Veröffentlicht am 21.12.2022

22.12.2022: Statement Flüchtlingsrat Berlin zur Eröffnung der Notunterkunft in den Tempelhofer Hangars

Zugang zu Wohnungen muss höchste Priorität haben
Menschenunwürdige Massenunterkünfte sind keine Lösung
Registrierung Asylsuchender im AkuZ Reinickendorf gewährleisten
www.fluechtlingsrat-berlin.de/statement_hangars_22dez22


Zugang zu Wohnungen muss höchste Priorität haben

Zelte und Hangars werden belegt, aber es wird nichts unternommen, um die Wohnungssuche Geflüchteter und den Auszug aus den Unterkünften wirksamer zu unterstützen. Beratungsstellen berichten verzweifelt, wie durch fehlende Mietgarantien zur Wohnungssuche, Nichterreichbarkeit der Sozialbehörden, restriktive Prüfung von Mietangeboten und fehlende Kapazität von Fachberatungsstellen das Anmieten einer Wohnung unmöglich gemacht wird.

Sozialbehörden gewähren Zutritt nur mit Termin. Zur Sofortprüfung von Mietangeboten sind sie nicht verpflichtet. Sehr viele Wohnungsangebote gehen so verloren. Wird das Angebot akzeptiert, warten Vermieter*innen wochen- und monatelang auf die Miete von der Behörde.

Vor allem Familien mit Kindern müssen in Ergebnis jahrelang in Sammelunterkünften leben.

Mit der Pressemitteilung „Wohnungen statt Zelte und Hangars“ haben wir gemeinsam mit zahlreichen weiteren Organisationen am 24.11.2022 erneut umfangreiche Lösungsvorschläge vorgelegt, damit Geflüchtete aus Unterkünften in private Wohnungen ziehen können:

www.fluechtlingsrat-berlin.de/wohnungen_statt_zelte_und_hangars

Bereits zum Runden Tisch Wohnungen für Geflüchtete in 2018 und erneut zur Abgeordnetenhauswahl 2021 haben wir entsprechende Vorschläge vorgelegt. So erhalten aufgrund der diskriminierenden Maßgaben des Bausenators selbst anerkannte Geflüchtete keinen Wohnberechtigungsschein, wenn für ein Familienmitglied innerhalb des nächsten Jahres ein Termin zur Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis bei der Ausländerbehörde ansteht. Dies obwohl mehr als 98 % aller befristeten Aufenthaltserlaubnisse in der Praxis auch verlängert werden.

Mit dem WBS als wesentliches Vergabekriterium auch für landeseigene Wohnungen will der Senat den Wohnungsmarkt sozialer gestalten. Geflüchtete werden dabei aber ausgeschlossen. Begründung aus der Politik für die Ungleichbehandlung: „Es (die Geflüchteten) sind einfach zu viele“, „Da könnte man den WBS auch gleich jedem geben“, „Der WBS schafft auch keine Wohnungen“, „Das (der WBS auch für Geflüchtete) würde den WBS entwerten“.

Das sture Festhalten der Sozialsenatorin an der Wohnverpflichtung für neue Asylsuchende inAsylaufnahmeeinrichtungen verschärft die Unterbringungsnotlage zusätzlich, entgegen der Hinweise aus dem Bundesinnenministerium auf die Option zur Aufhebung der Wohnpflicht in § 49 AsylG.

Tausende Ukrainer*innen wurden in Berlin privat aufgenommen. Statt Dank und Respekt begegnet der Senat der Hilfsbereitschaft mit Ignoranz. Es gibt keine Beratungsstruktur für den zermürbenden Kampf mit den Sozialbehörden. Die verlangen rechtswidrig förmliche Mietverträge und Untermietserlaubnisse, weshalb viele Gastgeber*innen sogar die Energiekosten aus eigener Tasche bezahlen. Das führt zum Verlust tausender privater Wohnmöglichkeiten. Immer mehr Menschen landen absehbar in Notunterkünften.

Wir fordern den Senat auf, Beratungsstrukturen für Vermieter und Geflüchtete zur Wohnungssuche zu fördern. Privaten Gastgeber*innen muss nach dem Vorbild anderer Kommunen zumindest eine Kostenpauschale für die notwendigen Aufwendungen erstattet werden.

