diskriminierten Roma-Minderheit. Abschiebung per Sammelcharter ins Corona-Risikogebiet, wo Roma meist keinen Zugang zu medizinischer Versorgung haben. Die offizielle Caritas-Abschiebbeobachterin ist in Urlaub, eine Vertretung existiert nicht.

 

Siehe zur Abschiebung vom 15.7. bereits unsere gestrige PM mit Hintergrundinfos zur Lage der Roma und zur Coronapandemie in Moldawien:
https://fluechtlingsrat-berlin.de/30_7_20_pm-keine-solidaritaet-mit-gefluechteten-abschiebungen-zur-nachtzeit-in-corona-gebiete

 

„Wenn der Berliner Senat sich zu Recht darüber echauffiert, besonders schutzbedürftige Flüchtlinge (Kranke, Behinderte, Alte, Familien mit Kindern usw.) aus Griechenland nicht aufnehmen zu dürfen, aber zeitgleich hunderte besonders schutzbedürftige Angehörige der Roma-Minderheit ins Corona-Risikogebiet Moldawien abschiebt, dann scheint die Empörung über die Ablehnung des Landesaufnahmeprograms nur Heuchelei auf dem Rücken der Geflüchteten,“so Georg Classen, Sprecher des Flüchtlingsrates Berlin.

 

Der Schutz von Kindern, Kranken, Behinderten und weiteren besonders schutzbedürftigen Geflüchteten darf nicht nur für eine Gruppe gelten, die gerade in der öffentliche Debatte ist. Auch Kranke, Behinderte und Kinder aus Moldawien brauchen unseren Schutz. Dies gilt insbesondere für Angehörige der Roma-Minderheit.

 

Wir fordern den Berliner Senat auf,auf Abschiebungen in Coronarisikogebiete generell zu verzichten. Erst recht ist aufAbschiebungen von Kindern, Kranken, Behinderten und weiteren gesundheitlich besonders gefährdeten Risikogruppen zu verzichten.

 

Die Massenabschiebungen von Roma aus Berlin nach Moldawien und auf den Westbalkan verbieten sich auch vor dem Hintergrund der besonderen historischen Verantwortung Deutschlands. Romahaben in diesen Ländern nach wie vor häufig keinen Zugang zum Gesundheitssystem, zu Wohnung, Arbeit und Bildung, vgl. dazu auch unsere gestrige PM.[1]

 

Pressekontakt: Flüchtlingsrat Berlin e.V., Tel. 030/224 76 311 (gegebenfalls lange klingeln lassen wegen Homeoffice), Mail: buero@fluechtlingsrat-berlin.de

 

 

[1]https://fluechtlingsrat-berlin.de/30_7_20_pm-keine-solidaritaet-mit-gefluechteten-abschiebungen-zur-nachtzeit-in-corona-gebiete, siehe auch Bericht Council of Europe – Commissioner for Human Rights, Juni 2020, abrufbar über www.ecoi.netsowie East Europe Foundation, Unequal Moldova , 2018, https://eef.md/media/files/files/unequal-moldova-report-english-web_1278956.pdf





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