Veröffentlicht am 30.11.2021

30.11.2021: Flüchtlingsrat zum rot-grün-roten Koa-Vertrag: Viele gute Vorhaben, die entscheidenden Weichenstellungen fehlen

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Der gestern vorgestellte Koalitionsvertrag enthält gute Absichtserklärungen, wie die Ausschöpfung humanitärer Spielräume bei der Anwendung des Aufenthaltsrechts und das Ziel, Geflüchteten den Zugang zu Mietwohnungen zu ermöglichen. Auch unsere Forderungen nach einer Beratungsstruktur für Rom*nja aus Drittstaaten und der stärkeren Betrachtung humanitärer Aspekte im Härtefallverfahren finden sich hier wieder. Jetzt kommt es auf eine schnelle und wirksame Umsetzung der Vorhaben an. Andere wichtige Forderungen des Flüchtlingsrats fehlen im Koa-Vertrag:

Eine zentrale Forderung des Flüchtlingsrats ist, die Zuständigkeit für die Ausländerbehörde von der Innenverwaltung an die für Integration zuständige Senatsverwaltung zu übertragen, um das Aufenthaltsrecht nicht zuerst nach polizeilichen Maßstäben umzusetzen. Die Linke hat dies in ihren Parteitagsbeschlüssen zu den Koalitionsverhandlungen nochmals ausdrücklich bekräftigt. Diese wichtige Chance für einen echten Paradigmenwechsel in der Berliner Migrations- und Flüchtlingspolitik haben die Koalitionäre leider vertan, die Ausländerbehörde bleibt offenbar bei der Innenverwaltung.

Auch schwerkranke und behinderte Menschen wurden unter r2g mit großer Brutalität abgeschoben und humanitäre Härten ignoriert. Wir fordern, dass die Ausländerbehörde Hinweise auf Erkrankungen, die einer Abschiebung entgegenstehen können, stets beachtet und zunächst Gelegenheit zu weiterer Begutachtung geben muss. Die Ankündigung von rot-grün-rot, auf Abschiebungen möglichst zu verzichten, bleibt unverbindlich, wenn solche konkreten Maßgaben fehlen.

Im Bereich der Unterbringung wäre aus Sicht des Flüchtlingsrats entscheidend, die Verantwortung für die Unterbringung aller wohnungslosen Menschen – unabhängig von Nationalität und Aufenthaltsstatus – von den Bezirken auf das Land zu übertragen, um berlinweit einheitliche Mindeststandards für Ausschreibungen, Verträge, Betreuung, Qualität, Kontrollen und Beschwerdemanagement für die Unterkünfte durchzusetzen. Die Grünen haben zu diesem Zweck ein Landesamt für Unterbringung gefordert. Der Koa-Vertrag setzt nun jedoch weiter auf die Zuständigkeit der mit der ASOG-Unterbringung offensichtlich überforderten Bezirke.

„Statt die Verantwortung für eine menschenwürdige Unterbringung aller Wohnungslosen zu übernehmen und an das Land zu übertragen, werden weiterhin fragwürdige Profiteure der ASOG-Unterbringung  gefördert, die von den Bezirken bis zu 35 Euro/Person/Nacht für einen Bettplatz ohne Verpflegung in den schäbigsten Unterkünften kassieren. Der Koa-Vertrag legt ausdrücklich fest, dass die Bezirke künftig sogar noch verstärkt Geflüchtete mit abgeschlossenem Verfahren unterbringen müssen“, kommentiert Georg Classen, Sprecher des Berliner Flüchtlingsrats.

Die Unterbringung Wohnungsloser und Geflüchteter in segregierenden Sammelunterkünften darf kein Dauerzustand werden. Um die Wohnungslosigkeit zu beenden, müssten frei werdende landeseigene Wohnungen zuerst an unterbrachte Wohnungslose vergeben werden. Wir begrüßen ausdrücklich, dass der Wohnberechtigungsschein künftig unabhängig vom Aufenthaltsstatus vergeben wird. Wir fordern, den Wohnberechtigungsschein als zentrales Vergabeinstrument für landeseigene und Sozialwohnungen zu nutzen. Dezentrale Fachberatungsstellenfür wohnungssuchende Geflüchtete müssen in allen Bezirken verlässlich finanziert werden.

Der Flüchtlingsrat hat einen Forderungskatalog an die Parteien und den neuen Senat vorgelegt, an dessen Umsetzung wir die Arbeit der neuen Landesregierung messen werden:
www.fluechtlingsrat-berlin.de/forderungen_2021

Für Rückfragen: Tel: (030) 22 47 63 11 (Büro Flüchtlingsrat)





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