Wir fordern den Senat auf, unsere Lösungsvorschläge umgehend umzusetzen und alle Möglichkeiten zu nutzen, um den Geflüchteten ein würdevolles Leben in Wohnungen zu ermöglichen. Wir sind überzeugt: Würden alle vorgeschlagenen Maßnahmen mit höchster Priorität verfolgt, könnten tausende Menschen die Sammelunterkünfte verlassen und in Wohnungen ziehen.

 

Menschenunwürdige Massenunterkünfte sind keine Lösung

In immer neuen Massenunterkünften müssen Menschen eng eingepfercht unter problematischen hygienischen Bedingungen ausharren. Die Menschen erhalten entmündigende Fremdverpflegung und haben keine Privatsphäre. In den Hangars soll jeder Container mit vier Personen auf 12 m2 belegt werden

Noch schlimmer sind die Zelte in TXL mit offen einsehbaren Betten. Die Stockbetten so niedrig gestapelt, dass man nichtmal darauf sitzen kann. Die Fläche dazwischen reicht nicht um die wenigen Habseligkeiten abzustellen. Es gibt keinen Schutz vor Diebstahl, Schließfächer, Schränke und Spinde fehlen seit Eröffnung des UA TXL im März. Das Licht brennt die ganze Nacht, Krankheiten breiten sich aus, es gibt keine funktionierende Postzustellung, keine Sozialleistungen und keine Krankenversicherung.

Uns erreichen Hilferufe von Menschen, die seit acht Wochen unter diesen Umständen ausharren. All das unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Das mit Stacheldraht umzäunte Flughafengelände ist abgeschottet von der Zivilgesellschaft, unzugänglich für Initiativen, NGOs, Beratungsstellen und ehrenamtliche Helfer*innen. Die Fußwege zum Flughafen sind mit Gittern versperrt worden. Das Gelände kann nur von Bewohner*innen und Mitarbeiter*innen per Shuttlebus erreicht und verlassen werden.

Wir fordern den Senat auf, für eine menschenwürdige Unterbringung zu sorgen. Der Zugang zu Wohnungen muss höchste Priorität erhalten. Ergänzend muss der Senat Hostels und Hotels, Businessappartements, Berlinovo-Appartements und Ferienwohnungen mieten und für Beratung und Betreuung der Menschen sorgen. Der Umgang mit Schutzsuchenden in Tegel ist fahrlässig, inhuman und unwürdig für Berlin! In den Hangars und Leichtbauhallen sind ähnliche Zustände zu befürchten.

 

Registrierung Asylsuchender im AkuZ Reinickendorf gewährleisten

Im Ankunftszentrum Reinickendorf für Asylsuchende sind die Zustände unhaltbar.

Das 2016 gegründete Registrierungs- und Behördenzentrum in der ehemaligen Landesbankzentrale Bundesallee, wo LAF, BAMF, ABH/LEA, AA usw. bei der Asylaufnahme kooperierten, wurde Anfang ohne Alternative 2022 geschlossen. Das Registrierungs- und Verteilzentrum des LAF für neu ankommende Asylsuchende im Haus 2 des AKuZ Reinickendorf verfügt allenfalls über 10 % der Fläche der Bundesallee. Die anderen Behörden fehlen dort ganz – wie auch im UA TXL.

Asylsuchende warten wochenlang unregistriert in der Wartehallen-Notunterkunft Haus 24/25 des AKuZ. Sie haben weder Zutritt zur Asylbehörde in Haus 2 noch Zugang zu Sozialleistungen und med. Versorgung. Beratungs- und Beschwerdestrukturen und schriftliche Infos zum Asylverfahren und zur Möglichkeit privaten Wohnens fehlen. Der AWO-Asylberatung wurde die Räume auf dem Gelände entzogen.

Wir fordern den Senat auf, das LAF mit ausreichend Personal und Räumlichkeiten auszustatten, um die Registrierung und Versorgung Geflüchteter ab dem ersten Tag sicherzustellen.

 

Kontakt: Bitte schreiben Sie uns eine E-Mail mit Ihren Kontaktdaten, wir rufen zurück: buero@fluechtlingsrat-berlin.de





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