Veröffentlicht am 04.10.2013

LAGeSo Berlin setzt neu ankommende Asylsuchende rechtswidrig in die Obdachlosigkeit aus

Presseinformation vom 4. Oktober 2013

Berliner Senat setzt Asylsuchende in die Obdachlosigkeit aus


Weil alle vorhandenen Berliner Sammelunterkünfte für Asylsuchende derzeit voll belegt sind[1], müssen neu in Berlin ankommende Flüchtlinge neuerdings im Freien schlafen. Der Flüchtlingsrat fordert die Senatssozialverwaltung auf, sofort ausreichende Unterbringungskapazität zu schaffen und notfalls zusätzliche Plätze in Hotels, Hostels und Pensionen usw. zu buchen.

Die über 400 Betten verfügende Berliner Erstaufnahmeeinrichtung für Asylsuchende in der Motardstraße (EAE) ist aktuell mit 609 Personen völlig überbelegt, weitere Aufnahmen sind nicht mehr möglich. Dennoch kommen täglich neue Schutzsuchende in der Motardstraße an, geschickt von der Zentralen Aufnahmestelle für Asylsuchende ZAA des Landesamtes für Gesundheit und Soziales (LAGESO) oder von der Polizei. Allein in der vorletzten Nacht sind dort 15 Personen angekommen, die nicht mehr untergebracht werden konnten, berichten MitarbeiterInnen der EAE Motardstr. Die Menschen wurden an die einzige im Sommer geöffnete Berliner Notübernachtungseinrichtung in der Franklinstraße verwiesen, die jedoch ebenfalls völlig überfüllt ist und keine freien Betten mehr hat. Im Ergebnis müssen seit einigen Tagen viele Asylsuchende die Nacht auf der Straße verbringen.[2]

Wegen fehlender Plätze in den Berliner Sammelunterkünften gibt die Zentrale Leistungsstelle für Asylsuchende zum Teil auch Gutscheine zur Übernachtung in Hostels aus, weist den Flüchtlingen dort jedoch keine konkreten Plätze zu. Die Betroffenen müssen sich daher auf eigene Faust auf die Suche nach einem passenden Schlafplatz begeben. Wenn diese Suche erfolglos bleibt, z.B. weil es wegen des Berlin-Marathons oder jetzt wegen des „verlängerten Wochenendes“ keine freien Plätze in den Hostels gibt, oder weil diese die Annahme der Gutscheine verweigern, oder weil die gerade erst in Berlin angekommen Menschen mit der Suche nach einem Hostelplatz überfordert sind, müssen die schutzsuchenden Flüchtlinge die Nacht im Freien verbringen.

Dieser Zustand ist völlig inakzeptabel. Der Flüchtlingsrat fordert die Senatsverwaltung für Soziales auf, unverzüglich dafür zu sorgen, dass allen neu ankommenden Asylsuchenden eine Unterkunft nachgewiesen wird. Das LAGeSo, das der Berliner Senatsozialverwaltung untersteht, ist gesetzlich verpflichtet, den schutzsuchende Menschen, die sich an die ZAA wenden, eine Unterkunft zuzuweisen. Die Berliner Sozialverwaltung ist nach dem Asylbewerberleistungsgesetz, nach der EU-Asylaufnahmerichtlinie, nach dem Asylverfahrensgesetz, aber auch nach dem Allgemeinen Polizei – und Ordnungsgesetz ASOG zur Beseitigung von Obdachlosigkeit und zum Nachweis einer Unterkunft für neu ankommende mittellose Asylsuchende rechtlich verpflichtet. Das aktuelle Vorgehen de LAGeSo stellt ein temporäres Außerkraftsetzen von Grund- und Menschenrechten und einen Angriff auf das Asylgrundrecht dar.

Berlin hat derzeit 126.000 offizielle Gästebetten.[3] Hinzu kommen dürften mindestens 30.000 Betten in sog. „Ferienwohnungen“.[4] Es sollte möglich sein, dass das LAGeSO dort kurzfristig die aktuell benötigten zusätzlichen Kapazitäten bucht. Es kann nicht Aufgabe der Asylsuchenden sein, selbst über Preise und Kontingente zu verhandeln.

Damit in den vorhandenen Sammelunterkünften wieder Plätze für neu ankommende Asylsuchende frei werden, ist seitens der Sozialbehörden Landes Berlin eine wesentlich intensivere und engagiertere Unterstützung der bereits hier lebenden Flüchtlinge bei der Wohnungssuche notwendig als bisher. Vgl. dazu ausführlich die Pressemitteilung des Flüchtlingsrats vom 19.07.2013,

Kontakt: Flüchtlingsrat Berlin, Tel: 030-243 44 57 62
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[1] Die Statistik des LAGeSo vom 01.10.2013 weist für die Berliner Sammelunterkünfte aktuell eine Belegung mit 7.141 Personen aus, bei einer Kapazität von nur 6.801 Plätzen.

[2] Bereits seit Ende August 2013 werden rechtswidrig Asylfolgeantragsteller zeitweise nicht mehr untergebracht, nunmehr sind auch Asylsuchende mit Erstantrag betroffen.

[3] „Zum Jahresende 2012 boten 772 Berliner Beherbergungsstätten insgesamt 126 000 Betten an. Die durchschnittliche Auslastung aller Gästebetten betrug im Jahresverlauf 54,5 Prozent und übertraf trotz der Angebotserweiterung (fast 5 000 Betten mehr) den Vorjahreswert (51,2 Prozent). Hinzu kamen 6 Campingplätze für Urlaubscamping.“ Vgl. www.statistik-berlin-brandenburg.de/pms/2013/13-02-20.pdf

[4] www.morgenpost.de/berlin-aktuell/article117050203/Verbot-von-Ferienwohnungen-Das-Gesetz-vernichtet-unsere-Existenz.html





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