Veröffentlicht am 05.08.2021

05.08.2021: Pressestatement Flüchtlingsrat zur RBB-Sendung „Asyltourismus“ beim Berliner Ankunftszentrum für Geflüchtete?

Pauschale Vermutungen und Verdächtigungen gegen Schutzsuchende – Rassismus statt Fakten?

Wochenlang war wegen Urlaub und Krankheit viel zuwenig Personal vor Ort im Ankunftszentrum des LAF, das es nicht geschafft hat, die Menschen zeitnah zu registrieren und ihnen wie vorgesehen nach einer Woche andere Unterkünfte zuzuweisen. Während es anderswo noch 2000 freie Plätze gibt, wurden im Ankunftszentrum Feldbetten aufgestellt.
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Schutzsuchende aus Moldau werden in einem vom LAF vermutlich nicht autorisierten Schreiben in Zusammenarbeit mit dem RBB offen diskreditiert. Ein Land, wo besonders Rom*nja unter elenden Verhältnissen leben müssen, kaum Zugang zu Gesundheit und Existenzsicherung haben. Jetzt werden Schutzsuchende pauschal als „Asyltouristen„, „Schlepper„, „Drogenabhängige„, „Kriminelle“ diffamiert, die „Zwangsverheiratung“ praktizieren, „in Trauben feiern“ und „alles vermüllen“ – hier wird wirklich kein menschenverachtendes Klischee oder Stereotyp ausgelassen. Dazu Herr Dregger von der CDU – ist das jetzt Wahlkampf? Der RBB hat diesmal ganz schlecht recherchiert – und liefert pauschale Verdächtigungen und rassistische Klischees statt Fakten.

Georg Classen vom Flüchtlingsrat: „Die vom LAF behaupteten Zahlungen von 4.500 Euro gehören nach dem AsylbLG ins Reich der Märchen. Neu Ankommende erhalten anders als behauptet für die ersten Wochen normalerweise keine Barleistungen. Sie bekommen nur eine Unterkunft mit Vollverpflegung und Taschengeld. Der Taschengeldsatz nach dem AsylbLG beträgt pro Monat 136 Euro für Erwachsene und etwa 80 Euro für Kinder. Ausgezahlt werden aber nur 114 Euro sowie ein dreimonatiges BVG-Ticket als Sachleistung. Die Leistungen dürfen nach dem Gesetz nur für maximal einen Monat im Voraus ausgezahlt werden.“

Die Geflüchteten aus Moldau sind meist Angehörige der Rom*nja-Minderheit, die dort im Alltag und durch Behörden umfassend diskriminiert werden: oft kein Zugang zu Wohnung und Meldeadresse, zu Bildung, zu Arbeit, zu Gesundheit und zu Recht. Manche sind schwer krank und erhalten in Moldawien nicht die notwendige lebensrettende Behandlung.

Im öffentlichen Park der ehemaligen Karl Bonhoeffer Nervenklinik gibt es drei Unterkünfte für Geflüchtete, eine Notübernachtung für Obdachlose, eine Strafanstalt des Maßregelvollzugs, medizinische Einrichtungen von Vivantes und eine Reihe leer stehender Gebäude. Dort beobachtete Situationen pauschal Asylsuchenden aus Moldau zuzuschreiben ist unlauter.

Die Grünanlagen sind nach unserem Eindruck für Berliner Verhältnisse in vergleichsweise gutem Zustand. Nur zwei oder drei verpeilte Kiffer haben wir dort angetroffen, wohl eher keine Geflüchteten. In fast jedem innerstädtischen Berliner Park kann man mehr soziale Probleme, mehr Müll, mehr leere Schnapsflaschen, mehr benutzte Drogenbestecke finden. Wir haben uns auch nachts dort sicher gefühlt, trotz der nur schlecht beleuchteten Zuwege zu den Unterkünften.

Georg Classen vom Flüchtlingsrat: „Die Nazis haben Rom*nja hier wie dort in Vernichtungslager gesteckt. Aus historischer Verantwortung ist Respekt geboten, den der mit pauschalen Unterstellungen und Diskriminierungen arbeitende Brief des LAF und der Beitrag des RBB leider vermissen lassen.“





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