19.09.2023: Beschwerden aus dem Lagerkomplex auf dem Ex-Flughafen Tegel bestätigen katastrophale Zustände
Berlin muss Geflüchteten menschenwürdiges Wohnen ermöglichen!
PM Flüchtlingsrat v. 19.09.2023 mit Beschwerdebriefen von Bewohner*innen aus TXL
Frauen aus der Ukraine haben sich in Beschwerdebriefen an den Betreiber DRK und die Sozialsenatorin gewandt. Es gebe zahlreiche Übergriffe der Security. Konkrete Hilfe bei Anträgen auf Sozialleistungen und bei der Wohnungssuche dürften die zahlreichen Sozialbetreuer*innen dort nicht leisten.[1]
In der Notunterkunft auf dem ehemaligen Flughafen Tegel leben aktuell etwa 4000 Ukrainer*innen und Asylsuchende. In den 1000 m2 großen Zelten für jeweils 380 Personen gibt es auf 2,6 m2/Person keinerlei Privatsphäre. Es gibt keine Trennung nach Geschlechtern und keinen Schutz für Frauen, Kranke und Menschen mit Behinderungen. Kinderrechte werden missachtet, die Schulanmeldung rechtswidrig verweigert. Senatorin Kiziltepe hat in der heutigen Senatspressekonferenz angekündigt, weitere Zelte dieses Typs in Tegel aufstellen zu lassen.
Dem Flüchtlingsrat und Initiativen aus der Zivilgesellschaft wird der Zugang zu den Geflüchteten in Tegel verweigert. Wir fordern, dass die menschenunwürdige, nach außen strikt abgeschottete und extrem teureMassenunterkunft Tegel schnellstmöglich geschlossen wird.[2]
Wir fordern den Senat auf, statt immer nur neue Lager zu schaffen endlich mit höchster Priorität den Auszug aus den Unterkünften und den Zugang zu Wohnungen wirksam zu unterstützen.[3]
Viele Geflüchtete aus der Ukraine sind bei privaten Wohnungsgeber*innen untergekommen, die dafür aber keinerlei Unterstützung vom Senat erhalten. Viele als Flüchtlinge anerkannte Familien aus Syrien und Afghanistan leben seit 7 oder 8 Jahren mit ihren Kindern im Sammellager. Wir fordern den Senat auf, diesen Geflüchteten nicht länger den Wohnberechtigungsschein zu verweigern. Zudem müssen qualifizierte Beratungsangebote für wohnungssuchende Geflüchtete und ihre potentiellen Wohnungsgeber*innen geschaffen werden.
Wenn der Senat schon neue Unterkünfte schafft), muss er dabei anders als in Tegel verbindliche Qualitätsstandards für Gebäude und Sozialberatung einhalten. Dabei sind Autonomie und Privatsphäre der Geflüchteten zu achten und Strukturen zu schaffen, wo die Menschen selbst ihr Essen zubereiten und private Sanitäranlagen nutzen können, wie es z.B. in den Containern der „Tempohomes“ und den „Modularen Flüchtlingsunterkünften“ (MUF) der Fall ist.
Asylsuchende, die in Berlin oder anderswo eine private Wohnmöglichkeit hätten, werden gegen ihren Willen bundesweit verteilt und in Sammellager eingewiesen. Auch anerkannten Geflüchteten und Ukrainer*innen, die außerhalb ihres Zuweisungsortes eine Wohnung finden, wird der Auszug aus dem Sammellager verboten. Wir fordern den Senat auf, sich für eine Abschaffung der bundesgesetzlichen Restriktionen beim Zugang zu Arbeit und Wohnungen einzusetzen, die die Not erst schaffen, die die Kommunen jetzt beklagen.
Absolut kontraproduktiv sind dabei die aktuell geplanten drastischen Mittelkürzungen auf Bundes- und Landesebene für Asyl- und Migrationsberatungsdienste. Die Menschen werden immer prekärer untergebracht und zugleich wird die dringend nötige Beratung zur gesellschaftlichen Teilhabe abgebaut. Diese Politik ist irrsinnig!
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[1] Beschwerdebriefe von 130 Bewohner*innen des UA TXL sowie Notizen aus Gesprächen mit Bewohner*innen: https://fluechtlingsrat-berlin.de/beschwerdebriefe_gespraeche_uatxl_sept2023
Dass die zahlreichen Mitarbeitenden der Sozialbetreuung im UA TXL keine Hilfe bei Anträgen auf Sozialleistungen leisten sollen, bestätigt mittelbar auch der Senat in seiner aktuellen Antwort auf Drs. 19/16451, Fragen 9 und 10
https://pardok.parlament-berlin.de/starweb/adis/citat/VT/19/SchrAnfr/S19-16451.pdf
[2] Die Kosten für Personal und Infrastruktur des UA TXL hat das LAF zum Geschäftsgeheimnis erklärt:
https://fluechtlingsrat-berlin.de/laf_antwort_ifg_22mrz2023
[3] Gemeinsam mit zahlreichen Initiativen haben wir bereits Ende 2022 über 20 ganz konkrete Vorschläge vorgelegt, wie der Senat den Zugang zu privaten Wohnungen besser unterstützen kann „Wohnungen statt Zelte und Hangars – Lösungsvorschläge zur aktuellen Unterbringungsnotlage“ Bis heute wurde nichts davon umgesetzt:
www.fluechtlingsrat-berlin.de/wohnungen_statt_zelte_und_hangars