14.02.2022: Fortsetzung Strafprozess gegen Polizist Stefan K. und andere wegen gewalttätigem Übergriff auf jungen Afghanen
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Gemeinsame Presseerklärung von Flüchtlingsrat Berlin und PRO ASYL
Verhandlungstermine am 16. und 25.02.2022 jeweils 9.30 Uhr, Amtsgericht Tiergarten, Eingang Wilsnacker Str. 4, 10559 Berlin
PM als PDF in deutsch, englisch, farsi
Im April 2017 ereignete sich am Berliner S-Bahnhof Karlshorst ein vermutlich rassistisch motivierter, gewalttätiger Übergriff auf den Asylsuchenden Jamil Ahmadi (Name geändert). Beteiligt an der Tat war Stefan K., ein Polizist außer Dienst, auf dem Heimweg von einem Fußballspiel von Union Berlin. Jamil Ahmadi erlitt mehrere Verletzungen und ist seither schwer traumatisiert. Obwohl das Strafverfahren gegen die mutmaßlichen Täter noch nicht abgeschlossen war, ließ der damalige Innensenator Andreas Geisel den gesundheitlich stark angeschlagenen jungen Mann im März 2020 nach Afghanistan abschieben. Fünf Jahre nach der Tat und coronabedingter Verhandlungspause wird nun der Strafprozess gegen Stefan K. und seine Mittäter am Amtsgericht Tiergarten fortgesetzt.
Flüchtlingsrat und PRO ASYL fordern die Rückholung von Jamil Ahmadi nach Berlin. Die Abschiebung war in mehrerlei Hinsicht falsch und ein politischer Skandal:
- Als Opfer von Hasskriminalität hätte Jamil Ahmadi ein Bleiberecht erhalten müssen. Weil die entsprechende Berliner Regelung erst zwei Monate nach der Tat veröffentlicht wurde, wollte der Innensenator sie für diesen Fall nicht anwenden. Ein fatales Signal gleichermaßen an Täter und Opfer von Hasskriminalität.
- Der Hauptangeklagte Polizist Stefan K. war in der Ermittlungsgruppe Rex für die bis heute nicht aufgeklärte rechtsterroristische Anschlagserie in Neukölln zuständig. Angesichts der zahlreichen polizeilichen Ermittlungspannen im Neukölln- Komplex und des vermutlich rassistisch motivierten Übergriffes auf Jamil Ahmadi stellen sich Fragen nach der Rolle von Stefan K. Wie die Initiative Neukölln Watch herausfand, haben jedenfalls die beiden Mitangeklagten von Stefan K. Bezüge zur Neonazi-Szene www.nkwatch.info/2022/karlshorst-mitangeklagte
- Zum Zeitpunkt der Abschiebung war das Strafverfahren gegen Stephan K. und die Mitangeklagten noch nicht abgeschlossen. Herrn Ahmadi wurde dadurch die Möglichkeit genommen, dem Prozess persönlich beizuwohnen und als Nebenkläger zu seinen Schadensersatzansprüche gehört zu werden.
- Herr Ahmadi leidet infolge der Tat an multiplen körperlichen und psychischen Erkrankungen. Wenige Tage vor dem ersten Corona-Lockdown wurde Herr Ahmadi in ein Land abgeschoben, in dem er keinen Zugang zu adäquater Gesundheitsversorgung hat und das vom Global Peace Index wiederholt als das gefährlichste Land der Welt eingestuft wurde.
„Die Abschiebung von Jamil Ahmadi war ein großer Fehler, den Geisels Amtsnachfolgerin Iris Spranger jetzt korrigieren muss. Um Herrn Ahmadi die Wahrnehmung seiner Rechte als Zeuge, Opfer und Nebenkläger zu ermöglichen und das öffentliche Vertrauen in den Opferschutz wieder herzustellen, muss er sofort nach Berlin zurückgeholt werden“, sagt Martina Mauer, Sprecherin des Flüchtlingsrat Berlin.
Günter Burkhardt, Geschäftsführer von PRO ASYL: „Geflüchtete wie Jamil Ahmadi, denen rassistische Gewalt angetan wurde, müssen ein Bleiberecht erhalten. Diese Menschen sind nicht nur körperlich verletzt worden, es handelt sich um Angriffe auf ihr Menschsein. Der Staat muss den Täter*innen zeigen, dass er sich ihrem schändlichen Anliegen, Menschen aus dem Land zu vertreiben, entgegenstellt.“
Pressekontakt: Flüchtlingsrat Berlin e.V., Greifswalder Str. 4, 10405 Berlin Telefon: (030) 224 76 311
buero@fluechtlingsrat-berlin.de
Weitere Informationen:
Zeit online ze.tt vom 9.10.2021: www.zeit.de/zett/politik/2021-10/abschiebung-afghanistan-polizeigewalt-deutschland-gefluechteter-prozess-nebenklaeger
Offener Brief von MdB Ulla Jelpke vom 08.09.2021 www.ulla-jelpke.de/2021/09/offener-brief-zur-abschiebung-des-afghanischen-gefluechteten-jamil-ahmadi/
Gemeinsame Pressemitteilung von Flüchtlingsrat Berlin, PRO ASYL, Reach Out, Republikanischer
Anwältinnen- und Anwälteverein RAV und Yaar vom 18. Dezember 2020: www.fluechtlingsrat-berlin.de/pm-hasskriminalitaet-abschiebung-afghanistan