Kinderrechte erneut missachtet
Berliner Ausländerbehörde betreibt weiter die Abschiebung eines Familienvaters
Pressemitteilung vom 1. August 2005
Seit 13. Juli 2005 befindet sich Herr Branislav S. (Staatsangehörigkeit Serbien – Montenegro) im Berliner Abschiebungsgewahrsam. Die von der Berliner Ausländerbehörde beabsichtigte Durchführung der Abschiebung nach Belgrad konnte nur durch die Stellung eines Asylantrages zwischenzeitlich gestoppt werden. Für die Ausländerbehörde ist Herr S. vollziehbar ausreisepflichtig.
Herr S. lebt seit über zwei Jahren mit Frau Emina F. und der gemeinsamen Tochter zusammen. Frau F. und ihre Tochter Jovanka sind dringend auf die Unterstützung des Lebenspartners bzw. des Vaters angewiesen. Frau F. musste bisher dreimal in der Woche zur Dialyse, für jeweils 3-6 Stunden. In dieser Zeit benötigte sie besonders die Hilfe ihres Partners, der sich intensiv um seine Tochter kümmerte.
Nach dessen Inhaftierung verschlechterte sich Gesundheitszustand von Frau F. dramatisch, so dass sich diese zwischenzeitlich in stationäre Behandlung begeben musste. Das Kind wurde auf Anweisung des Jugendamtes in einer Pflegefamilie untergebracht. Somit wurde im Ergebnis eine Familie völlig auseinandergerissen.
Die Berliner Ausländerbehörde behandelt im Unterschied zum zuständigen Sozial- und Jugendamt die Betroffenen nicht als Familie. Diese Position wird auch von der Senatsverwaltung für Inneres geteilt. Dabei beruft sich die Behörde auf die nicht vorliegende Anerkennung der Vaterschaft. Dass die Vaterschaft nicht beurkundet wurde, kann aber Herrn S. nicht angelastet werden. Die Mutter des Kindes hatte bisher alles versucht, um die Ausstellung einer Geburtsurkunde und die Anerkennung der Vaterschaft in die Wege zu leiten.
Hierbei ist anzumerken, dass die Senatsverwaltung für Inneres selbst die Praxis der Berliner Standesämter legitimiert, Eltern ohne gültige Identitätsnachweise (Pässe) die Ausstellung einer Geburtsurkunde für ihr Kind zu verweigern. Somit ist das Kind für die Ausländerbehörde faktisch nicht vorhanden und wird die offizielle Anerkennung der Vaterschaft nicht ermöglicht.
Im geschilderten Fall wird der zweijährigen Jovanka und ihren Eltern die Inanspruchnahme ihres Grundrechtes auf den Schutz der Familie (Art. 6 Grundgesetz) verwehrt. Das Wohl des Kindes wird dem ordnungspolitischen Interesse der Ausländerbehörde an der Durchsetzung der Abschiebung geopfert.
Vor diesem Hintergrund fordert der Flüchtlingsrat die Senatsverwaltung für Inneres erneut auf, dafür Sorge zu tragen, dass
– dem Wohl des Kindes im Verwaltungshandeln der Berliner Ausländerbehörde oberste Priorität gegenüber der Durchsetzung ausländerrechtlicher Zwangsmaßnahmen eingeräumt wird.
– entsprechend der UN-Kinderrechtskonvention allen Kindern uneingeschränkt eine Geburtsurkunde ausgestellt wird.
Flüchtlingsrat Berlin
Berlin, 01.08.2005