Veröffentlicht am 07.10.2004

Hungerstreik im Abschiebegefängnis Köpenick wird fortgesetzt

Pressemitteilung des Flüchtlingsrats Berlin e. V. und Initiative gegen Abschiebehaft vom 7.10.2004


Proteste richten sich vor allem gegen die langen Haftzeiten

Noch etwa 20 Gefangene verweigern seit Montag in der Abschiebehaft in der Grünauer Straße jegliche Nahrungsaufnahme, um gegen die „unmenschliche Behandlung“ in dem Gefängnis zu protestieren. Gegenüber der Haftleitung und dem Berliner Innensenat fordern sie die Reduzierung der Haftdauer auf maximal drei Monate, ausreichendes Essen, längere Hofzeiten und einen respektvollen Umgang der Polizeibeamten mit den Gefangenen.

Wenn die Ausländerbehörde es nicht schaffe, innerhalb von drei Monaten die Papiere für die Ausreise zu beschaffen, soll der Häftling entlassen werden, lautet die Hauptforderung der Gefangenen. Bei zwei der Hungerstreikenden, einem Libanesen und einem Litauer, wurden bereits mehr als neun Monate Haft angeordnet. Bis zu 18 Monaten kann eine Haft in dem Gefängnisbau dauern, selbst wenn absehbar ist, dass die Ausländerbehörde keine Ausreisepapiere beschaffen kann. Es handelt sich dabei nach Meinung der Initiative gegen Abschiebehaft, des Flüchtlingsrates und anderen Flüchtlingsorganisationen um Beugehaft. Der jeweilige Häftling soll damit zur Mitarbeit bei der Beschaffung der Reisedokumente gezwungen werden. Die Senatsverwaltung für Inneres sollte aber vielmehr das Vorgehen einzelner der Botschaften bei der Ausstellung von Reisedokumenten im Interesse der Vermeidung von Abschiebungshaft berücksichtigen.

Alle etwa 30 Frauen, die derzeit in Abschiebehaft sitzen, hatten zu Beginn den Hungerstreik unterstützt. Die Polizei hatte neun schwarze Frauen in den Polizeigewahrsam nach Tempelhof gebracht, um sie von den anderen zu isolieren. Bei diesem Transport ist es nach Aussagen der betroffenen Frauen zu Gewaltanwendungen von Seiten der Polizei gekommen. Eine der Frauen befindet sich im Krankenhaus, die anderen wurden in den Abschiebeknast nach Köpenick zurück gebracht. Eine davon mit schweren Handverletzungen. In Tempelhof hätten sie in Einzelzellen ohne ausreichende Waschmöglichkeiten und ohne Tagesbekleidung zubringen müssen. Im Falle der Nahrungsverweigerung sei ihnen mit Injektionen gedroht worden.

Die Perspektivlosigkeit der Situation, die Ungewissheit +ber die Dauer der Inhaftierung und die Angst vor der Rückkehr ins Herkunftsland schaffen ein Klima der Hilflosigkeit, Frustration und Verzweiflung. Hungerstreiks, Selbstverletzungen und Suizidversuche sind in der Berliner Abschiebehaft an der Tagesordnung.

Von Januar bis April 2003 gab es bereits einen groß angelegten Hungerstreik mit mehr als 70 Gefangenen, der etliche kleine Verbesserungen im Haftalltag bewirkt hatte. Im gleichen Zeitraum zählte die Initiative gegen Abschiebehaft und die Antirassistische Initiative über 50 Suizidversuchen und Selbstverletzungen von Häftlingen.

Weitere Informationen bei
„Initiative gegen Abschiebehaft“
Dana Jirous 030-5106 2228
Antirassistische Initiative
tägl. 18-21 Uhr 030-7857281 Flüchtlingsrat Berlin
030-24344-5762 www.fluechtlingsrat-berlin.de
www.abschiebehaft.de





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