Veröffentlicht am 20.09.2002

Weltkindertag am 20. September

Presseerklärung mit National Coalition, PRO ASYL und dem Bundesfachverband Unbegleitete Minderjährige Flüchtlinge zum Weltkindertag 2002


Scharfe Kritik von National Coalition, PRO ASYL, Bundesfachverband Unbegleitete Minderjährige Flüchtlinge und dem Flüchtlingsrat Berlin
Rücknahme der Vorbehalte ins 100 Tage Programm jeder neuen Bundesregierung

Aus Anlass des Weltkindertages am 20. September 2002 fordern die National Coalition, PRO ASYL, der Bundesfachverband UMF und der Flüchtlingsrat Berlin e. V. die Bundesregierung mit Nachdruck zur vorbehaltlosen Umsetzung der UN Kinderrechtskonvention und zur Rücknahme der bei der Unterzeichnung der Konvention niedergelegten Vorbehalte auf. Die Bundesregierung hat erst beim Weltkindergipfel im Mai dieses Jahres in New York die schnelle Aufstellung eines nationalen Aktionsplanes angekündigt. Das unterzeichnete Abschlussdokument fordert eine weltweite Verbesserung der Rechte von Kindern. Eine zentrale Forderung ist u.a. auch die Verpflichtung, alle Vorbehalte zurückzunehmen.

Dr. Jörg Maywald, stellv. Sprecher der National Coalition, einem Netzwerk von 100 Nichtregierungsorganisationen unter Rechtsträgerschaft der Arbeitsgemeinschaft für Jugendhilfe, erklärte: „Die Aufrechterhaltung des Vorbehalts führt dazu, dass internationale Standards für Flüchtlingskinder in Deutschland immer noch nicht gelten. Das hat für sie einschneidende negative Folgen: So werden sie bereits mit 16 Jahren nach dem deutschen Ausländerrecht verfahrensmündig; sie können in Abschiebegefängnissen inhaftiert werden; Flüchtlingskinder unterliegen mit ihren Familien auch dem Asylbewerberleistungsgesetz mit seinen restriktiven Bestimmungen; damit sind Gefahren von Mangelernährung, unzureichender medizinischer Versorgung, Ausgrenzung im Erziehungs- und Ausbildungsbereich und Ausschluss vom gesellschaftlichen Leben verbunden. All dies widerspricht diametral den Artikeln 2 und 3 der UN-Kinderrechtskonvention, in denen ein Nichtdiskriminierungsgebot und der Vorrang des Kindeswohls festgelegt sind.“

Heiko Kauffmann, Vorstandsmitglied der Bundesarbeitsgemeinschaft für Flüchtlinge, PRO ASYL, übte scharfe Kritik am Umgang der deutschen Politik mit den Problemen von Kinderflüchtlingen: „Dass das Parlament trotz dringenden rechtspolitischen Handlungsbedarfs, trotz dreifacher Aufforderung des deutschen Bundestages, und trotz positiver Entscheidung des Petitionsausschusses in dieser Legislaturperiode noch immer keinen Fortschritt bei der Durchsetzung der völkerrechtlichen Bestimmungen für Flüchtlingskinder verzeichnen konnte, ist für die Parteien insgesamt ein Armutszeugnis. Es ist aber vor allem auch Ausdruck des eklatanten politischen Versagens und der Missachtung des Parlaments durch den zuständigen Bundesinnenminister Otto Schily, der sich dem demokratischen Willen und den Aufforderungen der Volksvertretung versperrte und ihre Entscheidungen konterkarierte“. Der neuerliche Vorstoß des Landes Bayern im Rechtsausschuss zur Verfestigung der Vorbehalte zur Kinderrechtskonvention treibe diesen kinderfeindlichen und völkerrechtswidrigen Kurs auf die Spitze. „Wer Flüchtlingskindern ihnen zustehende Rechte verweigert oder noch weiter einschränken will, dessen Integrationsversprechen sind unglaubwürdig. Wahlkampf auf Kosten von Kindern zu führen, ist unerträglich“ so Kauffmann.

Albert Riedelsheimer, Sprecher des Bundesfachverbandes UMF, nannte die Empfehlung des Rechtsausschusses des Deutschen Bundesrates vom 6. September, die Vorbehalte nicht zurückzunehmen „einen herben Rückschlag, bei dem Versuch, die überfällige Umsetzung der entsprechenden Bundestagsbeschlüsse voranzutreiben“. Wie notwendig die Verwirklichung von Kinderrechten ist, machen skandalöse Entwicklungen in diesem Jahr deutlich: in Hamburg finden willkürliche Altersfestsetzungen von Minderjährigen mit fatalen Folgen statt; in Berlin sitzen weiterhin Flüchtlingskinder ohne Eltern in Abschiebehaft; in Bayern droht Minderjährigen im Rahmen des Dubliner Übereinkommens die Kettenabschiebung nach Afghanistan; Hamburg plant die Errichtung des ersten Abschiebegefängnisses für Flüchtlingskinder in Deutschland. Diese Beispiele sind nur die Spitze des Eisberges. Das Festhalten an den Vorbehalten bezeichnete Riedelsheimer als „kinderrechtspolitischen Skandal“.

Der Vertreter des Flüchtlingsrates Berlin Siegfried Pöppel und die Vertreter der anderen Organisationen kündigten verstärkte Initiativen und Aktionen zur Durchsetzung der Kinderrechtskonvention und zur Rücknahme der Vorbehalte durch die Kinder – Menschenrechts- und Flüchtlingsorganisationen in der neuen Legislaturperiode an: „Die Rücknahme der Vorbehalte bleibt auf der politischen Tagesordnung und gehört in das 100 Tage Programm jeder neuen Bundesregierung“, so Dr. Jörg Maywald abschließend.





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