Veröffentlicht am 19.08.2013

Asylunterkunft Hellersdorf: Flüchtlingsrat fordert Aussetzung der Belegung

Presseinformation vom 19. August 2013


– aktuelle Infos zu Hellersdorf siehe hier! –

ausgewählte Presse 20.08.2013:
Kurier: Erste Flüchtlinge da – der Hass auch
Junge Welt: Explosive Stimmung
Berliner Zeitung: Einzug unter Polizeischutz
RBB: Festnahmen vor neuem Asylbewerberheim

Angesichts der extrem angespannten Situation in Hellersdorf anlässlich der für heute vorgesehenen Belegung einer neuen Sammelunterkunft für Flüchtlinge und des Fehlens eines umfassenden Sicherheitskonzepts ist es unverantwortlich, schutzsuchende Menschen dort unterzubringen.

Der Flüchtlingsrat Berlin fordert die Aussetzung der Belegung bis mindestens folgende Voraussetzungen vorliegen:

  • ein umfassendes Sicherheitskonzept für die Unterkunft, das Bezirk, Landesamt für Gesundheit und Soziales (LAGeSo), Polizei, Heimbetreiber, BVG-Sicherheitspersonal sowie ExpertInnen im Umgang mit RechtsextremistInnen gemeinsam erarbeiten und unter Beteiligung von Wohnungsgesellschaften, Kitas, Schulen, Einkaufszentren und weiteren Dienstleistern im Stadtteil, Freizeiteinrichtungen und Kirchen gemeinsam umsetzen,
  • die unmissverständliche öffentliche Ansage einer Null-Toleranz-Politik des Bezirks und der Polizei gegenüber jeglichen flüchtlingsfeindlichen Beleidigungen, Übergriffen usw. sowie ein konsequentes Umsetzen dieser Politik,
  • das Durchführen der geplanten und ggf. weiterer Informationsveranstaltungen für die AnwohnerInnen, um Vorurteile abzubauen und Falschinformationen zu widerlegen,
  • das Abwarten des Semesterbeginns der Alice-Salomon-Hochschule für Sozialwesen Mitte Oktober, die ihre Unterstützung für die BewohnerInnen der neuen Sammelunterkunft zugesagt hat.

Seit Wochen hetzt die flüchtlingsfeindliche, von der NPD und gewaltbereiten Rechtsradikalen maßgeblich beeinflusste „Bürgerinitiative Marzahn-Hellersdorf“ (BMH) gegen die neue Unterkunft. Auf der Facebookseite der BMH wird dazu aufgerufen, Hausmüll vor der Unterkunft abzuladen, Bürgerwehren zu bilden oder gar das Heim anzuzünden. Bei einer Demonstration der Bürgerinitiative am 9. August 2013 hielten führende Nazifunktionäre Redebeiträge, mehrere TeilnehmerInnen wurden festgenommen, weil sie den Hitlergruß zeigten.

Georg Classen vom Flüchtlingsrat Berlin: „Es ist unverantwortlich, Menschen, die gerade vor Krieg und Verfolgung nach Deutschland geflohen sind und in ihren Herkunftsländern Schreckliches erlebt haben, in eine derart aufgeheizte Atmosphäre zu schicken. Allein die Tatsache, dass die Menschen in Polizeifahrzeugen nach Hellersdorf gebracht werden sollen zeigt, dass ein normales Wohnen dort nicht möglich ist. Deshalb fordern wir die Aussetzung der Belegung, bis die notwendigen Voraussetzung für die Unterbringung von schutzsuchenden Menschen sichergestellt sind.“

Das vom Flüchtlingsrat geforderte Sicherheitskonzept liegt bis heute nicht vor. Stattdessen scheinen Bezirk und LAGeSo allein auf die Polizei zu setzen. Der Leiter des zuständigen Polizeiabschnitts 63 Martin Jeske weigert sich erklärtermaßen, angemeldete Nazidemos wie die o.g. Aktion der „Bürgerinitiative“ am 9. August vorab bekannt zu geben. Solche Aktionen dürften auch künftig in Rufweite zur Unterkunft stattfinden.

Unterstützung erhält die „Bürgerinitiative“ von der Wohnungsgenossenschaft Wuhletal eG, der die Mietshäuser in unmittelbarer Nachbarschaft des neuen Heims gehören. Karsten Ewert, Vorstand der Wohnungsgenossenschaft, lehnt in einem Betrag für die aktuelle Ausgabe der MieterInnenzeitung „Wuhletaljournal“ die neue Unterkunft für schutzsuchende Flüchtlinge ausdrücklich ab. Die Wohnungsgenossenschaft distanziert sich erklärtermaßen vom neu gegründeten „Netzwerk für Hellersdorf – Gemeinsam für Menschen in Not“, das Bezirksamt, Kirchen, LAGeSo, Alice-Salomon-Hochschule, Flüchtlingsrat u.a. an einem Runden Tisch vereint. Von der Nazi-Bürgerinitiative wird die Wohnungsgenossenschaft Wuhletal für ihre „coole“ flüchtlingsfeindliche Positionierung ausdrücklich gelobt.

Nach Ansicht des Flüchtlingsrats kann die neue Sammelunterkunft erst nach Vorliegen der genannten Voraussetzungen und jeweils nur als kurzfristige Übergangslösung genutzt werden. Stattdessen muss die Unterbringung in privaten Mietwohnungen intensiv gefördert werden. Dazu ist unter anderem eine aktive Unterstützung der BewohnerInnen bei der Wohnungssuche durch das LAGeSo erforderlich.

Pressekontakt: Flüchtlingsrat Berlin e.V., Tel: 030 / 24344 57 62

Hintergrundinformationen:

Flüchtlingsrat fordert Sicherheitskonzept für die Asylaufnahme in Hellersdorf:
Bereits Mitte Juli 2013 hat sich der Flüchtlingsrat an das LAGeSo, das Bezirksamt und die Polizei gewendet mit Vorschlägen für ein Sicherheitskonzept für die Asylaufnahme in Hellersdorf. LAGeSo und Bezirk lehnen die Vorschläge jedoch ab, von der Polizei haben wir bis heute keine Antwort erhalten.

Wohnungsgenossenschaft Wuhletal eskaliert Konflikte um Flüchtlingsunterkunft Hellers-dorf
Beitrag in der MieterInnenzeitschrift „Wuhletaljournal“ der Wuhletal AG über die neue Flüchtlingsunterkunft, online veröffentlicht am 02.08.2013, Seite 9

Festnahmen nach Demonstration in Hellersdorf am 9. August 2013:





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