Veröffentlicht am 25.03.2020

25.03.2020: Flüchtlingsrat zur Corona-Krise: Zugang zu Unterkunft, Leistungen zum Existenzminimum und medizinischer Versorgung für Alle sicherstellen!

Menschen in prekären Lebenslagen trifft die Corona-Krise besonders hart. Dazu zählen Wohnungs- und Obdachlose, Menschen in Sammelunterkünften und Menschen ohne legalen Aufenthaltsstatus und/oder ohne Krankenversicherung – ob deutsch oder nichtdeutsch, geflüchtet oder nicht geflüchtet. Für sie besteht häufig kein ausreichender Infektionsschutz und kein Zugang zu medizinischer Versorgung. Hinzu kommt oft ein erhebliches Informationsdefizit. Auch Mitarbeiter*innen von Sammelunterkünften und von Hilfseinrichtungen für Obdachlose sehen sich nicht ausreichend geschützt.

Der Flüchtlingsrat fordert Senat, Bezirke und Behörden auf, den Zugang zu Unterkunft, Leistungen zum Existenzminimum und medizinischer Versorgung für alle Menschen in Berlin sicherstellen.


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Forderungen an die Senatsverwaltungen für Soziales, für Jugend und für Gesundheit, das Landesamt für Flüchtlingsangelegenheiten (LAF) und an die Bezirksämter

Laufend aktualisierte mehrsprachige Online-Infos des Senats sowie eine mehrsprachige Hotline zum Zugang zu medizinischer Diagnostik, ärztlicher Behandlung, zu Obdach und Sozialleistungen für alle wohnungslosen Menschen.

Krankenversorgung, Obdach, Existenzminimum (= Hartz IV; Sozialhilfe, Asylbewerberleistungsgesetz sowie Krankenversicherung) und bei begründetem Verdacht Tests für alle aktuell hier aufhältigen materiell bedürftigen Menschen sicherstellen, unabhängig von Aufenthaltsstatus und formalem Krankenversicherungsschutz.

Verbot der Datenweitergabe an Ausländerbehörden im Zusammenhang mit der Inanspruchnahme von Unterkünften, Sozial- und medizinischen Leistungen.

Niemand darf in der aktuellen Situation durch Leistungskürzung oder -verweigerung dazu genötigt werden, obdachlos auf der Straße zu leben, gegen seinen Willen auszureisen, oder Arztbesuche und medizinisch notwendige Maßnahmen aufzuschieben oder zu unterlassen.

Nutzung und Erweiterung der Unterkunftskapazitäten des LAF, Öffnung aktuell gesperrter Gebäudetrakte und nicht genutzter Unterkünfte zur angemessenen Unterbringung Obdach- und Wohnungsloser, zur Entzerrung der Belegungsdichte in bestehenden Unterkünften, um Risikopersonen besonders schützen und um ggf. eine häusliche Einzelquarantäne in Appartementstruktur zu ermöglichen.

Anmietung möblierter gewerblicher Appartements, die bislang auf Monatsbasis trotz des Verbots von Ferienwohnungen legal vermietet wurden, durch die Sozialbehörden.

Aufhebung aller Sanktionen nach SGB II, SGB XII oder AsylbLG, da die ggf. geforderten Mitwirkungshandlungen aktuell unmöglich geworden sind.

Aufhebung des Leistungsausschlusses und der Leistungskürzungen für UnionsbürgerInnen mit prekärem Aufenthalt.

Schutzkleidung und -maßnahmen für Mitarbeitende in Unterkünften sowie Gefahrenzulage zum Gehalt. Bereitstellung von Ausrüstung für Quarantänefälle, z.B. Atemschutzmasken.

 

Forderungen an die Senatsverwaltung für Inneres

Mehrsprachige Informationen des Senats über Online-Verwaltungsverfahren bei allen Berliner Behörden, insbesondere zur Anmeldung eines Wohnsitzes, Ausstellung von Identitätsdokumenten, Asylantrag, Erstantrag auf Duldung und Aufenthalt, Antrag auf Sozialleistungen (Hartz IV, Sozialhilfe und AsylbLG).

Weiterentwicklung von Online-Verwaltungsverfahren. Antragstellung und Bescheiderteilung auch per Fax, Email und WhatsApp. Pflicht zur Einrichtung von WhatsApp-Accounts bei den Leistungsbehörden (Geflüchtete nutzen fast ausschließlich diesen Kommunikationsweg, da sie meist nicht über individuelle PCs verfügen)

 

Forderungen an die Senatsverwaltung für Gesundheit und die Kassenärztliche Vereinigung

Arztpraxen sind gesetzlich zu verpflichten, auch neue PatientInnen anzunehmen (ist derzeit in Berlin ein großes Problem z.B. für erst kurze Zeit hier lebende Asylsuchende!). Versand von Rezepten auch per Post oder Email. Vergabe rezeptpflichtiger Medikamente für chronisch Kranke usw. ohne Rezept.

Zugang zu Corona-Tests für Alle, z.B. durch geeignete Verfahren zum Selbsttest – Entnahme des Abstrichs zu Hause nach ärztlicher Beratung (Verdachtsdiagnose) und ärztlicher Anleitung per Telefon oder Video. Ein solches Verfahren wird bereits in der Praxis Katzenstein www.sibylle-katzenstein.de umgesetzt – warum nicht auch berlinweit?

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Presseanfragen: buero@fluechtlingsrat-berlin.de

Tel: (030) 22 47 63 11 (bitte ggf. lange klingeln lassen wegen Weiterleitung ans Homeoffice)


Siehe auch:

„Zugang zur notwendiger Gesundheitsversorgung für alle Menschen sicherstellen!“
Schreiben zahlreicher zivilgesellschaftliche Organisationen vom 24.03.2020 an den Krisenstab der Bundesregierung
https://fluechtlingsrat-berlin.de/menschen_ohne_kv_corona_krisenstab/


Stellungnahme zum Gesetzentwurf für den erleichterten Zugang zu sozialer Sicherung
https://fluechtlingsrat-berlin.de/fr_nds_stellungnahme_sozialschutzpaket_bund/
Stellungnahme Flüchtlingsrat Niedersachsen vom 24.03.2020. Forderung, neben SGB II auch das AsylbLG und den erleichterten Zugang illegalisierter Menschen zu Existenzsicherungsleistungen und Gesundheitsleistungen zu regeln.

 





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