Sozialsenator Czaja setzt Asylrecht in Berlin außer Kraft
Presseinformation vom 03. September 2014
Berlins Zentrale Aufnahmestelle für Asylbewerber verweigert die Annahme von Asylanträgen
RBB Abendschau 03.09.2014
TSP 03.09.2014
Morgenpost 03.09.2014
dpa 03.09.2014
Berliner Zeitung 03.09.2014
Neues Deutschland 03.09.2014
TAZ Kommentar 04.09.2014
RBB 04.09.2014
TAZ 04.09.2014
Aushang am 04.09.14: ZAA ab Mo 08.09.14 wieder geöffnet
Berliner Zeitung 08.09.2014
Berlins Zentrale Aufnahmestelle für Asylbewerber verweigert die Annahme von Asylanträgen
Wie Sozialsenator Mario Czaja (CDU) heute Mittag auf einer Pressekonferenz des Landesamts für Gesundheit und Soziales (LAGeSo) bekannt gab, sollen in Berlin vorerst keine Asylanträge mehr angenommen werden.
Für die Betroffenen bedeutet das: Kein Zugang zum verfassungs- und europarechtlich garantierten Asylrecht, kein Zugang zur polizei- und menschenrechtlich gebotenen Existenzsicherung, keine Aufnahme des Asylgesuchs zur Weiterleitung an das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, keine Zuweisung einer Unterkunft und Schlafmöglichkeit zur Vermeidung von Obdachlosigkeit, keine Verpflegung und medizinische Versorgung.
Zum wiederholten Male setzt die in Berlin für die Annahme von Asylanträgen allein zuständige „Zentrale Aufnahmeinrichtung des Landes Berlin für Asylbewerber ZAA“ beim LAGeSo Berlin Asylsuchende rechtswidrig ohne Verpflegung der Obdachlosigkeit aus. Begründet wird dies mit dem „Flüchtlingsansturm“ bei der ZAA, in den letzten beiden Tagen seien dort je 100 Asylanträge gestellt worden. Man hoffe, so MitarbeiterInnen des LAGeSo, die Flüchtlinge werden auf andere Bundesländer ausweichen. Dabei ist die Schließung nicht mit anderen Bundesländern abgesprochen.
Schon bisher werden neu ankommende Asylsuchende gleichmäßig auf die Bundesländer verteilt. Dabei gehört gerade auch die geordnete Zuweisung und Weiterleitung Asylsuchender an andere Bundesländer nach dem „Königsteiner Schlüssel“ zu den Pflichtaufgaben der nunmehr geschlossenen Berliner ZAA.
Während neu in Berlin ankommende Flüchtlinge bereits im August 2014 nur noch Hostel-Gutscheine erhalten hatten, um sich – oft erfolglos – selbst Schlafplätze zu besorgen – vgl. PM des Flüchtlingsrats vom 14.08.14, sowie PM vom 04.10.13 – wird ihnen nun von Gesundheits- und Sozialsenator Czaja erklärtermaßen jegliche Schlafmöglichkeit verweigert, da Asylanträge nicht einmal mehr entgegengenommen werden. Dabei ist das Land Berlin ist gesetzlich verpflichtet, Asylanträge entgegenzunehmen, den asylsuchenden Menschen eine Unterkunft nachzuweisen, und sie als Asylsuchende ggf. auch an andere Bundesländer zuzuweisen.
Die Schließung der Behörde beinhaltet einen Rechtsbruch bezüglich des Art. 16a Grundgesetzes, der Genfer Flüchtlingskonvention und der EU-Asylrichtlinien. Auch nach dem Allgemeinen Polizei- und Ordnungsgesetz ASOG ist der Sozialsenator zur Beseitigung von Obdachlosigkeit und zum Nachweis einer Unterkunft für obdachlose und mittellose Menschen verpflichtet.
„Senator Czaja setzt willkürlich Grund- und Menschenrechte und das Asylrecht außer Kraft“, so Nora Brezger vom Flüchtlingsrat Berlin, „wir sind schockiert über das skrupellose Vorgehen des Gesundheits- und Sozialsenators, die asylsuchenden Menschen ohne Nahrung und Dach über dem Kopf und ohne medizinische Hilfe sich selbst zu überlassen.“
So wurde heute einer allein reisenden Mutter mit zwei Kindern im Alter von zwei und vier Jahren aus Tschetschenien, die vorsprechen wollte um ihr Asylgesuch zu stellen, mitgeteilt, sie dürfe erst am 16.9.2014 wieder vorsprechen. Bis dahin wurden weder Übernachtungsmöglichkeiten bereitgestellt, noch bekam sie Verpflegungsgeld und Krankenscheine, noch einen Termin beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge BAMF zur förmlichen Asylantragstellung.
Die Familie ist kein Einzelfall. Jeder neu ankommende Asylsuchende wird seit heute von der ZAA abgewiesen und auf einen Termin ein oder zwei Wochen später verwiesen. Der Flüchtlingsrat fordert die sofortige Öffnung der ZAA und die sofortige Annahme von Asylanträgen neu ankommender Flüchtlinge, sowie ihre Unterbringung und Verpflegung. Ggf. sind Verwaltungsmitarbeiter aus den Senatsverwaltungen und anderen Dienststellen an die ZAA abzuordnen und freie Bettenkapazitäten in Hostels, Pensionen, Hotels usw. zu nutzen.
Pressekontakt: Flüchtlingsrat Berlin, Tel.: 030-243445762